Stadtwerke investieren Millionen in Wärmespeicher Stadtwerke investieren Millionen in Wärmespeicher: Dessau schiebt die Energiewende an

Dessau - Oberbürgermeister Peter Kuras wählte den ganz großen Vergleich und erinnerte an Michael Gorbatschow. Wer zu spät, den bestraft das Leben. Vor über 25 Jahren fiel dieser Satz - und kurz darauf die DDR. Kuras sagt den Satz mit Blick auf die Stadtwerke, die um die Gefahr wissen und im Wettlauf der Energiewende versuchen, rechtzeitig und richtig auf die großen Veränderungen am Energiemarkt zu reagieren. Dies geschieht nun mit einer sieben Millionen Euro teuren Investition. Auf dem Gelände des Dessauer Kraftwerks in der Johann-Meier-Straße wurde gestern Grundstein gelegt für einen riesigen Wärmespeicher: Immerhin 40 Meter hoch und 27 Meter im Durchmesser ist der Speicher, der das Kraftwerk künftig flexibler und damit auch wirtschaftlicher machen soll.
Reaktion auf Schwankungen
Der Bau eines Wärmespeichers macht es uns möglich, Ökostromschwankungen im Netz besser auszugleichen“, erklärte Thomas Zänger, Geschäftsführer der Stadtwerke. Die möglichen Szenarien: Ist bei viel Wind und Sonne der Anteil der erneuerbaren Energien im Netz hoch, kann die Leistung des Dessauer Kraftwerks reduziert werden. Die Fernwärmeversorgung der Stadt erfolgt über die Entladung des mit 98 Grad warmen Wasser gefüllten Wärmespeichers. Wenn Windräder und Solarzellen gerade nichts zu tun haben und der Strom konventionell und unter Volllast der Turbinen im Kraftwerk selbst erzeugt werden muss, lässt sich überschüssige Wärme zwischenspeichern.
Die Stadtwerke haben in den Wärmespeicher sogar noch einen zusätzlichen Vorteil eingebaut: einen Elektro-Erhitzer, der Strom in Wärme umwandeln kann, wenn Strom gerade sehr billig ist. Zuletzt hatte es an der Strombörse zu bestimmten Spitzenzeiten sogar negative Strompreise gegeben.
Das Heizkraftwerk Dessau wurde im Jahr 1995 errichtet und wird seitdem von der Kraftwerk Dessau GmbH als 100-prozentige Tochtergesellschaft der Stadtwerke Dessau betrieben. Es nutzt die Kraft-Wärme-Kopplung zur gleichzeitigen Erzeugung von Strom und Fernwärme und gilt als umweltschonender als bei einer entkoppelten Erzeugung. Die 76,5 Millionen Euro teure Investition finanzierte damals die Vasa Kraftwerke Pool GmbH. Seit dem 1. Januar 2010 ist die Kraftwerk Dessau GmbH auch Eigentümerin des Kraftwerks in der Johann-Meier-Straße. Die Stadtwerke nutzten damals eine Kauf-Option.
Das Kraftwerk hat seit Jahren mit einem sinkenden Fernwärmeabsatz zu kämpfen. Weil Industrie weggebrochen ist. Weil die Einwohnerzahl Dessau-Roßlaus immer weiter sinkt. Wurden 1997 noch 510 Gigawattstunden Fernwärme abgegeben, waren es 2013 noch 320 Gigawattstunden.
Warum die Stadtwerke lange um die Investition gerungen hat und wann der Wärmespeicher in Betrieb gehen soll, lesen Sie auf Seite 2.
Die Dessauer Stadtwerke hatten lange um die Investition gerungen. „Auch wenn manche immer noch so tun, als ob alles so weitergehen kann: Mit der Energiewende ist die Zeit der klassischen Energieversorger vorbei“, sagte Zänger und verwies auf ein Grundproblem: Es gibt keine wirtschaftlichen elektrischen Speicher, die helfen, Schwankungen im Netz auszugleichen. „Es geht nur indirekt. Und das versuchen wir nun.“ Mit dem Wärmespeicher, der eine Kapazität von 600 Megawatt hat und die Möglichkeit gibt, die Energie dann zur Verfügung zu stellen, wenn diese tatsächlich gebraucht wird. Ende 2015 ist die Inbetriebnahme geplant.
Neuland für die Stadtwerke
„Es ist ein Meilenstein, mit dem die Stadtwerke Neuland betreten“, lobte Oberbürgermeister und Stadtwerke-Aufsichtsratschef Peter Kuras die Investition, an der sich die Einwohner Dessau-Roßlaus beteiligen können. „Wir sind mit Banken im Gespräch über eine Bürgerbeteiligung“, erklärte der neue Stadtwerke-Geschäftsführer Dino Höll, der gerade die Nachfolge von Hans Tobler angetreten hat. Die Stadtwerke denken über ein Art Sparbrief nach, der 500 bis 5 000 Euro fasst, eine Laufzeit von fünf Jahren hat und von den Stadtwerken mit einem Zinsaufschlag belohnt wird. Bis zu zwei Millionen Euro sollen so finanziert werden. Für die Stadtwerke ist das ein Mittel der Kundenbindung. „Im ersten Quartal“, kündigte Höll an, „werden wir Details bekanntgeben..“ Ein Kauf ist ab dem zweiten Quartal möglich. (mz)
