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Streit um Offizierscasino Streit um Offizierscasino: Prinz Frederic von Anhalt schwänzt Gerichtstermin in Dessau

Von thomas steinberg 22.01.2013, 18:39

dessau-rosslau/MZ. - Der Aushang an der Gerichtstafel galt einem Adressaten mit Wohnsitz in Kalifornien, genauer in 90077 Los Angeles, 1001 Bel Air Road. Hier soll ein Mann zu Hause sein, der einst Hans-Robert Lichtenberg hieß und heute besser bekannt ist als Frédéric von Anhalt und Ehemann von Zsa Zsa Gabor.

Eigentlich hätte von Anhalt in Dessau vor Gericht erscheinen sollen. Nicht als Zeuge, sondern als Beklagter in einem Zivilprozess, den die Bundesanstalt für Immobilienaufgaben gegen von Anhalt führte. Es ging um viel Geld, exakt um 327 226,80 Euro zuzüglich Zinsen. Diese Summe wollte Deutschlands mutmaßlich größter Immobilienverwalter und -makler von dem Mann, der gern mit halbseidenen Skandälchen von sich reden macht und sich hin und wieder als Gönner in Szene setzt.

Als die Sowjetarmee 1990 abgezogen war, stand man im Osten Deutschlands überall vor der Frage, was mit den zumeist marode hinterlassenen Immobilien werden solle. Etwa dem Offizierscasino in Roßlau. 1994 schien dafür die Lösung gekommen: Frédéric von Anhalt bot sich als Käufer an, der Bund als Eigentümer sagte zu. Das Haus nebst einem Hektar Grundstück waren auf 800 000 Mark taxiert.

Von Anhalt hat diese Summe nie gezahlt, sondern die Immobilie für 160 000 Mark erworben. Daran war nichts ungewöhnliches: Ein Erlass des Bundesfinanzministeriums erlaubt es, Immobilien deutlich günstiger abzugeben, wenn sich der Erwerber verpflichtet, diese zum Beispiel für karitative oder soziale Zwecke zu nutzen. "Die Bindungen galten sehr lange, 15 oder 20 Jahre", erklärt Sylvia Schulze von der Bundesanstalt für Immobilienaufgaben. Bei dieser leitet sie unter anderem die Hauptstelle Verwaltungsaufgaben in Magdeburg. Sie und ihre Mitarbeiter sind zuständig für das Vertragsmanagement. Zu Details des Falls von Anhalt will sie sich nicht äußern, bezeichnet ihn gegenüber der MZ lediglich als spannend.

Welche Pläne von Anhalt mit dem Casino hatte, lässt sich heute nicht ohne weiteres rekonstruieren. Das Zeitungsarchiv gibt dazu nichts her, von Anhalt selbst hat zwei Mail-Anfragen der MZ zum Thema ignoriert. Wie auch immer: Es geschah - nichts. 1995 gründete Frédéric von Anhalt zwar eine nach ihm benannte Stiftung mit Sitz in Roßlau, die sich vor allem um bedürftige Jugendliche kümmern wollte, aber eben nicht um das Haus. Der Grund, dieses zum Sparpreis abzugeben, war damit hinfällig - und der Bund versuchte, an sein Geld heranzukommen.

Offenbar ohne Erfolg. Am Ende landete die Sache vor Gericht. Doch weder erschien der Beklagte noch ein von ihm beauftragter Anwalt. So erging in Abwesenheit ein Versäumnisurteil. Das Gericht hat damit den Rechtsanspruch auf die Zahlung des Differenzbetrages plus Zinsen bestätigt. Gegen dieses Urteil kann kein Einspruch mehr erhoben werden, weil die Fristen dafür verstrichen sind.

Eine ganz andere Frage ist, ob der Bund - mithin der Steuerzahler - etwas von dem Geld sieht, das von Anhalt, adoptierter Spross des Adelsgeschlechts, schuldet. Zwar gibt es einen vorläufig vollstreckbaren Titel - um aber den zu ziehen, müsste man wissen, über welche Vermögenswerte von Anhalt in Deutschland verfügt, denn an das mutmaßlich reichlich vorhandene Geld in den USA wird man nicht herankommen. Eventuell könnte man versuchen, eine eidesstattliche Versicherung gegenüber einem Gerichtsvollzieher zu erreichen. Werden bei der falsche Angaben gemacht, kann ein Straftatbestand vorliegen.

Oder hat von Anhalt betrogen? Dazu müsste man ihm nachweisen, dass er nie vorgehabt hatte, das Haus wie vereinbart umzubauen, er den Preisnachlass erreichte, indem er den Verkäufer in die Irre führte. Juristisch dürfte man sich damit auf sehr dünnes Eis begeben. Und so wird sich Frédéric von Anhalt wohl vorerst sicher fühlen dürfen, die inzwischen mehr als 500 000 Euro so bald nicht zurück zahlen zu müssen.