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Projekt Partnerschaft für Demokratie Projekt Partnerschaft für Demokratie: Ist Roßlau ein "Rechtsextremer Leuchtturm"?

Von Thomas Steinberg 02.03.2017, 11:08
Auch Oberbürgermeister Peter Kuras war bei der Auswertung des Projekts zu Gast.
Auch Oberbürgermeister Peter Kuras war bei der Auswertung des Projekts zu Gast. Sebastian

Dessau-Roßlau - In Roßlau fehle es an einer Kultur des Hinsehens, wenn es um Ausländerfeindlichkeit und Rechtsextremismus gehe. Dies sagte Steffen Andersch, Koordinator des „Projekts Partnerschaft für Demokratie“ (PFD), am Dienstag bei einem Bilanz-Pressegespräch im Rathaus.

Mitglieder der Initiative Buntes Roßlau wurden immer wieder bedroht

Seine Einschätzung machte Andersch an dem Umstand fest, dass es dem PFD kaum gelungen sei, in Roßlau Projekte zu installieren, wenn man von der Initiative Buntes Roßlau absehe. Die startete mit sechs Leuten. „Jetzt nur noch zu zweit, weil die anderen gesagt haben: Das wird mir zu heiß“, sagte Marcus Geiger von Buntes Roßlau. Er und seine Mitstreiter hatten immer wieder verschiedene Drohungen erhalten, auf sein Privathaus wurden Attacken verübt.

Andersch bezeichnete den Stadtteil Roßlau als einen „Leuchtturm des Rechtsextremismus“ in der Region. Es seien dort Neonazis ebenso aktiv wie rechtsextreme Parteien und Sympathisanten der Identitären Bewegung. Zugleich seien Akteure, die gegenhalten können, in Roßlau kaum ansprechbar.

OB Kuras warnt vor eine Stigmatisierung Roßlaus

Oberbürgermeister Peter Kuras, Gast bei dem Pressegespräch, teilte zwar die Einschätzung, es gebe in Dessau eher eine Kultur des Hinsehens, warnte jedoch davor, Roßlau zu stigmatisieren. „Wir dürfen nicht vergessen, dass ein Auslöser vieler Reaktionen das Asylbewerberheim war. Und wir müssen uns fragen, wie in einem solchen Fall die Dessauer reagiert hätten.“

Dennoch hätten ihn die massiven Abwehrreaktionen gegenüber der Initiative Buntes Roßlau überrascht. „Wir brauchen“, meinte Kuras, „Geduld und Ausdauer.“ Und: Man müsse auf die Kinder setzen. Ihn habe fasziniert, wie unbefangen deutsche und syrische Kinder bei einer Feier in der Ölmühle miteinander umgegangen seien.

Jugendfonds soll weitgehend eigenständig und unbürokratisch neue Projekte fördern

Bei der Partnerschaft für Demokratie hofft man allen Schwierigkeiten zum Trotz, neue Projekte installieren zu können. Für solche stehen aus dem Bundeshaushalt insgesamt 105.000 Euro zur Verfügung. Das, so Andersch, seien 20.000 Euro mehr als 2016.

Im Vorjahr hatten von der Förderung ganz unterschiedliche Projekte profitiert. So entstand von und mit Grundschülern ein Hörbuch „Hass ist doof“, an der Berufsschule Hugo Junkers wurden in Workshops Formen der Jugendkulturen vorgestellt, bei einer Konferenz Fragen des großen Jahresthemas „Toleranz“ diskutiert.

Ein neues Projekt ist der von jungen Leuten verwaltete Jugendfonds, der weitgehend eigenständig und unbürokratisch Projekte fördern kann – und das müssen keineswegs ausdrücklich politische sein. Das wohl aufwendigste im vorigen Jahr: Die „Nacht der jungen Talente“ im Alten Theater mit 80 Teilnehmern. (mz)

Steffen Andersch stellte die Bilanz vor.
Steffen Andersch stellte die Bilanz vor.
Lutz Sebastian