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Wirtschaft  Wirtschaft : Fleiß Können und auch Glück

Von Steffen Brachert 30.07.2013, 18:41
Schichtleiter Thomas Grasse bereitet ein Werkstück für die Bearbeitung vor.
Schichtleiter Thomas Grasse bereitet ein Werkstück für die Bearbeitung vor. SEBASTIAN Lizenz

Dessau/MZ - Ob den 20 Jahren noch einmal 20 Jahre folgen? Günter Thyrolf schaut rüber zu Siegfried Uhle. „Ein Drittel ist Fleiß, ein Drittel ist Können, ein Drittel ist aber auch Glück“, sagt der Unternehmer. Gerade sei man in der Produktion bei 120 Prozent. „Das kann“, gibt Thyrolf zu, „aber in einem viertel Jahr schon anders sein.“

Es ist die Vorsicht, die zugleich ein Erfolgsrezept ist. Am 3. August 1993 nahm die Thyrolf & Uhle GmbH auf dem ehemaligen ZAB-Gelände die Arbeit auf. Genau 20 Jahre später wird am Sonnabend im Technikmuseum „Hugo Junkers“ gefeiert. „Das Unternehmen“, sagt Thyrolf, „ist gut aufgestellt.“

Eigene Abteilung privatisiert

Der Start war ein „Management buy out“ - oder, wie Thyrolf es ausdrückt: „Ich durfte meine eigene Abteilung privatisieren.“ Mit 25 Leuten starteten Thyrolf & Uhle - und der Vereinbarung, dass diese 25 Leute zweieinhalb Jahre zu beschäftigen sind. „Für jeden Verstoß hätten wir 50 000 Euro zahlen müssen“, blickt Uhle auf das komplizierte Vertragswerk zurück. Es war eine arbeitsplatzsichernde Maßnahme der Treuhand. Eine unnötige. Dank eines Rahmenvertrages mit Humboldt Wedag ZAB, der eine Auslastung von über 50 Prozent sicherte. „Das war ein wichtiger Grundstein“, sagte Thyrolf, der schon vorher als Abteilungsleiter Lohnarbeit akquiriert hatte. „Wir haben 1993 also nicht bei Null angefangen.“

Der Anfang war trotzdem kompliziert. Thyrolf und Uhle zahlten Lehrgeld. 1,8 Millionen Mark kostete die Werkhalle. „Das war viel zu viel“, räumt Uhle heute ein. Die zweite Halle kam später für 180 000 Euro dazu. Als ein Banker nach Sicherheiten für einen Kredit fragte, stand Uhle auf und kehrte seine Hosentaschen nach außen. „Die waren leer“, schmunzelt Uhle. „Unser Erspartes war in die GmbH-Rücklage geflossen.“ Doch die beiden Männer schafften es, Vertrauen zu gewinnen.

Thyrolf und Uhle sind Unternehmer der alten Schule, was nicht despektierlich gemeint ist. Der Betrieb und die Mitarbeiter standen und stehen immer im Mittelpunkt. „Am schwierigsten war es stets, mit den Raubrittern aus den alten Ländern klarzukommen“, sagt Uhle. Da trafen immer wieder Welten zusammen. „Wir haben immer Schritt für Schritt gemacht“, sagt Thyrolf. Das Risiko blieb überschaubar. „Wir haben nie Leute entlassen. Wir hatten nie Kurzarbeit“, sagt der Unternehmer. Selbst als Humboldt Wedag ZAB irgendwann die Dessauer Zelte abgebrochen hat. „Wir haben in den 20 Jahren immer schwarze Zahlen geschrieben.“ Und die Firma hat sich viel engagiert. Dass es in Dessau-Roßlau noch Drittliga-Handball gibt, daran hat Günter Thyrolf als Chef des Wirtschaftsrates größten Anteil. Doch auch die Dessauer Tafel, das Kinderheim im Querweg, das Tierheim, die Fußballer vom Dessauer SV 97 konnten sich auf Thyrolf immer verlassen. „Ich habe immer die Notwendigkeit gesehen, Vereine zu unterstützen.“

128 Mitarbeiter hat die Firma heute, verteilt auf die Thyrolf & Uhle Stahl- und Komponentenbau GmbH und die Thyrolf & Uhle Blech- und Profilfertigung. Auf 15 Millionen Euro ist der Jahresumsatz zuletzt gestiegen. Das Unternehmen ist ein klassischer Zulieferbetrieb ohne eigene Produkte. Die Windanlagenbauer von Enercon sind ein wichtiger Auftraggeber. „Da stellen wir zwei komplette Baugruppen her“, sagt Thyrolf. Im Kranbau ist die Firma gut dabei, im Tankanlagenbau, im Schiffbau. Thyrolf und Uhle haben sich Nischen gesucht - und dafür auch hochwertige und teure Maschinen angeschafft. 2011 wurde ein Sechs-KW-Laser in Betrieb genommen. Fast eine Million Euro hatte die mittelständische Firma investiert - und die Kollegen dafür qualifiziert. Es hat sich gelohnt. „Wer im Wettbewerb bestehen will, braucht Alleinstellungsmerkmale, braucht Möglichkeiten, die andere nicht haben.“ 300 000 Euro werden jedes Jahr in neue Maschinen gesteckt. „Das müssen wir tun, um mithalten zu können.“ Auch in den nächsten 20 Jahren, wenn Thyrolf & Uhle ohne Günter Thyrolf und Siegfried Uhle auskommen muss.

Nachfolge ist geregelt

Vor drei Jahren haben Thyrolf-Tochter Katrin Budai und Ralf Köppe die Geschäftsführung übernommen. Die Nachfolge war lange geplant. Die Firmenübergabe ist in Vorbereitung. Doch Thyrolf und Uhle haben ganz selbstverständlich noch eigene Büros - und sind dort oft anzutreffen. Thyrolf kennt es nicht anders. „Ich gucke in den Topf“, sagt der Unternehmer, „dass das Loch nicht so groß wird.“ Die Firmengeschichte wird vorsichtig fortgeschrieben.

Kathrin Budai und Günter Thyrolf.
Kathrin Budai und Günter Thyrolf.
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