Umtausch der D-Mark Umtausch der D-Mark: Aus der Couch-Ecke in die Bundesbank
Dessau/MZ. - Im Bungalow lag es, in einer kleinen Dose in einem Regal. "Für die Kinder", lacht Edeltraut Filz. Beim Aufräumen hatte die Frau aus Aken das Geld gefunden: fast 28 Mark - und das Mitte Juli, wo es nur noch den Euro gibt. Der erste Weg führte Filz zur Sparkasse im heimischen Aken, der zweite Weg zur Dessauer Filiale der Deutschen Bundesbank. Die liegt etwas abseits, hinter der Wagner-Passage, ist streng bewacht und der einzige Ort in der Region, wo ganz offiziell noch alte D-Mark in neue Euro getauscht werden können.
Dienstag sitzt Edeltraut Filz samt Ehemann in einem kleinem Vorraum der Bundesbank, der dem Ansturm kaum gewachsen ist. Ein flüchtig kopiertes Formular ausgefüllt, warten beide auf Einlass in den aufwändig gesicherten Kassenraum. Minuten später ist es vollbracht, hat Familie Filz ihre letzten D-Mark abgegeben. Jetzt sind nur noch ein paar ungarische Forint über, deren Umtausch bei der Bundesbank allerdings gebührenpflichtig ist. "Warten Sie doch, bis Ungarn der Europäischen Union beitritt", rät Joachim Nagel, Pressesprecher bei der Hauptverwaltung Hannover der Deutschen Bundesbank. "Dann ist auch das kostenlos." Familie Filz lacht: "Da fahren wir vorher lieber noch mal nach Ungarn."
Deutschland hat die größte Geldumtauschaktion der Geschichte nahezu pannenfrei überstanden. Aus der D-Mark wurden binnen zweier Monate der Euro - seit dem 1. März ist die neue Währung allen Teuro-Debatten zum Trotz alleiniges Zahlungsmittel. Was bleibt, sind einige Unbekannte: Dass nur die Hälfte aller ausgegebenen D-Mark-Münzen umgetauscht wurde, lässt sich noch begründen. Die werden gesammelt. Die gingen verloren. Die schlummern in Couch-Ecken, Jackentaschen oder längst vergessenen Sparstrümpfen. Dass aber immer noch zehn Milliarden D-Mark in Scheinen einfach fehlen, lässt Raum für Spekulationen.
"Ein Großteil davon dürfte sich im Ausland befinden", sagt Nagel - wann und wie es nach Deutschland kommt, bleibt abzuwarten. Klar ist nur eines: Werden mehr als 30 000 Mark umgetauscht, greift das Geldwäschegesetz, muss überprüft werden, woher das Geld stammt. Doch auch bei kleineren Summen kann die Bundesbank tätig werden. Nagel: "Das liegt ganz im Ermessen des Beamten."
In der Dessauer Filiale der Bundesbank - seit dem 1. Mai gibt es den Namen Landeszentralbank nicht mehr - werden meist Kleinstbeträge gebührenfrei umgetauscht. Obwohl täglich zwischen 8 und 13 Uhr meist fünfzig und mehr Kunden kommen, liegt der Tagesumsatz selten höher als 5 000 Mark.
"In Halle hat schon mal jemand eine halbe Stunde für zwanzig Pfennig angestanden", berichtet Nagel. Im heimischen Hannover kam aber auch schon mal ein Rentner, der 70 000 Mark auf den Tisch packte. "Der hat nie den Banken vertraut und alles zu Hause gelagert." Doch das ist die Ausnahme: Der klassische Umtausch-Kunde hat beim Aufräumen, beim Möbelrücken, beim Umzug noch ein paar Münzen und Scheine gefunden. Selten sind es mehr als 100 Mark. Für eine Bundesbank, die sonst mit Geldmengen in ganz anderen Größenordnungen zu tun hat, ist das schon eine Umstellung.
Der Umtausch der D-Mark erfolgt zeitlich unbegrenzt - in Dessau allerdings maximal bis 2007. Dann will die Bundesbank die Filiale an der Mulde schließen. In Sachsen-Anhalt trifft die Außenstelle in Halberstadt das gleiche Schicksal. "Die Bundesbank muss ihr Filialnetz straffen", erklärt Nagel den Beschluss der Frankfurter Zentrale. "Wir reagieren damit auf die anderen Banken und Sparkassen, die gleiches tun." Dreißig Mitarbeiter sind in Dessau von der Schließung betroffen. Entlassen wird keiner, versichert Nagel. In Halle gibt es künftig genügend Arbeit.
Was aus dem Objekt am Leipziger Tor wird, steht noch nicht fest. Auch für ein Grundstück, dass die Bundesbank einst kaufte, um eine neue Außenstelle zu bauen, wird noch eine Nutzung gesucht. "Pläne können hier aber erst gemacht werden, wenn klar ist, wann Dessau geschlossen wird", sagt Pressesprecher Nagel. 2007 ist nur eine Zielgröße. Es kann auch schon vorher passieren.