1. MZ.de
  2. >
  3. Lokal
  4. >
  5. Nachrichten Dessau-Roßlau
  6. >
  7. Stadt bezweifelt Gefahr durch Asbest-Wolke nach Brand in Dessau - Einige Fragen bleiben dennoch

Feuerwehrweinsatz im April Stadt bezweifelt Gefahr durch Asbest-Wolke nach Brand in Dessau - Einige Fragen bleiben dennoch

Anwohner des Geländes im Dessauer Westen, auf dem bei einem Brand im April Asbest freigesetzt wurde, müssten sich keine Sorgen machen. Die Berichterstattung sei „übertrieben“.

Von Oliver Müller-Lorey 17.05.2021, 09:43
Nach dem Barackenbrand in der Otto-Mader-Straße.  Das Gelände ist  abestverseucht und abgesperrt.
Nach dem Barackenbrand in der Otto-Mader-Straße. Das Gelände ist abestverseucht und abgesperrt. (Foto: Thomas Ruttke)

Dessau-Rosslau - In der Frage, welche Gefahr für Anwohner einer ausgebrannten asbestbelasteten Ruine in der Otto-Mader-Straße besteht, hat die Stadt das Risiko relativiert und die Berichterstattung der MZ über dieses Thema als „übertrieben“ bezeichnet. Obwohl sich das krebserregende Material in einer Wolke, die weithin sichtbar über der Stadt stand, ausgebreitet habe, bestehe keine Gefahr.

„Bei der Größe des Brandobjektes und der eingetretenen Verdünnung in der hoch aufsteigenden Rauchwolke kann eine Gesundheitsgefährdung der Bevölkerung ausgeschlossen werden“, heißt es vom Katastrophenschutz- und Umweltamt. Eine Gefahr habe dagegen in erster Linie für die Einsatzkräfte, die direkt der Rauchwolke ausgesetzt waren, bestanden.

Bei dem Feuer waren Bauplatten aus krebserregendem Asbest explosionsartig zerplatzt

Am 15. April war ein leerstehendes und vermülltes Gebäude im Gewerbegebiet Alten abgebrannt. Vier Kinder, die von der Polizei aufgegriffen wurden, sind verdächtig, den Brand ausgelöst zu haben. Bei dem Feuer waren Bauplatten aus krebserregendem Asbest explosionsartig zerplatzt. Das Material verteilte sich in der Umgebung, weshalb die Stadt nun eine Sicherung und Säuberung des Areals für mehr als 150.000 Euro in Auftrag geben muss.

In der vergangenen Woche holte sich die Verwaltung dafür die Genehmigung des Finanzausschusses - nicht ohne die Berichterstattung der MZ zu kritisieren. „Da wurde eine Gefahr gezeichnet, die übertrieben ist“, sagte Umweltamtsleiter Sven Jähnichen. Bereits einen Tag nach dem Brand sei asbesthaltiges Material, das außerhalb des Grundstücks niedergegangen sei, von einer Fachfirma beräumt worden. Kunden eines nahe gelegenen Baustoffhandels und Pächter einer Kleingartenanlage müssten sich keine Sorgen machen. Auch für nahe gelegene Wohngebiete habe während des Brandes wohl keine Gefahr bestanden.

Die Informationspolitik der Stadt in dem Fall wirft indes Fragen auf

Die Informationspolitik der Stadt in dem Fall wirft indes Fragen auf. Die Verwaltung hatte lange mit keinem Wort erwähnt, dass Asbest bei dem Brand ein Problem darstellt. Im veröffentlichten Einsatzbericht ist davon nichts zu lesen. Erst einen halben Monat nach dem Brand, als der Finanzausschuss die Spezial-Säuberung auf den Weg bringen sollte, wurde bekannt, dass Asbest freigesetzt wurde. Eine daraufhin gestellte Anfrage der MZ, welche Gefahr für Anwohner und Rettungskräfte bestand, beantwortete die Stadt vor der Ausschusssitzung nicht. Man wolle der Diskussion der Stadträte nicht vorgreifen, hieß es.

Inzwischen hat sich die Stadt doch noch geäußert. Die abgeplatzten Asbest-Bruchstücke an sich seien ungefährlich, müssten aber eingesammelt werden, da-mit sie sich nicht zerreiben und so doch zu einer Gefahr wür-den. Die Asbestfasern, die theoretisch klein genug wären, um Schaden in der Lunge anzurichten, hätten sich in der Luft stark verdünnt.

Weiter unklar ist, ob die Stadt auf dem finanziellen Schaden sitzenbleibt

Die 76?Einsatzkräfte hätten während des Einsatzes der Stadtverwaltung zufolge gewusst, womit sie es zu tun hatten. Alle Einsatzkräfte, die nicht ohnehin Atemschutzgeräte trugen, hätten Mund-Nasen-Schutz getragen. „Im Anschluss wurde eine Grobdekontamination an der Einsatzstelle durchgeführt“, teilt das Katastrophenschutzamt mit. Auch die Schläuche, die Kleidung und die Autos, die in Windrichtung geparkt waren, seien gereinigt und aufbereitet worden.

Weiter unklar ist, ob die Stadt auf dem finanziellen Schaden sitzenbleibt. Das Grundstück ist herrenlos, die Kinder, die den Brand verursacht haben, sollen allesamt jünger als 14 Jahre und damit nicht strafmündig sein.

Dessau-Roßlaus Finanzdezernentin Sabrina Nußbeck kündigte an, dass dennoch alles versucht werde, damit nicht die Stadt die Kosten tragen muss. „Wir werden vom Rechtsamt verschiedene Möglichkeiten prüfen lassen, wie wir uns das Geld wieder holen können.“ Ein Hoffnungsschimmer könnte sein, dass das Grundstück, das brannte, zwar offiziell keinen Besitzer hat, aber einen sogenannten Nießbraucher, also eine Person, die das Gelände nicht besitzt, es aber nutzen darf. (mz)