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Wo tonnenweise scharf zu zirkeln ist

Von SILVIA BÜRKMANN 15.07.2009, 17:21

ROSSLAU/MZ. - Der Beobachter an der Kaikante runzelt zweifelnd die Stirn. "Das passt doch nicht." Auch die Hafenarbeiter schnaufen durch. "Das wird verdammt eng."

"Wir werden sehen." Hafenbetriebsleiter Gunter Wolf bleibt gefasst. Rein rechnerisch hat die "MS Therese" den Platz. Gerechnet aber wird mit den Abmessungen, die im Frachtauftrag angegeben sind: Verladen werden sollen in Summe sechs Module für Gasturbinen. Je 13 Meter lang, 5,40 Meter breit und 6,30 Meter hoch. Gewicht pro Modul 65 Tonnen. Die Fracht war über teilweise gesperrten Straße und in der Nacht vom DSD Anlagen-, Behälter- und Rohrleitungsbau Gommern mit Schwerlasttransporten über die B 184 zum Industriehafen Roßlau gebracht worden. Dort begann am Dienstag die Beladung. Die ersten drei Module nahm die "MS Marienberg" an Bord und konnte den Hafen am späten Dienstagvormittag verlassen. Die Hoffnung, am Mittwoch Gleiches wiederholen zu können, ist berechtigt.

Ab 9 Uhr wird wiederum geladen. Hafenkran "Fritz" bekommt tüchtig zu tun. Die Last ist außergewöhnlich. "Im Tagesgeschäft werden Stahlbleche zwischen vier und 13 Tonnen bewegt", vergleicht Hafenchef Wolf. Das sind Leichtgewichte für "Fritz", der Lasten bis zu 70 Tonnen bewegen kann. Die Nagelprobe hatte der Hafenkran zur Indienstnahme 2006 bestanden: mit einem einzigem Testlauf für ein Prüfgewicht, das im Vergleich zur Normallast einen Sicherheitspuffer eingebaut hatte. Gut geölt, stemmte "Fritz" auch das einmalige Prüfgewicht von 80 Tonnen.

Die 65 Tonnen-Brocken unter den grauen Persenning-Planen werden mit Spezialtraversen an den Kran angeschlagen. Kranführer Klaus Kitzing vom Industriehafen zirkelt die Last passgerecht über die Kaikante. Roland Jonas und Günter Juska ziehen die einschwebende, stählerne Fracht an dicken Seiten zur endgültigen Platzierung. Für den Großeinsatz hat die Crew vom Industriehafen Roßlau Unterstützung vom Dresdener "Mutterhaus" zur Seite. René Hausdorf und Peter Weber von den Sächsischen Binnenhäfen Oberelbe SBO, dem Hafenverbund, dem der Roßlauer Industriehafen seit September 2004 angehört, packen mit zu. Je nach Bedarf rufen die Häfen die Arbeiter zu Aufträgen an wechselnde Arbeitsorte.

"Der Hafen brummt, wir haben gut zu tun", ist Gunter Wolf zufrieden. Der Industriehafen Roßlau bedient neben dem Wasser und dem Umschlag "über Kai" noch die Straße und die Bahn als Verkehrsträger. Zudem bietet das Gewerbegebiet Raum für Lagerflächen. So brachte in diesem Frühjahr ein Containerschiff mit chinesischem Absender Stahlbleche nach Roßlau, wo die Ladung gelöscht wurde und per Lkw zur Ambau GmbH nach Gräfenhainichen geholt wurde. Nunmehr liegt der Stahl in neuer Form wieder im Roßlauer Hafen; als Röhrensegmente für Windkraftanlagen. "Ideal wäre jetzt wieder der Abtransport per Schiff, dann schließt sich der Kreis", schmunzelt Wolf.

Ideal sind derzeit auch die Fahrwasserbedingungen auf der Elbe. So können die Module geradewegs nach Hamburg gebracht werden, um dort auf ein Seeschiff verladen und ausgeliefert zu werden. Die Kunden warten im Nahen Osten.

Am Mittag steigt die Spannung auf der "Therese". Sieben Zentimeter fehlen, um das dritte Modul an Bord zu nehmen. "Da hat das Maß nicht gestimmt", grollt Gunter Wolf. "Therese" legt um 14 Uhr ab, nimmt stromab Kurs auf Hamburg. Die Auftraggeber von SBO reagieren schnell, beordern ein drittes Motorschiff an den Elbkilometer 262. Nun nimmt die "MS Marcel" das letzte Frachtstück auf.