Partnerschaften mit vielen Nationen Partnerschaften mit vielen Nationen : Dessauer Schüler im Nahen Osten

Dessau - Die Welt kennenlernen, sich über nationale Grenzen hinweg auch Dank des Internets oder durch internationale Schüleraustauschprogramme zu bewegen, ist für junge Menschen heute eine Selbstverständlichkeit. Für das Gymnasium Philanthropinum war es das auch schon in der weit zurückliegenden Vergangenheit. Vor über 240 Jahren wurde die reform- pädagogische Schule in Dessau gegründet. „Im Geiste der Aufklärung“, wie zum Neujahrsempfang am Dienstagabend der Schulleiter Eckhard Zilm betonte. Es war kein geringerer als Immanuel Kant, der im vom Dessau fernen Königsberg Kunde vom Philanthropinum bekam und Sprösslingen aus seinem Lebensumfeld empfahl, diese Schule zu besuchen. Mancher tat es tatsächlich. Eine fruchtbare Verbindung zwischen Ostpreußen und Anhalt entstand.
Ein Gewinn für beide Seiten
Heute, im 21. Jahrhundert, orientieren sich die Dessauer Schüler des Philanthropinums eher Richtung Mercedes in Texas, USA, nach Breslau in Polen, Roudnice in Tschechien. Als bisher jüngste internationale Schulpartnerschaft des Dessauer Gymnasiums wird Roudnice gerade von Talitha Kumi abgelöst. Das Schulzentrum in Beit Jala bei Bethlehem bietet palästinensischen Mädchen und Jungen, christlichen und muslimischen Glaubens einen gemeinsamen Schulbesuch bis zur 12. Klasse. Träger dieser ursprünglich von Deutschen im 19. Jahrhundert gegründeten Schule ist das Berliner Missionswerk.
Am 27. Dezember 1774 gründete der Reformpädagoge Johann Bernhard Basedow in Dessau das Philanthropinum in den Räumen der heutigen Wissenschaftlichen Bibliothek in der Zerbster Straße. Als Schule der Menschenfreunde mit lebenspraktisch orientiertem Unterricht, überkonfessionell und vom Stand ungebunden, war die Dessauer Lehranstalt Vorbild für Schulen in ganz Deutschland, Skandinavien, USA und Russland.
Heute hat sie ihren Sitz in der Friedrich-Naumann-Straße. In den vergangenen Jahren ist das ursprüngliche Schulgebäude um ein Sport- und Kurshaus erweitert worden. 794 Schüler der Klasse fünf bis zwölf werden derzeit an der Schule von insgesamt 60 Lehrern unterrichtet. Das Gymnasium in Dessau ist als Schule ohne Rassismus und als Lehreinrichtung zur besonderen Begabtenförderung zertifiziert. Es besteht auch ein reger Schüleraustausch mit Partnerschulen.
Am 14. September 2015 hat Eckhard Zilm in Palästina den Kooperationsvertrag zwischen Talitha Kumi und dem Philanthropinum unterzeichnet. Von Ende April bis Anfang Mai werden 15 Dessau-Roßlauer Schüler das Schulzentrum im Nahen Osten besuchen. Ein Gegenbesuch soll im Juni erfolgen. Zusammen mit dem Präsidenten der Anhaltischen Landeskirche, Joachim Liebig, hat Zilm die Schulpartnerschaft auf den Weg gebracht. Unterstützt dabei wurden sie von Jens Gieper, Nahost-Referent beim Berliner Missionswerk. Er sieht einen großen Gewinn für beide Seiten. „Die deutschen Schüler bekommen einen kleinen Einblick in das Leben in einem konfliktbeladenen Umfeld.
Reise zu sich selbst
„Unsere Schüler tauchen durch die Partnerschaften und Austauschprogramme in andere Sprachen und Kulturen ein und lernen dabei nicht nur das Fremde, sondern ein stückweit auch sich selbst kennen“, weiß Zilm um die große Bedeutung der heutigen Schulpartnerschaften. „Gerade in diesen Zeiten, die wir gerade erleben, ist der persönliche Austausch besonders wichtig, um die Herausforderungen gemeinsam zu meistern“, unterstreicht der Dessauer Schulleiter.
Die vielen Facetten der USA lernen regelmäßig Schüler des Philanthropinums der 9. und 10. Klassen in einem dreiwöchigen Schulaufenthalt in Mercedes im südlichen Texas und mit einem anschließendem Kurztrip nach New York kennen. Im polnischen Breslau entdecken junge Polen und Doppelstädter mehr europäische Gemeinsamkeiten als nationale Unterschiede. Mit Besuchen und Gegenbesuchen gehen tschechische Schüler und Dessau-Roßlauer Gymnasiasten des Philanthropinums seit 2009 gemeinsam in Anhalt und Roudnice bei Prag auch auf Spurensuche in die Vergangenheit.
„Nicht nur die NS-Zeit auch die Vertreibung 1945 hat Tschechien und Deutschland sehr geprägt. Oft kommen auch Verwandte unserer Schüler und Lehrer ursprünglich aus dem ehemaligen Sudetenland in der heutigen Tschechischen Republik“, erinnert René Münzberg, Sport- und Geschichtslehrer am Philanthropinum. (mz)
