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Peter Arndt Peter Arndt: Ein Leben hinter Drums

Von Annette gens 10.02.2013, 18:35

Dessau/MZ. - Gerade dröhnt Bob Dylans "Knockin on haven's door" über die Anlage der Dessauer Band "Phagt". Gespielt wird in der kleinen Rockmusikszenekneipe Cadillac. Es ist schon weit nach Mitternacht, als die Besucher im Takt des Titels schwingen und die handgemachte Musik genießen. Ans nach Hause gehen ist lange nicht zu denken. Und dann kommt die markante, dunkle Stimme des Drummers Peter Arndt: "Thomas, gehst Du noch mal an die Tasten?" Pianist Thomas Benke, ursprünglich in der Klassik zu Hause, lässt sich nicht lange bitten, stimmt mit dem Joe Cocker aus Dessau (Wolfgang Bindernagel) und Keyboarder von "Phagt" "You are so beautiful" an.

Ist das eine vorfristige Ode an den Jubilar Peter Arndt? - Vielleicht! Doch im Mittelpunkt steht der Mann, der gerne einen Jeansanzug trägt und dessen lange, blonde Haare sein Markenzeichen sind, nur ungern. Auch wenn er Montag auf den Tag 70 Jahre alt wird. Diese magische Zahl bereitet ihm nur einen Augenblick Kopfzerbrechen, und er verwirft schnell dunkle Gedanken. Ändern kann man sein Alter eh nicht! Und sein Leben ist voller Erlebnisse.

Jahrzehntelang prägt der Urschlagzeuger der Dessauer "Tangenten" (60er Jahre) nun schon die Musikszene der Stadt. Supergerne lebt er sich hinter seinen Drums aus. Er kann aber auch Ziehharmonika oder Keyboard spielen. Er mag Hardrock von Deep Purple, man trifft den einstigen Musiklehrer und Sportfan aber auch regelmäßig als Leiter mehrerer Chöre im Genre Volksmusik an. Er gab und gibt noch immer bei Bedarf Instrumentalunterricht in der Justizvollzugsanstalt und Musikunterricht in verschiedenen Einrichtungen der Stadt. Er war sich nie zu schade für Schlager, Pop- und Tanzmusik und half sogar schon mal in einer Blasmusikkapelle aus. Darüber hinaus wissen viele Veranstalter, z.B. die Dessauer Stadtwerke oder die Ausrichter des alljährlichen Weihnachtsmarktes, sein Organisationstalent zu schätzen. Dessen musikalische Ausgestaltung wird nicht umsonst in die bewährten Hände des Wahl-Kochstedters gelegt.

In Dessau geboren verbringt Peter Arndt einen großen Teil seiner Kindheit in Lübeck und Bremen. In der Freien Hansestadt macht er beim damaligen Weltmeister im Ziehharmonikaspielen seine erste Bekanntschaft mit einem Instrument. Vor allem aber prägte ihn die Sturm- und Drangzeit: Zurück an Elbe und Mulde besuchte der damals Halbwüchsige die einstige Erweiterte Oberschule Rosa Luxemburg. Im Keller des Hauses - welch ein Zufall - probte die Schülerband. Zwei Jahre später steht Peter Arndt zu Proben mit Freunden selbst in jenem Bandkeller. "Wir nannten uns Domi-Combo in Erinnerung an den traumhaften Pianisten der ersten Schülerband", erinnert er sich.

Zwei Jahre Sportstudium an der DHfK folgen nach absolvierter Reifeprüfung. Die Musik kommt trotzdem nicht zu kurz. Und das spätere Musikpädagogikstudium ebenfalls nicht. Als Arndt 1965 in Köthen an der Kastanienschule und später an der Bachschule seine Lehrertätigkeit aufnimmt, ist er der Exot, der wegen seines unkonventionellen Unterrichts von seinen Schülern geliebt und von manchem Funktionär kritisch beäugt wird. Denn im Unterricht gibt es auch Jazz- oder Rockmusik zu hören.

Als Lehrer Arndt 1972 nach Dessau kommt, kennen ihn viele als Bandmitglied von "Intension", später als Schlagzeuger der "Orbita-Singers", auch als Schlagzeuger der Gruppe "Phagt", die im damaligen Majakowski-Haus probt und die sich auf sich 1976 vorbeugend auflöst, um der mangelnden Akzeptanz von "Oben" aus dem Weg zu gehen. Die Gruppe wird überraschend von einem ZDF-Fernsehteam interviewt. "Wir wussten, dass das Ärger geben wird, dem wir mit unserer Auflösung aus dem Weg gehen wollten" erinnert sich Arndt, der sich häufiger mit der Politik in der DDR reibt und für seine Art Musikmachen streitet. Beispielsweise für ein zu DDR-Zeiten sehr fortschrittliches Jugendweiheprogramm, das in Zusammenarbeit mit der Gruppe "Elan" entstand. Das musste in Berlin abgesegnet werden.

Manchmal spricht aus ihm heute noch der Lehrer. Zum Beispiel, wenn er sagt "Musik ist ein geniales Unterrichtsfach. Man war immer der andere, aufgrund der Anerkennung der Schüler."

Zurück zu "Phagt": Seit 2011 spielt die Band wieder Songs von Deep Purple, Bob Dylan, ZZ-Top. Musiker wie Publikum genießen die Titel alter Barden. Da ist es keine Frage, dass die Band demnächst ein Geburtstagsständchen spielen wird. Und mit ihr viele andere Musiker und Wegbegleiter auch.