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Ulf Steinforth über das Boxen Ulf Steinforth über das Boxen: "Das ist ein großes Glück"

23.07.2014, 20:44
Mittwochnachmittag zeigten sich die Boxer der SES-Gala im Karstadt-Warenhaus zum öffentlichen Training - ein Pflichttermin vor Events.
Mittwochnachmittag zeigten sich die Boxer der SES-Gala im Karstadt-Warenhaus zum öffentlichen Training - ein Pflichttermin vor Events. Thomas Ruttke Lizenz

Dessau/MZ - Ganz Box-Deutschland blickt am Sonnabend nach Dessau. Hauptverantwortlich dafür ist Ulf Steinforth, der mit seinem SES-Boxstall in der Anhalt-Arena gastiert. Daniel George hat sich mit dem 46-Jährigen über sein Leben als mittlerweile weltweit anerkannter Box-Promoter unterhalten.

Herr Steinforth, welches Bier schmeckt Ihnen eigentlich am besten?

Steinforth: Das gute Sudenburger.

Sie sind vor kurzem unter die Bierbrauer gegangen. Als Abwechslung zum Box-Geschäft?

Steinforth: Das ist eigentlich eine viel zu lange Geschichte, um sie jetzt zu erzählen.

Wir haben Zeit.

Steinforth: Bierbrauerei hat gerade in Mitteldeutschland viel mit Kulturgeschichte zu tun. Ich finde, dass da nach der Wende viel zerschlagen wurde. Das habe ich all die Jahre beobachtet und immer diesen Traum gehabt, da mal einzusteigen - und jetzt habe ich zugeschlagen.

Kurz nach der Wende sollen Sie auch Kondom-Automaten am Leipziger Hauptbahnhof aufgestellt haben.

Steinforth: Ja, das habe ich gemacht.

Wie kommt man dazu?

Steinforth: In der DDR gab es kaum Automaten. Als Kind stand ich eines Tages vor so einem Wagen auf dem Rummelplatz, wo diese Automaten drinhängen. Dann kam ein Mechaniker, hat aufgeschlossen - und es kam ganz viel Geld raus. Da dachte ich mir: Mensch, dass müsste dein Beruf sein. 1987 habe ich dann jemanden kennengelernt, der als einer der wenigen ein Gewerbe für solche Automaten hatte, mit dem habe ich mich zusammengeschlossen - und der hatte neben Spielautomaten und Verkaufsautomaten eben auch Kondom-Automaten. Das lief dann wie verrückt. Die Leute waren offen dafür. Um das Jahr 2000 habe ich das verkauft. Derjenige, an den ich damals verkauft habe, verdient heute noch sehr gut mit den Automaten.

Über seine Leidenschaft zum Beruf spricht Ulf Steinforth auf der zweiten Seite.

Das hört sich alles nicht nur nach einem guten Geschäftssinn, sondern auch nach viel Leidenschaft an.

Steinforth: Alles, was ich beruflich mache, ist Leidenschaft. Das ist ein großes Glück, das ich in meinem Leben habe: Ich konnte immer das machen, was ich gut fand. Der wirtschaftliche Aspekt muss natürlich stimmen, um ein Unternehmen zu betreiben - aber Arbeit muss auch Spaß machen.

2000 haben Sie SES gegründet. Heute sind Sie eine der wichtigsten Persönlichkeiten im Boxsport. War das vorherzusehen?

Steinforth: Nein, vor 14 Jahren war die erste Veranstaltung in Dessau. Und ich sage Ihnen ganz ehrlich: Ich wollte eigentlich nur die eine Veranstaltung machen. Mittlerweile sind es fast 100 geworden.

Wie schafft man es, 14 Jahre in dieser Branche zu bestehen?

Steinforth: Das ist diese Leidenschaft, die dann entfacht wird. Dieser Erfolg, auch mit allen Rückschlägen - wir haben ja auch Niederlagen einstecken müssen, auch wirtschaftliche -, ist dann immer größer geworden. Und es war mir auch immer bewusst,

dass ich für meine Sportler eine Verantwortung habe. Sie haben mich immer motiviert weiterzumachen.

Einer davon ist Robert Stieglitz, das Gesicht von SES. Liegt ihnen seine Zukunft besonders am Herzen?

Steinforth: Robert ist mit 18 zu mir gekommen. Das ist schon eine besondere Verbindung, die uns zusammenhält.

Stieglitz möchte zurück auf den WM-Thron und möglichst bald Pflichtherausforderer von Arthur Abraham werden. Aber was passiert, wenn er am Sonnabend gegen Sergey Khomitsky verliert?

Steinforth: Wenn er verliert, was im Boxen immer passieren kann, müssten wir erst mal die Wunden lecken. Einen Plan B habe ich nicht. Ich denke immer nur an den nächsten Kampf. Es können so viele unerwartete Dinge passieren. Beim Boxen gibt es nichts, was es nicht gibt.

Sergey Khomitsky nennt sich „Der Geist“, Wladimir Klitschko ist als „Dr. Steelhammer“ bekannt. Warum hat Robert Stieglitz keinen Spitznamen?

Steinforth: Robert Stieglitz steht für Qualität, er braucht keinen Spitznamen. Robert ist ein bodenständiger Typ, das ist ein Mann aus unserer Mitte und das macht ihn auch so sympathisch.

Der Fernsehsender Sat.1 plant eine fast vierstündige Übertragung aus der Dessauer Anhalt-Arena. Zuvor läuft Fußball, der FC Bayern spielt. Eine bessere Fernsehpräsenz könnte es kaum geben, oder?

Steinforth: Es ist eine schwierige Jahreszeit, Urlaubs- und Ferienzeit. Aber insgesamt ist das natürlich ein toller Vorlauf für uns. Alle sind nach wie vor fußballverrückt. Die WM hat Lust gemacht.

Was verdient SES durch die umfangreiche Übertragung?

Steinforth: Über Geld sprechen wir nicht. Aber ich kann ihnen sagen: Es ist ein sehr teures Programm.

Auf der dritten Seite lesen Sie über die Zusammenarbeit des Box-Stalls mit Pro 7/Sat. 1.

Der Universum-Boxstall musste vor zwei Jahren Insolvenz anmelden. Auch, weil kein Fernsehsender mehr übertragen wollte. Würde SES das gleiche Schicksal drohen, wenn Sat.1 abspringen würde?

Steinforth: Nein, weil wir vollkommen anders aufgestellt sind. Wir sind sehr stolz auf die Zusammenarbeit mit Pro 7/Sat.1, aber wir haben auch einen starken Rückhalt durch Sponsoren und Förderer. Aber natürlich ist ein großer Sender für uns sehr wichtig, klar.

Man hört, dass es Überlegungen gab, den Ukrainer Taras Oleksiyenko vom PSV 90 Dessau am Sonnabend boxen zu lassen. Stimmt das?

Steinforth: Das ist mal in den Raum geworfen worden, hat aber nicht funktioniert. Für mich war das nie wirklich im Gespräch. Das Problem ist, dass wir zu viel Programm haben. Wir haben schon Kämpfe von unseren eigenen Leuten rausnehmen müssen. Wir hätten also gar keinen weiteren Kampf machen können.

Unabhängig davon: Wäre Taras Oleksiyenko nicht einer für SES?

Steinforth: Um das beurteilen zu können, kenne ich den Jungen zu wenig. Unsere Trainer sind unsere Talent-Scouts. Aber prinzipiell sind wir immer an jungen, frischen Leuten interessiert.

Sie denken immer auch an das Morgen. In welchem Geschäft sehen Sie denn ihre persönliche Zukunft: dem Boxen, der Bierbranche oder doch wieder zurück zu den Kondom-Automaten?

Steinforth: Mein Hauptgeschäft wird immer das Boxen sein – aber Bierbrauen macht auch Spaß.