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Veranstaltungen am 1. Mai Veranstaltungen am 1. Mai: Buntes Treiben im Dessauer Stadtpark

Von Oliver Schröter 02.05.2004, 12:40

Dessau/MZ. - Zahlreiche Gewerkschaften unter dem Dach des DGB hatten ihre bunten Stände aufgebaut, und bald trug jeder seine politische Einstellung auf Luftballons, Kugelschreibern oder Anstecknadeln spazieren. Auf der Bühne trommelte sich Gaja-Percussion ein, bevor der Redeteil des Deutschen Gewerkschaftsbundes beginnen konnte.

Michael Kleber, DGB-Regionsvorsitzender, sprach zur EU-Osterweiterung. Er zeigte Chancen und Risiken auf, schwor die Zuhörer, ähnlich wie SPD-Europaabgeordneter Ulrich Stockmann, auf das Schaffen gleicher Lebensbedingungen in Ost, West sowie in ganz Europa ein.

Um die Problematik der anhaltenden Massenarbeitslosigkeit und kaum erkennbare positive Tendenzen zu illustrieren, wurde der Brief des "Bündnisses für soziale Gerechtigkeit in der Region Dessau" verlesen. Dieser Brief war adressiert an den Bundeskanzler und hatte eine Gruppe Langzeitarbeitsloser als Absender. In den Zeilen ging es nicht um große Politik, blieb der Wahlkampf, welcher am Rande der Veranstaltung in vollem Gange war, außen vor. Die ganz persönlichen Empfindungen, der - laut Agentur für Arbeit - "schwer Vermittelbaren" wurden aufgezeigt. "Wir sind bereit, unsere Situation zu ändern, wenn uns die Möglichkeit dazu gegeben wird", stand am Ende und das Hoffen auf Antwort aus dem Kanzleramt.

Die "Initiativgruppe 1. Mai" stand dagegen mit ihrem Kleinbus etwas abseits. Olaf Wendel, langjähriges Mitglied der Gruppe und Organisator der im Anschluss an die Kundgebung des DGB geplanten Demonstration, predigte seine Worte förmlich in das Mikrofon. Auf der Bühne wollte man die Initiativgruppe indes nicht haben. "Nach positiven Vorgesprächen haben wir am Sonnabend ganz nebenbei erfahren, dass wir auf der Bühne des DGB nicht erwünscht sind", erklärte der Mann mit Sitz im Stadtrat. Beinahe poetisch schwor er dann die Leute ein, sich zusammen zu tun, forderte die vielen Gruppen und Initiativen auf, ihr Ziel gemeinsam zu verfolgen. "Der Druck muss von der Masse ausgehen."

Wenige Minuten später setzte sich der Kleinbus mit Wendel, gefolgt von etwa 200 Demonstranten, vom Stadtpark in Richtung Museum in Bewegung. Nach ein paar Metern geriet er jedoch ins Stocken. Die Fahnen und Banner der Dessauer Antifa an der Spitze der Demonstration passten der Polizei nicht ins Bild, und auch die Veranstalter wollten an diesem Tag mit dem Motto "Wer kämpft, kann verlieren. Wer nicht kämpft, hat schon verloren!" andere Inhalte transportieren. Nach mehrmaliger ungehörter Aufforderung, allgemeinere Forderungen voran zu stellen, wurde die Demonstration noch vor ihrem Start von der "Initiativgruppe 1. Mai" kurzerhand abgebrochen. Die Hälfte der Demonstranten ließ sich davon nicht abhalten und nach kurzem Verkehrschaos in Höhe des Naturkundemuseums geleiteten zehn Polizeifahrzeuge noch etwa 120 hauptsächlich Jugendliche quer durch die Stadt. Allerdings nicht wie geplant zurück zum Stadtpark, sondern zum Alternativen Jugendzentrum in der Schlachthofstraße.

Am Stadtpark war gegen Mittag die politische Spannung verflogen, die Menschen konzentrierten sich jetzt mehr auf Bratwurst, Erbsensuppe und das kühle Blonde. Und so manch einer träumte von alten Zeiten, während "Sixty Music" auf der DGB-Bühne die großen Hits des Ostrocks schmetterte.