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Stadt-Silhouette Rodleben Stadt-Silhouette Rodleben: Warum die Hydrierwerk-Schlote fallen

Von Silvia Bürkmann 12.07.2017, 08:00
Aktuell ist einer der Schornsteine schon bis auf einen Stummel abgetragen (links), der zweite schrumpft zusehens von Tag zu Tag mehr.
Aktuell ist einer der Schornsteine schon bis auf einen Stummel abgetragen (links), der zweite schrumpft zusehens von Tag zu Tag mehr. DHW Rodleben

Rodleben - Die rechtselbische Landschaft verliert zwei ihrer Landmarken. Die Silhouette vom Hydrierwerk Rodleben wandelt ihr Aussehen. Fast zusehends schrumpfen die zwei alten Kraftwerksschornsteine dahin, werden Stunde um Stunde kleiner. Und bis Ende September nicht mehr zu sehen sein.

Rückbau der Schlote geht voran

Seit Winterende schon reißt die Mende Schornsteinbau GmbH aus Lastrup die Essen ab. Der Rückbau der Schlote geht peu à peu vonstatten. Die Mitarbeiter der Spezialfirma aus dem niedersächsischen Landkreis Cloppenburg steigen dafür auf den Schornstein und brechen die Klinkerziegel manuell mit dem Presslufthammer ab.

Ein schneller Abbruch mittels Sprengung kam für die Verantwortlichen im Deutschen Hydrierwerk Rodleben (DHW) nicht in Frage. Zwar sind die zwei beinahe Hundertjährigen etwas marode, aber nicht unmittelbar vom Umsturz bedroht. Eine Sprengung indes könnte die benachbarte Elektrostation treffen, informierte Werkleiter Frank Weidemann. Also Finger weg von einer Lunte!

Mit Braunkohle befeuert

Die beiden Schlote sind fast so alt wie das Deutsche Hydrierwerk Rodleben selbst. Das DHW konnte 2016 seinen 100. Geburtstag feiern. Das alte Industriekraftwerk wurde mit Braunkohle befeuert und lieferte Dampf für die Produktionsprozesse in den Chemieanlagen. Über Dampfturbinen wurde gleichzeitig Strom produziert. Ende der 1980er Jahre unterstützte ein neues Kraftwerk auf Erdgasbasis die Energielieferung. Hier ragte dann ein dritter Schornstein über das Werk, der war aus Blech.

Außer Betrieb und erkaltet sind die zwei gemauerten Schornsteine allerdings schon seit gut 25 Jahren. Kurz nach 1990 ging das alte Kohlekraftwerk vom Netz. Die Essen zwischen Brambacher Weg und Elbufer blieben noch sichtbare Erinnerungen an die Industriegeschichte. Eine etwa 100 Meter hoch, die zweite rund 10 Meter kleiner.

Zu DDR-Zeiten als „Luftfahrthindernis“ markiert

Der Große aber hätte auf jeden Fall ein Warnzeichen gebraucht, musste auch zu DDR-Zeiten schon als „Luftfahrthindernis“ markiert werden und an seiner Spitze einen Lichtkranz tragen. Um den großen Aufwand für Installation und Wartung dieser „Befeuerung“ zu reduzieren, hatten die gewitzten Hydrierwerker von ihrem Riesenschlot längst einige Meter abgetragen. Um unter die kritischen 100 Höhenmeter zu gelangen. Und sich die Befeuerung ersparen zu können.

Aktuell müssen in Deutschland Bauwerke mit einer Höhe von mehr als 100 Meter über Grund durch die Bauaufsichtsbehörde an die Luftfahrtbehörde gemeldet werden. Hindernisse höher als 100 Meter über Grund müssen generell der Deutschen Flugsicherung vorgelegt werden.

Blick nach vorn

Inzwischen ist einer der Türme, der fast Hundertjährige, bis auf einen haushohen Stummel bereits gefallen. Der zweite verliert Tag um Tag an Höhe und das DHW damit seine markante Skyline. In dem Werk selber indes richtet sich seit der Privatisierung in der indonesischen Salim Gruppe 2001 der Blick klar nach vorn und auf die Ertüchtigung für das 21. Jahrhundert. Und seit Januar 2016 ist ein hochmodernes Kraft-Wärme-Kraftwerk mit hohem Wirkungsgrad sauber und ressourcenschonend in Betrieb. Nur dessen Schornstein, der mutet etwa klein an - mit gerade mal 20 Metern. (mz)

Die Schlote hier noch mit Markierung.
Die Schlote hier noch mit Markierung.
DHW Rodleben
Zum Abbruch hoch auf die letzte Esse
Zum Abbruch hoch auf die letzte Esse
DHW Rodleben