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Ziel ist Haustarifvertrag Ziel ist Haustarifvertrag: IDT Biologika tritt aus Arbeitgeberverband aus

Von Steffen Brachert 29.10.2014, 08:26
Die neue Impfstoff-Abfüllanlage der IDT Biologika: Diese soll mit flexibleren Arbeitszeitregelungen einfacher ausgelastet werden.
Die neue Impfstoff-Abfüllanlage der IDT Biologika: Diese soll mit flexibleren Arbeitszeitregelungen einfacher ausgelastet werden. IDT Lizenz

Dessau-Rosslau - Die IDT Biologika wird zum 31. März 2015 den Arbeitgeberverband Nordostchemie verlassen und damit aus dem Flächentarifvertrag aussteigen. Das hat das 1200 Mitarbeiter zählende Unternehmen im Pharmapark Rodleben am Dienstag angekündigt. Der derzeit geltende Tarifvertrag läuft zum 30. April 2015 aus. Ziel sei es, so Geschäftsführer Ralf Pfirmann gegenüber der MZ, zum 1. Mai 2015 mit der Industriegewerkschaft Bergbau, Chemie und Energie (IG BCE) einen Haustarifvertrag abzuschließen.

„Wir wollen und müssen flexibler werden“, sagte Pfirmann. In Bezug auf Arbeitszeiten, aber auch bei Vergütungen. Der Flächentarifvertrag unterstelle jedes Jahr ein Wachstum von zwei, drei Prozent, das verteilt werden könne. Doch gerade in der Pharmabranche sei die Entwicklung nicht immer linear. „Wenn wir einen neuen Impfstoff auf dem Markt bringen, dann kostet uns dies viele Millionen Euro. Doch erst nach jahrelanger Entwicklung bis zur Marktreife und nach einem erfolgreichen Absatz im Markt können sich diese Investitionen auszahlen.“ Zu diesem Verlauf passe keine Regelung mit jährlich festen Tariferhöhungen. „Das Korsett des Flächentarifvertrags ist hierfür zu eng.“

„Wir bedauern diesen Schritt“

Der Schritt aus dem Arbeitgeberverband Nordostchemie in den Allgemeinen Arbeitgeberverband Nordostchemie hat die IDT genau vorbereitet. Am Montag wurden Ministerpräsident Reiner Haseloff (CDU) und Wirtschaftsminister Hartmut Möllring (CDU) informiert. Am Tag darauf wurden erst die Führungskräfte des Pharma-Unternehmens zusammengerufen, später ging die Mitteilung an die gesamte Belegschaft.

Die IDT Biologika ist ein mittelständisches Unternehmen, das seit mehr als 80 Jahren biotechnologisch hergestellte Impfstoffe und Pharmazeutika für Mensch und Tier entwickelt und herstellt. Es hat 1 200 Mitarbeiter in Dessau-Roßlau und Riems. Im Geschäftsjahr 2013 erreichte das Unternehmen einen Umsatz von 151 Millionen Euro. Die IDT Biologika gehört zur Klocke-Gruppe.

„Ein Haustarifvertrag wird oft negativ wahrgenommen“, sagte Pfirmann. Seiner Meinung nach zu Unrecht. In Baden-Württemberg, Pfirmanns Heimat, seien Haustarifverträge weit verbreitet - und oft besser als der Flächentarifvertrag. „Wir werden“, kündigte Pfirmann an, „auch künftig ein attraktiver, wachsender und unabhängiger Arbeitgeber und Ausbilder sein.“

„Keiner fällt zurück“

In der Nordostchemie sind über 300 Unternehmen mit über 50.000 Mitarbeiter organisiert. Nach Auskunft des in Berlin sitzenden Arbeitgeberverbandes unterliegen 170 Unternehmen dem Flächentarifvertrag, etwa 70 haben einen Haustarifvertrag geschlossen. „Da ist immer Bewegung drin - in beide Richtungen“, sagte Torsten Kiesner, Sprecher der Nordostchemie. Die Gewerkschaft IG BCE, künftiger Verhandlungspartner der IDT Biologika, gab sich trotzdem skeptisch. „Tarifflucht ist nichts, was wir uns wünschen“, sagte Gewerkschaftssprecher Michael Denecke. „Wir bedauern diesen Schritt.“ Auch innerhalb des Flächentarifvertrages sei es immer möglich gewesen, vernünftige Kompromisse zu schließen.

„Wir zahlen auf mitteleuropäischem Biotech-Niveau. Wir brauchen aber einen Haustarifvertrag, der individuell auf die Bedürfnisse der IDT zugeschnitten ist und dem dynamischen Geschäftsmodell entspricht“, sagte Pfirmann und kündigte „Investitionen in die Belegschaft an, um besser im globalen Wettbewerb zu bestehen und wachsen zu können“. Wie der Haustarifvertrag genau aussehen wird, ist offen. „Keiner fällt zurück“, sagte Pfirmann. Man wolle viele Elemente wie beispielsweise die Tarifgruppen übernehmen. „Aber wir wollen uns auch neue Handlungsmöglichkeiten schaffen.“