Schau in Osternienburg Schau in Osternienburg: Lautes Kikeriki in großer Hockey-Halle
Osternienburg/MZ. - Die Hähne krähten, die Tauben gurrten, die Enten schnatterten - nur die Kaninchen saßen leise in ihren Käfigen und schielten mit glänzenden Kulleraugen auf die Besucher. Rund 380 Tiere konnten am Wochenende in der geräumigen Hockey-Halle von Osternienburg besichtigt werden. Der Kleintierzucht-Verein "Osternienburg und Umgebung" lud zu dieser Schau ein, in der 50 Aussteller aus dem Kreisgebiet ihre Zuchtergebnisse präsentierten.
Doch zuerst standen nicht die Tiere, sondern einige Züchter im Mittelpunkt. Paul Ebert, Gerhard Herm, Willi Stallbaum, Heinz Schmidt und Wolfgang Schmidt wurden für ihre langjährige Tätigkeit mit Goldenen Ehrennadeln des Bundes Deutsche Rassegeflügel ausgezeichnet. Eine besondere Anerkennung wurde Angelika Czarneckie aus Dessau zuteil: Für ihre Züchtung, eine Kingtaube, erhielt sie den Landesverbandspreis.
Die beiden ausgezeichneten Schmidts sind Cousins und erster bzw. zweiter Vorsitzender des Vereins. Gern berichten sie über ihren Verein, der insgesamt 28 Mitglieder in zwei Arbeitsgemeinschaften hat: In der einen sind die Rassegeflügel-, in der anderen die Kaninchenzüchter vereint. Die erste hat 23 Mitglieder und besteht seit 70; die zweite, mit fünf Mitgliedern, seit 95 Jahren. Die jetzige Ausstellung ist eine Art Bilanz der Saison, denn von Oktober bis Februar herrscht Zuchtruhe.
Mit sichtlichem Stolz zeigen die Züchter ihre Tiere. Heinz Schmidts Leidenschaft sind bucharische Trommeltauben, die irgendwann aus der Gegend um die usbekische Stadt Buchara in alle Welt gekommen waren. 40 Tiere hat er zu Hause, die in den Farben - oder wie die Züchter sagen, Farbschlägen - schwarz, weiß und schwarz-weiß vorkommen. Wolfgang Schmidts Herz schlägt für englische Perücken-Tauben und fränkische Samtschilder. Er hat 50 Tauben von jeder Rasse, insgesamt also 100.
Tauben so groß wie ein Huhn und Hühner kleiner als manche Taube - diese Vielfalt irritiert einen sach-
unkundigen Besucher. Zum Glück hängt an jedem Käfig ein Schild, das über die Tiere und den jeweiligen Züchter informiert. Auch ein Preis steht oft darauf, denn etliche Tiere können gekauft werden.
Heinz Schmidt zeigt eine seiner Bucharischen Trommeltauben. Vor Aufregung versteckt das Tier den Kopf in seiner prächtig gewachsenen Muschelhaube, an den Beinen fallen lange Federn auf; die Züchter nennen sie Latschen. Ein Paar Schritte weiter stehen sich ein Norwichkröpfer und ein Hessenkröpfer gegenüber. Mit ihren riesigen aufgeblasenen Kröpfen versuchen die Tauben, sich gegenseitig zu beeindrucken. Einige weiße Kingtauben schauen phlegmatisch auf die Besucher. Für manchen Zeitgenossen zählt vor allem die Masse dieser Tiere: Die trägen Riesen erreichen leicht ein Gewicht von einem Kilo. Damit sind sie gute Kandidaten für einen Sonntagsbraten.
Wolfgang Miehlitz hat drei dieser Tauben gekauft. Er ist aus Mühlstedt bei Roßlau nach Osternienburg gekommen. Deckt er sich etwa für die Weihnachtstafel ein? "Nein, ich brauche Tiere von außerhalb, um Inzucht in meinem Bestand zu vermeiden. Die Hobbyfreunde von Osternienburg kenne ich schon lange, habe Vertrauen zu ihnen, auch die Preise hier sind noch bezahlbar."
In der Nähe der Hühnerkäfige ist eine Unterhaltung wegen Lärms kaum möglich. Ein Hahn nach dem anderen bekräftigt mit lautem Kikeriki den Anspruch auf sein Revier und sein Harem. An der Kaninchenreihe ist es leiser, ein Junge betrachtet ernst ein graziles schwarz-braunes Tier. Tobias Mettchen ist ein Osternienburger, elf Jahre alt und interessiert sich sehr für all die gefiederten und vierbeinigen Exponate.
Welches Tier ist hier seiner Meinung nach das beste? Tobias braucht darüber nicht lange nachzudenken. Er geht an Kaninchen und Zwerghühnern vorbei, würdigt die Landespreis-gekrönte Kingtaube keines Blickes und zeigt schließlich auf einen Käfig mit einer Taube der Rasse Mondain. Nach welchen Kriterien hat er sie denn ausgewählt? "Die ist von meinem Großvater Dieter", antwortet sachlich der Elfjährige.