Schutz für Mannheim Schutz für Mannheim: Riesiges Hochwasserschutztor in Roßlau verladen

Dessau-Rosslau - 893 Kilometer lang wird die Reise für das tschechische Schubschiff sein. Es startet in Roßlau die Elbe hinab Richtung Magdeburg. Weiter geht es über Elbe-Havel-Kanal, Mittellandkanal, Dortmund-Ems-Kanal und Rhein-Herne-Kanal in den Rhein. Läuft alles nach Plan, erreicht die 235 Tonnen schwere Fracht am 27. Mai Mannheim: Das Hochwassersperrtor ist bestimmt für das Sperrwerk Ladenburg.
Riesiger Kran war für das Aufladen des Hochwasserschutztores notwendig
Gebaut wurde das stählerne Tor in der Roßlauer Schiffswerft. Dort war in den vergangenen Tagen ein Kran montiert worden, von dem Mike Roscher behauptet, ihn zu steuern, das sei nichts besonderes. Da mag ein leichtes Understatement mitschwingen: Allein eine der beiden Ketten, auf denen sich der Koloss fortbewegt, wiegt 45 Tonnen. Insgesamt bringt das Gerät um die 850 bis 900 Tonnen auf die Waage. Und Steffen Rathaj, Leipziger Niederlassungsleiter der auf Schwerstlastransporte spezialisierten Firma Thömen, räumt denn auch ein: „Das Ding ist schon groß.“
Das Ding ist gelb, 50 Meter lang und lagert auf Stahlstützen, die, bevor das Tor angehoben werden kann, noch mit dem Brennschneider durchgetrennt werden müssen. Hinter der Spundwand zur Elbe liegt ein tschechischer Schubverband vertäut, dessen Besatzung über Stunden nur eines zu tun hat: Sich die Zeit zu vertreiben.
Auf der Freifläche hinter der großen Halle der Roßlauer Werft herrscht Hochbetrieb. Allein die Verladefirma hat elf Leute mitgebracht und sieben Tieflader: Sechs für die Gegengewichte, einen für die Trossen und Schäkel, also die verschraubbaren Haken, mit denen das Tor angehängt wird. 200 Kilo wiegt ein einziger von denen.
Altes Schutztor am Neckarkanal stammt aus dem Jahr 1931
Das neue Tor, sagte Thomas Merkle von der Würzburger Firma IRS, ersetze eine genietete Konstruktion am Beginn des Neckarkanals. „Die ist in die Jahre gekommen.“ Unverändert wird die Aufgabe bleiben: Im Hochwasserfall wird das Tor geschlossen, um die Ortslage Feudenheim zu schützen. Das Wasser strömt dann allein durch den Neckar, bevor er nur vier Kilometer weiter in den Rhein mündet.
Für die Roßlauer Schiffswerft gehören schwere Stahlkonstruktionen längst zum festen Portfolio, nachdem man sich in den 90er Jahren gezwungenermaßen aus dem Schiffbau verabschiedet hatte, weil die Kapazitäten dafür den Ostseewerften zugeteilt worden war. Das Wort Werft im Namen hat eher nostalgischen Wert für das vor mehr als 150 Jahren gegründete Unternehmen.
Planung des Kraneinsatzes in Roßlau dauert ein, zwei Wochen
Ein, zwei Wochen, schätzt Rathaj, sind nötig, um einen Kraneinsatz wie den in Roßlau zu planen. Nichts wird dem Zufall überlassen. Und doch: Der Zeitplan gerät immer wieder in Verzug, so dass Zuschauer irgendwann die Geduld verlässt: „Wir können das ja morgen in der Zeitung lesen.“
Die Leute von der Kranfirma sind in dem Moment gerade dabei, Gegengewichte auf den Kran zu laden. Jedes wiegt zehn Tonnen, 350 Tonnen sind insgesamt notwendig, den Kran im Gleichgewicht zu halten, wenn er denn erst mal das Tor am Haken hat. „Umkippen“, amüsiert sich Rathaj über die Laienfrage, „kann der nicht. Der hebt die Last einfach nicht an, wenn die Gegengewichte fehlen.“
So ist es kurz vor 16 Uhr geworden, als sich die Trossen des Kranes zum ersten Mal spannen. Kranführer Roscher hebt die Last millimeterweise an, nahezu unmerklich beginnt das Tor zu schweben. An dessen beiden Ende sind jeweils zwei, drei Männer damit beschäftigt, jede Drehbewegung der 235 Tonnen zu zügeln. Manchmal gelingt das fast mit dem kleinen Finger, dann ist wieder Körpereinsatz gefragt.
Schnelles Verschwenken auf das Boot
Rund zehn Minuten vergehen, bis der Schwenk zum Schiff vollzogen ist, das gerade einmal 10 Meter entfernt liegt. Und noch mal eine halbe Stunde vergeht, bis die Fracht im Schiffsrumpf liegt.
Dass überhaupt der Transport über Wasser gelingen kann, ist auch glücklichen Umständen geschuldet. Weit mehr als der Rhein wird die Elbe seit Jahren immer wieder von Niedrigwasser heimgesucht. Und auch in den letzten Wochen sanken die Pegel beständig. 1,20 Meter, sagt einer der Männer, brauchen wir. Am Montag hatte die Elbe bei Dessau 1,30 Meter, die Niederschläge der vergangenen Tage hatten den Fluss ein wenig aufgefüllt. (mz)


