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Schwierige Arztsuche Schwierige Arztsuche: Mindestens 13 Hausarztstellen sind in Dessau-Roßlau nicht besetzt

Von Sylke Kaufhold 03.08.2019, 07:00
Hausärzte werden gesucht.
Hausärzte werden gesucht. dpa

Dessau - Zum 1. Juli schloss die Allgemeinmedizinerin Dr. Christiane Schomacker ihre Praxis in Kochstedt. Einen knappen Monat später bleibt nun auch im Neubaugebiet Zoberberg eine Hausarztpraxis zu. Für die Patienten in Dessau-Roßlau ist das jeweils eine Hiobsbotschaft. Denn einen neuen Hausarzt zu finden ist nicht einfach in der Doppelstadt. Viele Praxen sind voll und nehmen keine neuen Patienten mehr auf. „Vier, fünf Nachfragen sind normal heute, aber auch keine Erfolgsgarantie“, weiß Dr. Joachim Groh, Allgemeinmediziner und Ärztlicher Leiter im Medizinischen Versorgungszentrum des Städtischen Klinikums, um die angespannte Versorgungslage.

13,5 Hausarztstellen fehlen zur Vollversorgung im „Mittelbereich Dessau-Roßlau“

Laut Kassenärztlicher Vereinigung sind im sogenannten „Mittelbereich Dessau-Roßlau“ - wozu die Stadt Dessau-Roßlau sowie Coswig und Oranienbaum gehören - derzeit 63 Hausärzte tätig. Wobei nicht alle in Vollzeit arbeiten, so dass von ihnen nur 61,5 sogenannte Versorgungsaufträge erfüllt werden. Ein Versorgungsauftrag entspricht dabei einer Vollzeit-Arztstelle.

13,5 Hausarztstellen könnten noch zugelassen werden. „Dann würden wir von Vollversorgung reden können“, erklärt Bernd Franke, Pressesprecher der Kassenärztlichen Vereinigung. Die ist allerdings nicht in Aussicht. Im Gegenteil.

„Die Lage wird sich mittel- und langfristig eher noch verschärfen“, macht Groh auf die Altersproblematik aufmerksam. Die in Dessau-Roßlau tätigen Hausärzte sind im Durchschnitt 54 Jahre alt. In fünf Jahren wären 22 der derzeit 63 tätigen Hausärzte 65 Jahre und älter.

Auch im MVZ würden mittelfristig Ärzte aus Altersgründen aufhören, so Groh. „Deshalb können auch wir nicht mehr jeden Patienten dauerhaft als Hausarztpraxis aufnehmen“, erklärt er. „Wir sind an der Kapazitätsgrenze.“ Allerdings werde jeder behandelt, der akut krank ist.

„Junge Kollegen nach der Facharztausbildung zu gewinnen, das ist nicht einfach“

Sechs Allgemeinmediziner arbeiten aktuell im MVZ des Klinikums. „Zwei weitere wären noch sehr gut ausgelastet“, schätzt Groh die Situation ein. Mit dem Ehepaar Uhler habe man im vorigen Jahr zwei junge Ärzte gewinnen können. Allerdings praktiziere sie derzeit nicht, weil sie Mutter wird. „Das freut uns für die Familie sehr, reißt aber hier eine Lücke.“ Die Suche nach Verstärkung sei quasi eine Daueraufgabe, betont der MVZ-Leiter.

Dabei bemühte man sich auch ständig um Assistenzärzte in Weiterbildung und stehe im engen Kontakt mit dem Institut für Allgemeinmedizin der Uni Halle. „Aber junge Kollegen nach der Facharztausbildung zu gewinnen, das ist nicht einfach“, so Groh. Ebenso schwierig ist es, Nachfolger für eine Praxis zu finden, die altersbedingt aufgegeben werden muss. „Das ist die Ausnahme.“

Seit geraumer Zeit bemüht sich auch die Kassenärztliche Vereinigung um eine Vielzahl von Maßnahmen gegen diesen Trend. Sie fördert zum Beispiel die ambulanten Abschnitte im Rahmen der Facharzt-Weiterbildung zum Allgemeinmediziner. Die Inanspruchnahme der Förderung habe in den letzten Jahren stetig zugenommen, so die Pressestelle der Kassenärztlichen Vereinigung.

Auf einen Hausarzt kommen aktuell im Planungsbereich Dessau-Roßlau 1.666 Einwohner

Einige dieser Ärzte in Weiterbildung hätten im Rahmen von Gesprächen geäußert, eine Tätigkeit in der Region Dessau-Roßlau aufnehmen zu wollen. „Dies lässt uns hoffen, dass unsere schon 2002 gestarteten Maßnahmen noch greifen.“ Ob diese jungen Ärzte dann allerdings eine ambulante Tätigkeit aufnehmen wollen, bleibe abzuwarten.

Hoffnung setzt die Kassenärztliche Vereinigung auch auf die zum 30. Juni dieses Jahres geänderte Richtlinie für die Bedarfsplanung, die jetzt von den Landesausschüssen der Ärzte und Krankenkassen umzusetzen ist. Auf einen Hausarzt kommen aktuell im Planungsbereich Dessau-Roßlau 1.666 Einwohner. Nach den Regelungen der Bedarfsplanung werden 1.490 Einwohner je Hausarzt als angemessen angesehen.

„Wir gehen davon aus, dass mit der Umsetzung weitere hausärztliche Zulassungen möglich sein werden.“ Dann würde auch die Praxisweiterführung oder Neuniederlassung von Hausärzten in Dessau-Roßlau finanziell gefördert, um die Nachbesetzung von Hausarztpraxen oder Praxisneugründungen zu unterstützen und zu erleichtern. (mz)