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Wirtschaft in Dessau Wirtschaft in Dessau: Aus Lechner Baupark wird "Kochstedter 11"

Von Steffen Brachert 10.09.2014, 19:59
Dierk Moreth vor „Kochstedter 11“: Hier ist viel in den vergangenen Monaten passiert.
Dierk Moreth vor „Kochstedter 11“: Hier ist viel in den vergangenen Monaten passiert. Lutz Sebastian Lizenz

Dessau/MZ - Die Etage ist riesig und wirkt seltsam leer. Noch. Dierk Moreth und Thomas Niemeyer sitzen in einem vollverglasten Büro, haben ein Laptop aufgeklappt und verbreiten eine selbstbewusste Gelassenheit. „Als wir hier eingestiegen sind, lag die Auslastung bei 40 Prozent“, sagt Moreth. „Jetzt liegen wir schon deutlich über 50 Prozent.“ Tendenz steigend. Im einstigen Lechner Baupark im Dessauer Gewerbegebiet Mitte tut sich wieder etwas.

Lange Jahre war das nicht der Fall. Im Dezember 2001, vor fast 13 Jahren also, hatten die Heinritz & Lechner Baustoffwerke am Heimatstandort im bayerischen Uehlfeld einen Insolvenzantrag gestellt. 500 Mitarbeiter waren betroffen, 120 davon in Dessau. Der Nürnberger Insolvenzverwalter Siegfried Beck übernahm das Verfahren über das Familienunternehmen, in das am Ende auch der Lechner Baupark hineingezogen wurde.

Plan als Dienstleistungszentrum

Der Lechner-Baupark, untergebracht in einem bis heute markanten sechsetagigen Neubau in der Kochstedter Kreisstraße, war als Dienstleistungszentrum für Bauinteressierte gedacht. Handwerker-Firmen konnten sich einmieten oder einkaufen. Doch das Konzept funktionierte nicht wirklich. Finanziell war das Engagement für viele Beteiligte ein Desaster, das erst jetzt ein vorläufiges Ende gefunden hat. Anfang April setzte Dierk Moreth die 23. Unterschrift unter einen Kaufvertrag, der die Cira GmbH und Co. KG, zum neuen und alleinigen Eigentümer des 8 000 Quadratmeter großen Gewerbekomplexes macht.

Das Baustoffwerk Heinritz & Lechner im Gewerbegebiet Mitte war eine der ersten großen Industrieansiedlungen in Dessau nach der Wende. Etwa 15 Millionen Euro wurden in das Baustoffwerk investiert. Seit 1997 werden an der Mulde Baustoffe hergestellt - von der Massivwand über Decken, geschosshohe Treppen bis hin zum kompletten Rohbausatz. Im April 1999 fand gleich neben dem Baustoffwerk eine weitere Grundsteinlegung statt: Der Lechner Baupark entstand. Elf Millionen Euro wurden in den Mehrgeschosser investiert, der etwa 60 Firmen beherbergen sollte, die alles rund um das Thema Hausbau anbieten. Der Baupark wurde Ende März 2001 offiziell eingeweiht. Seit April 2014 ist die Cira GmbH & Co KG neuer Eigentümer des Gewerbekomplexes.

Die Cira GmbH und Co. KG ist eine 100-prozentige Tochtergesellschaft der in München ansässigen Comindo Creditmanagement GmbH, die seit zehn Jahren deutschlandweit immer dann gerufen wird, wenn die Lage nahezu aussichtslos ist. „Wir sind Spezialist für schwierige Konstellationen“, sagt Moreth und spricht von „leistungsgestörten Immobilien“. Im Lechner Baupark gab es Probleme genug. „Es gab ein Heer von Mit-Eigentümern. Dem Insolvenzverwalter gehörten hier nur 48 Prozent. Nach über zehn Jahren hatte der einfach genug“, erklärte Moreth die Ausgangssituation. „Es war eine totale Patt-Situation.“ Mit allerlei Unklarheiten in Sachen Eigentum. Es gab Flächen, die verkauft waren. Es gab aber auch Flächen, da war der Verkauf zwar angefangen, aber nie endgültig vollzogen wurden. Die Lage war reichlich unübersichtlich.

„Wir haben zweieinhalb Jahre gebraucht, um Ansprechpartner zu finden, um die Probleme juristisch aufzuarbeiten und das alles zu ordnen“, sagt Moreth. Das Problem war dabei nicht immer das Geld. „Das Haus hatte einfach für viele keine Priorität mehr.“

Repräsentativ, multifunktional nutzbar und individuell anpassbar

Die Comindo Creditmanagement GmbH hat aber in dem Gebäudekomplex etwas gesehen, was andere nicht gesehen haben. „Das Haus ist repräsentativ, ist multifunktional nutzbar und individuell anpassbar, hat Parkplätze und eine Bushaltestelle vor der Tür“, zählt Moreth die Vorzüge auf und ist bemüht die Geschichte abzulegen. Das 31 Meter hohe Hochhaus soll nicht mehr als Lechner Baupark im Dessauer Bewusstsein bleiben, sondern als „Kochstedter 11“ vermarktet werden. Entsprechend der Adresse: der Kochstedter Kreisstraße 11.

Einen niedrigen einstelligen Millionen-Betrag hat die Cira GmbH & Co Dessau KG inzwischen investiert und das lange überwiegend leerstehende Gebäude umfangreich umgebaut und vor allem beim Brandschutz Mängel beseitigt, die seit dem Bau des Hauses bestanden. Anfangs begleitet von allerlei Misstrauen. „Da mussten wir schon mal für einen 5 000-Euro-Elektro-Auftrag Sicherheiten nachweisen“, schmunzelt Moreth. Das Geld wurde überwiesen. Die Firma ist noch an Bord.

„Wir punkten damit, dass wir räumlich und finanziell in der Lage sind, den Mietern die Fläche auf den Leib zu schneidern. Und wir bieten einen Hausmeisterservice und ein eigenes Ingenieurteam“, sagt Moreth. Das komme an. Gerade hat ein Ingenieurbüro einen neuen Mietvertrag unterzeichnet. Zu ortsüblichen Konditionen. „Unser Engagement hier ist mittel- und langfristig angelegt.“

Die Umbauarbeiten sollen noch in diesem Jahr beendet werden - samt einem neuen Farbanstrich für das Gebäude. „Wir wollen das Aushängeschild für das Gewerbegebiet Mitte sein“, sagt Moreth, dessen Projektentwickler Thomas Niemeyer die Vermarktung des Hauses in den nächsten Wochen vorantreiben will. Im Erdgeschoss werden Fachmärkte gesucht, die nicht zentrenrelevant sind. Das Zentrenkonzept der Stadt macht hier enge Vorgaben, um den Einzelhandel in der Innenstadt zu schützen.

Schwerpunkt „Altersmedizin“?

In den oberen Etagen der „Kochstedter 11“ denkt Moreth daran, einen Schwerpunkt „Altersmedizin“ zu etablieren. „Das könnte eine Nische sein“, sagt er draußen auf dem Parkplatz. Vor ein paar Monaten hatten die Mieter auf eine Parkordnung gedrängt. Der Münchner Unternehmen hatte das damals noch nicht für nötig gehalten - und inzwischen umdenken müssen. Ein gutes Zeichen. Die „Kochstedter 11“ ist wieder eine gefragte Adresse.