Wohngemeinschaft Wohngemeinschaft: Die Drei vom Funkplatz
Dessau/MZ. - Was haben ein Zerbster Student für Bauingenieurwesen, eine Schauspielerin aus dem Schwabenlande und eine Plauener Designstudentin gemeinsam? Alle drei wohnen zusammen in einer Wohn-Gemeinschaft in Dessau-Nord. Viel mehr aber nicht: "Eigentlich sehen wir uns nur abends", meint Designstudentin Sylvia Steinhäuser und findet diese WG wahrscheinlich gerade deshalb so unkompliziert. Auch Student Heinzpeter Groh, der erst Ostern dazu gestoßen ist, fühlt sich wohl in der WG: "Hier kann jeder machen, was er will. Keiner stört den anderen." Der angehende Bauingenieur zählt zur Spezies der Frühaufsteher, während seine Mitbewohnerinnen den Tag lieber erst mittags beginnen. Und legt sich der 25-jährige zur Ruhe, wird Sylvia erst so richtig munter.
Wer als Student nach Dessau kommt und eine Unterkunft braucht, beantragt entweder einen Wohnheimplatz über das Studentenwerk Halle oder sucht sich mit Gleichgesinnten eine Wohnung. Für letzteres entschieden sich Sylvia, Juliane und Heinzpeter. Ihre Altbau-Wohnung bietet mit 93 m² und einem großen Dachboden genug Raum zum Zurückziehen.
Von einem breiten Flur führen links und rechts drei lichtdurchflutete Zimmer und eine freundliche Wohnküche ab. Das Bad fällt hingegen klein und kümmerlich aus. Der Dachboden ist unbeheizbar, doch durch das große Fenster strömt golden das Herbstlicht und verleiht dem gemeinsam genutzten Zimmer eine warme Atmosphäre.
"Ich bin gern hier. Die Wohnung ist echt Luxus", meint Sylvia, die davor eine ofenbeheizte Bleibe am Bahnhof bewohnt hat. Nach langem Suchen hat die Plauenerin die Wohnung am Funkplatz von Freunden empfohlen bekommen und ist vor rund einem Jahr mit Theaterfrau Juliane Buschbeck eingezogen. Sie hat hier nur ihren Zweitwohnsitz, ist sonst in Berlin anzutreffen und pflegt laut Sylvia recht eigentümliche Kochkünste: "Sie hat einen wahnsinnigen Verbrauch an Rotkraut. Mindestens ein Glas pro Woche." Zu Heinzpeter fällt ihr als erstes sein perfekt-gemachtes Bett ein. "Außerdem telefoniert er gern und kauft immer so komische Buletten", ergänzt die 25-Jährige ihre Beschreibung und wirft ihrem abgeklärten Mitbewohner einen kecken Blick zu. Heinzpeters Urteil über seine Mitbewohnerinnen fällt wesentlich globaler aus: "Ich finde es sehr schön, dass beide so kreativ veranlagt sind, während ich eher in klaren Bahnen denke."
Die bunte WG hat auch mit den anderen Hausbewohnern keine Probleme. "In Anbetracht des fortgeschrittenen Alters bringen sie uns doch recht viel Verständnis entgegen", sagt Heinzpeter, der sich neulich erst ausgeschlossen hat und halb sechs Uhr das ganze Haus mit seinen Wiedereinbruchsversuchen aufscheuchte. Ungünstig ist zweifelsohne, dass die WG im Obergeschoss liegt und vorbei polternde Partygäste manchmal das ganze Haus aufwecken. Trotzdem betont man die nette Hausgemeinschaft, die sich denn auch in ein paar Sofas widerspiegelt, die man kürzlich von den Nachbarn geschenkt bekam.
So gesehen scheint alles recht optimal? Nicht ganz - jedenfalls außerhlab der WG. Das Nachtleben ließe in Dessau doch sehr zu wünschen übrig. Sylvia meint gar: "Hier gibt es keine Kneipe, wo ich gerne hingehe. Sein Nachtleben muss man sich hier selber organisieren." Konkret heißt das dann WG-Parties, spontane Video-, Koch- oder Plauderabende.
Ende Januar wird Heinzpeter die WG verlassen und voll ins Berufsleben einsteigen. "Wahrscheinlich in den alten Bundesländern", wie er meint. Für ihn wird der Designstudent Micha dazu stoßen. Dann gibt es nur noch Kreative in der WG am Funkplatz. Mal sehen, ob es dann so unkompliziert weiter geht.