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«Protos» startet in Richtung Holland

Von Thomas Steinberg 27.03.2007, 17:44

Dessau/MZ. - Kurz vor zehn machte der silbergraue Zug zum ersten Mal Halt an einem Bahnsteig: gezogen von einer Rangierlok, eingespannt zwischen zwei Güterwagen, die während der Überführung als Bremswagen fungieren, rollte der Protos am Bahnsteig 1a der Dessauer Hauptbahnhofs, dort, wo sonst die Züge der Anhaltischen Bahngesellschaft nach Wörlitz starten. Eigentlich sollte die Fahrt zwei Tage früher starten, aber die Deutsche Bahn sagte ab, weil die Strecke zwischen Magdeburg und Dessau gesperrt war. In nur 16 Monaten hat die Fahrzeugtechnik den Protos auf die Schiene gestellt. Eine außergewöhnlich kurze Entwicklungszeit sei das, betont die Fahrzeugtechnik. Wie das möglich gewesen sei? "Wir haben hart gearbeitet", erklärt Pfannmüller, "und viele Komponenten zugekauft." Das Risiko vermindert sich nicht nur für den Schienenfahrzeughersteller, auch der Kunde, sei beruhigt, wenn Bremsen, Klimaanlage oder Räder von renommierten Herstellern stammten, sagt Pfannmüller.

Trotz des Rückgriffs auf Komponenten anderer Hersteller, der Protos, versichert die Fahrzeugtechnik, kann mit einigen Besonderheiten aufwarten, die in dieser Zugklasse keine Selbstverständlichkeit darstellen. Er fährt Tempo 160 und ist äußerst variabel einzurichten. Für das holländische Eisenbahnunternehmen Connexxion wohl auch ein Argument, den Auftrag nach Dessau zu reichen: Sie bestellten eine Dance Vallei genannte Disco für den Zug mit großen Fernsehbildschirmen und Getränkeautomaten. Und selbst Internet wird an Bord sein - zu einer Zeit, da die Deutsche Bahn dies noch auf ausgewählten ICE testet.

Fünf Züge hat Connexxion zunächst gekauft und wird sie auf der Strecke Valleilijn zwischen Ede und Amersfort einsetzen - und schwärmt schon jetzt auf seiner Website für die "transparante uitstraling" der Fahrzeuge.

Drei bis vier Millionen Euro, genauer will Pfannmüller nicht werden, kostet ein Protos mit zwei Wagen. Für das zur russischen Transmashholding gehörende Unternehmen ist der Zug eine Investition in die Zukunft: Pfannmüller hofft auf weitere Abnehmer. "20 Züge könnten wir pro Jahr bauen."

Von Mitte des Jahres an wird die Fahrzeugtechnik aber zunächst die fünf Zugeinheiten nach Holland liefern. Und damit vielleicht zugleich das beste Argument für potentielle Interessenten.