Weihnachtsfeier für Bedürftige in Dessau Weihnachtsfeier für Bedürftige in Dessau: Die Sorgen kurz vergessen

Dessau-Roßlau - Die Idee hat Marion Giewat von ihren Vorgängern ohne Zögern übernommen. So begrüßte die Wirtin der „Bauernstube Stillinge“, am Montag wieder Bewohner der nahe gelegenen Obdachlosenunterkunft Rosenhof für einen gemütlichen Nachmittag bei Stolle und anderem Weihnachtsgebäck, mit der Show eines Zauberers und Geschenken vom Weihnachtsmann für Groß und Klein.
Die städtische Obdachlosenunterkunft am Rosenhof bietet 48 Betten für alleinstehende Wohnungslose und 21 Schlichtwohnungen für Familien. Träger der Einrichtung ist die Unternehmensgruppe „Human Care“. Die häufigsten Gründe für Wohnungslosigkeit sind Zwangsräumungen in Häusern und Wohnungen, häufig durch Mietschulden, rückständige Stromrechnungen und nicht beglichene Heizkostenrechnungen. Zusammen mit dem Amt für Soziales und Integration und mit einem großen Pool an Anbietern mit Hilfen im sozialen Bereich wird versucht, Hilfe zur Selbsthilfe zu leisten.
Es hat schon ein bisschen was von einer Tradition, die Weihnachtsfeier im Lokal am Fürst-Franz-Radweg, für die, denen als letzte Zuflucht noch der Rosenhof geblieben ist, um nicht rund um die Uhr dem harten Leben auf der Straße ohne Obdach ausgesetzt zu sein. 2010 mit der Übernahme der „Bauernstube Stillinge“ übernahm sie auch die Weihnachtsfeier in ihren Räumen.
Die Obdachlosenunterkunft sowie einige private und gewerbliche Sponsoren greifen Giewat gern immer wieder unter die Arme. „Schön, dass ihr wieder da seid“, begrüßte Giewat um kurz nach um zwei die ersten Gäste. „Schön auch zu sehen, wie groß die Kinder geworden sind“, freute sie sich besonders auf das Wiedersehen mit ihren jüngsten Gästen. In ihren fünf Jahren im Lokal sind mit jeder Weihnachtsfeier die Kinder mit gewachsen, von Kleinkindern zu Schülern, von Grundschülern zu Teenagern. Die meisten von ihnen kennen kaum ein anderes Leben als das, in einer der 21 Schlichtwohnungen am Rosenhof, die mit einfachstem Komfort vor der endgültigen Obdachlosigkeit schützen. Auch wenige der alleinstehenden Männer, denen insgesamt 48 Betten in der Obdachloseneinrichtung am Ortsausgang von Dessau Richtung Roßlau zur Verfügung stehen, kamen am Montag zur Bauernstube.
Vom Charakter her, ist es seit je her eher ein Familienfest gewesen. Raus aus den Alltag und Gemütlichkeit, will Giewat für ein paar Stunden bieten. „Für fast alle ist es was Besonderes, Gast in einer Gaststätte zu sein“, weiß die Wirtin. Doch die Beziehung zwischen der „Bauernstube Stillinge“ und der Obdachlosenunterkunft Rosenhof geht weit über die Adventszeit hinaus. Das ganze Jahr über fungiert das Lokal als Sammelstelle für Sachspenden für die Rosenhof-Bewohner. Gäste der Bauernstube bringen regelmäßig Kleidung, Geschirr und Möbel vorbei. Auch im Alltag begegnet man sich. Wenn Giewat unterwegs ist, wird sie von den Bewohnern oft herzlich mit „Frau Stillinge“ begrüßt.
Es ist vor allem ein Moment, an den sich Giewat noch lange erinnern wird. Als das Hochwasser 2013 fast ihre Existenz vernichtete, sammelte die Gemeinschaft vom Rosenhof 141 Euro für die Sanierung des Lokals. „Das berührt einen sehr tief“, sagt die Wirtin. Die, die am Rand der Gesellschaft stehen, helfen sehr gerne, wenn sie es können. Sich selbst zu helfen, ist für sie aber manchmal ein fast aussichtsloser Kampf. „Nur Wenige schaffen es bei uns wieder raus“, bilanziert Kerstin Sachtler, die Leiterin der Obdachlosenunterkunft am Rosenhof. Die Weihnachtsfeier in der „Bauernstube Stillinge“ sollte das wenigstens für eine kurze Zeit in den Hintergrund drängen. (mz)