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Schiene ins Nirgendwo Schiene ins Nirgendwo: Professor und einstiger Student gewinnen Gedenkwettbewerb

Von Silvia Bürkmann 26.03.2017, 12:00
Mit einem Gedenkort in der Stadt will Mainz an die Deportationen  vor 75 Jahren erinnern.
Mit einem Gedenkort in der Stadt will Mainz an die Deportationen  vor 75 Jahren erinnern. Siegerentwurf SWA/Theurer

Dessau/Mainz - Ideen aus Anhalt brillieren im Rheinland: Der erste Preis in einem landschaftsbaulich-künstlerischen Wettbewerb für die Gestaltung eines Holocaust-Gedenkortes in Mainz ging unter 17 Teilnehmern aus renommierten Architekturbüros an das Projektteam von Professor Andreas Theurer von der Hochschule Anhalt und die jungen Architekten Peter Weber und Paul Schmelzer.

„Ein Professor und dessen Student arbeiten auch nach Studienabschluss zusammen und können Wettbewerbe gewinnen“, freut sich der an der Hochschule Anhalt im Fachbereich Architektur in Dessau dozierende und lehrende Theurer. Das spreche für die praxisnahe Ausbildung der Hochschule.

Student und Tutor entdeckte Wettbewerb

So hat der aus Wolfen stammende Peter Weber in Dessau bei Theurer zehn Semester Architektur studiert und seinen Professor parallel als Tutor unterstützt. Die studentischen Mitarbeiter helfen Kommilitonen bei der Nachbereitung der Vorlesungen und Vorbereitung der Seminare. Nach dem Bachelor in Dessau hat Weber in Dresden ein Diplom aufgesattelt und ist zur Code Unique Architekten GmbH gekommen. Mit dem dort gleichfalls angestellten Paul Schmelzer hat Weber jüngst das eigene SW Atelier gegründet.

Zuvor aber hatte der Theurer-Zögling via Internet immer die Branchenentwicklung im Blick und ist auf den im Oktober 2016 von der Stadt Mainz ausgelobten Ideenwettbewerb gestoßen. Entstehen soll dort ein Gedenkort für die während der NS-Zeit vom Mainzer Güterbahnhof in die Todeslager deportierten Menschen. Im März jährte sich zum 75. Mal die erste große Deportation von jüdischen Mitbürgern aus Mainz ins Ghetto von Piaki im besetzten Polen. 470 Mainzer wurden in der ersten Welle deportiert. Niemand kehrte zurück, von keinem existiert ein Grab. Nun soll ein Gedenkort an sie erinnern, dort, wo sie die Heimat verließen.

Aus NS-Zeit erhaltene Deportationsrampe taucht im Mahnmal auf

Die Gewinneridee zeigt eine langgestreckte Betonwand, auf der die Namen der aus Mainz deportierten Menschen eingraviert werden sollen. Die noch aus der NS-Zeit erhaltene Deportationsrampe taucht als Fragment im Sockel der Betonwand auf. Davor führen Schienen in ein Torhaus, das in eine unbekannte Weite hinführt. Diese Verlängerung aber ist eine durch den Einsatz eines Spiegels hervorgerufene optische Täuschung.

Dieses symbolhafte Bild soll den Betrachter in die damalige Situation hineinspiegeln. Außerdem sollen in dem Spiegel Zitate aus überlieferten Briefen zu lesen sein, die die Deportierten aus dem Osten noch nach Hause geschrieben haben. Nur der Siegerentwurf berücksichtige die Täter-Opfer-Beziehung so ausdrücklich, wertete die Mainzer Baudezernentin Marianne Grosse bei der finalen Präsentation aller Wettbewerbsbeiträge am Dienstagabend in der Lobby des Rathauses.

Der Gedenkort Deportationsrampe soll in der Mombacher Straße von Mainz entstehen. Am öffentlichen und historischen Platz: neben der Vlexx-Eisenbahn nahe beim einstigen Güterbahnhof. (mz)

Peter Weber, Andreas Theurer und Paul Schmelzer (v. l.) zur Preisverleihung
Peter Weber, Andreas Theurer und Paul Schmelzer (v. l.) zur Preisverleihung
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