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Schüler erforschen Dessauer Geschichte Schüler erforschen Dessauer Geschichte: Als Hund noch eine Delikatesse war

Von Sylke Kaufhold 19.10.2001, 15:19

Dessau/MZ. - Am Fürst-Franz-Gymnasium sind einige Schüler auf den Hund gekommen. Nicht im wörtlichen Sinne, auch nicht im bekannten übertragenen Sinn. Vielmehr sind sie darauf gekommen, dass in früheren Zeiten in Dessau der Hund durchaus ein Tier gewesen ist, dass in Töpfen und Pfannen zur Mahlzeit für den Menschen wurde.

Die fünf Schüler der heutigen 8. Klasse haben im vergangenen Schuljahr am Schülerwettbewerb Deutsche Geschichte um den Preis des Bundespräsidenten teilgenommen und einen vierten Preis bekommen. "Genutzt-geliebt-getötet. Tiere in unserer Geschichte", lautete das Thema. "Wir überlegten, was uns zu diesem Thema einfallen würde und kamen auf die Geschichte des Alten Schlachthofes", erzählt Ann-Kathrin Köhler, wie sie auf den Hund gekommen sind. Bei ihren Recherchen im Stadtarchiv stießen die Schüler darauf, dass im Schlachthof auch Hunde geschlachtet wurden. "Das entsetzte uns so, dass wir beschlossen, da mal nachzuforschen", erzählt Christiane Jäger. Und so stöberten Isabell Köhler, Eik-Robert Burggraf, Anne Eschner sowie Ann-Kathrin und Christiane im Stadtarchiv, beschäftigten sich mit alten Zeitungen, studierten alte Schlachtpläne, waren im Gespräch mit dem Geschäftsführer der heutigen Dessauer Fleisch GmbH und besuchten sogar den Heinz-Rühmann-Klub, um von alten Menschen etwas über den Hund als Nahrungsmittel zu erfahren.

"Es hat viel Spaß gemacht", sind sich die fünf Schüler einig. Und dass sie diese Aufgabe auch erfolgreich lösten, beweist ihr sehr gutes Abschneiden. Allerdings seien nicht alle Arbeiten gleichermaßen beliebt gewesen, erinnert Tutorin Renate Schulze schmunzelnd. "Ja, die alte Schrift zu deuten war schwierig", gibt Anne Eschner zu. Auch die Arbeit im Archiv oder das Protokollschreiben waren nicht so beliebt. Die Gespräche hingegen stehen eindeutig auf der Positivliste der Schüler.

Was die Schüler und ihre Betreuerin unter dem Thema "Delikat wie Hund" alles herausgefunden haben, ist in der Tat sehr interessant. So galt laut Anhaltischem Staatsanzeiger im Jahr 1921 Anhalt als Hauptkonsument für Hundefleisch. 5 481 Hunde wurden in jenem Jahr als "menschliche Nahrung hergerichtet". In einer Dessauer Gaststätte wurde Hund gar als Delikatesse angeboten. "Wir haben leider nicht herausbekommen, in welcher", bedauert die Tutorin. Alte Leute im Rühmannklub erinnerten sich an den Hund auf dem Speiseplan. Vor allem in Kriegszeiten sei das Hundefett zum Beispiel als Mittel gegen Tuberkulose gegessen worden. Ob Hundefleisch jemals auch in Geschäften verkauft worden ist, konnten die Schüler nicht recherchieren. Aber dass es in Dessau sogar einen extra Hundeschlächter gegeben hat, der streunende Hunde im Stadtgebiet eingefangen hat, das erfuhren sie. Geschlachtet wurden sie im eigens eingerichteten Hundeschlachthaus im städtischen Schlachthof. 200 bis 400 Hunde wurden durchschnittlich im Jahr dort getötet, 1916 und 1922 waren es sogar über tausend. Die Hundeschlachtung wurde bis in die frühen 50er Jahre betrieben.

Das Preisgeld von 500 Euro werden die Fünf unter sich aufteilen. Jeder hat da schon einen ganz bestimmten Wunsch, den er sich damit erfüllen wird. Eine gemeinsame Siegesfeier jedenfalls ist nicht geplant. "Ich habe mit meinem Geld etwas Besseres vor", lehnte Eik-Robert diesen Vorschlag ab. Bei ihrer Betreuerin Renate Schulze bedankten sich alle fünf aber mit einem Blumenstrauß. Sie betreut schon seit zehn Jahren Schülergruppen in diesem Wettbewerb. "Wir haben bisher immer etwas gewonnen. Mit den jüngsten Teilnehmern aber holten wir jetzt den besten Preis. Und darauf bin ich richtig stolz", strahlt sie. Ihre Hoffnung, dass die Schüler im nächsten Schuljahr wieder beim Geschichtswettbewerb dabei sind, könnte sich erfüllen. Denn alle fünf schließen eine erneute Teilnahme nicht aus.