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Zwangsversteigerungen Zwangsversteigerungen: Viele Schnäppchen im Amtsgericht

Von Wladimir Kleschtschow 11.04.2002, 17:10

Köthen/MZ. - "Im Wege der Zwangsvollstreckung soll ... im Amtsgericht Schloßplatz 4, Saal II versteigert werden..." Diese Anzeigen stehen stehen immer öfter im Lokalteil der Mitteldeutschen Zeitung. Denn die Zahl der Zwangsversteigerungen im Bereich des Amtsgerichtes Köthen wächst. In den ersten drei Monaten dieses Jahres gab es bei den neueröffneten Verfahren eine Steigerung um 15 bis 20 Prozent im Vergleich zum entsprechenden Zeitraum des Vorjahres. Noch kräftiger - gleich um rund 25 Prozent - nahm die Zahl der Neuverfahren zu, die eine Zwangsverwaltung über das Eigentum von Schuldnern zum Ziel haben.

Unter den Hammer kommen vor allem Eigenheime, Mietshäuser, Wohnungen, Bau- und Gewerbegrundstücke und - typisch für die Wirtschaftsstruktur des Landkreises Köthen - Ackerflächen.

Hinter einer solchen Versteigerung liegt meist eine persönliche Tragödie. "Oft sind Betroffene Besitzer eines Hauses, die Kredite zu dessen Bau oder Modernisierung aufgenommen hatten", teilten Markus Lehmann und Kai Rybak, Rechtspfleger des Amtsgerichts, mit. "Dann werden sie arbeitslos und können die Schulden nicht abzahlen. So wird aus einem Traumhaus schnell ein Albtraum."

Oft genug kommt neuerdings auch der Besitz von Handwerkern und anderen kleinen Unternehmern unter den Hammer, die keine Aufträge haben oder durch hohe Außenstände Pleite gegangen sind. Nach Angaben der Rechtspfleger lag der geschätzte Verkehrswert des teuersten Objektes, das in Köthen versteigert wurde, bei drei Millionen Mark. Es gibt allerdings auch Ackerflächen von einigen Dutzend Quadratmetern oder halbzerfallene Häuser, die zu sehr geringen Startpreisen angeboten werden.

Nach Angaben der beiden Rechtspfleger dauert es ein Jahr und länger, bis es auf Antrag von Gläubigern zu einem Zwangsversteigerungstermin für ein Grundstück oder eine Immobilie kommt. Bis dahin habe der Schuldner noch Chancen, sich mit den Gläubigern zu einigen. "Wir raten allen Betroffenen eindringlich, in solcher Situation nicht den Kopf in den Sand zu stecken. Sie sollten Kontakt zu Banken suchen, bei denen sie verschuldet sind. Manchmal gelingt es zum Beispiel, eine Stundung zu vereinbaren. Dadurch wird Zeit gewonnen, während der ein Arbeitsloser zum Beispiel wieder einen Job finden und die Schulden bedienen kann." Wird ein Grundstück, eine Wohnung oder ein Haus zwangsversteigert, ist es oft eine gute Kaufgelegenheit für diejenigen, die solche Objekte preiswert erwerben wollen. Gern werden Lehmann und Rybak zufolge neugebaute Eigenheime und Wohnungen ersteigert. Dann gibt es oft mehrere Interessenten, die einander zu überbieten versuchen.

Eine gute Nachfrage zeige sich auch bei Ackerflächen. Diese würden zum Beispiel gern von großen Agrargenossenschaften oder -gesellschaften erworben. Schwierig sei es derzeit dagegen, Gewerbeflächen los zu werden.

"Manchmal könnte man bei einer Zwangsversteigerung den Zuschlag für ein Haus schon für weniger als die Hälfte des Verkehrswertes bekommen", sagen die Rechtspfleger. Allerdings sollten sich Bieter vorher genauestens über das versteigerte Objekt informieren. Denn bei einem vermeintlichen Schnäppchen könnte zum Beispiel eine teure Sanierung erforderlich sein. Auch die Finanzierung des Kaufs muss vor der Versteigerung geklärt sein. Wenn der Hammer fällt, kann der Erwerber nicht mehr zurück: Er muss den gebotenen Preis zahlen.

Lehmann und Rybak zufolge können sich potentielle Bieter auch im Amtsgericht informieren lassen. Hier könne zum Beispiel die Einsicht in ein Gutachten genommen werden, das zu jeder zu versteigernden Immobilie von Sachverständigen angefertigt werde. Auch andere Fragen zum Thema Zwangsversteigerung beantworten Mitarbeiter der Abteilung gern.