Pannen- und Abschleppdienst Pannen- und Abschleppdienst: 365 Tage im Jahr stets auf dem Sprung
Köthen/MZ. - Die Männer vom Pannen- und Abschleppdienst sind immer auf dem Sprung. 365 Tage im Jahr und 24 Stunden am Tag müssen Firmenchef Wolfgang Lehmann oder seine Kollegen erreichbar sein. So verlangt es der Vertrag mit dem Allgemeinen Deutschen Autoclub (ADAC), den Lehmann seit über zehn Jahren in der Tasche hat.
Irgendwie hat der heute 53-Jährige nach der Wende den richtigen Riecher gehabt. "Ich war der erste, der Orbita verlassen hat", erzählt er. Dort in Weißandt-Gölzau war er zu DDR-Zeiten Kfz-Werkstattmeister und Fuhrparkleiter.
Sich selbstständig machen, das war von jeher sein Traum, der Anfang der 90-er Jahre wahr werden sollte. Um zu erfahren, wie man das richtig anpackt, hat sich Lehmann kurzerhand ins Auto gesetzt und ist in Richtung Westen gefahren. Pannenhilfe und Abschleppdienst - das habe Zukunft, riet man ihm. Und noch einen anderen Rat habe er sehr ernst genommen, sagt Lehmann: "Kleine Schritte machen." Sein erster Kredit, das waren 30 000 D-Mark.
Mit einer freien Reparaturwerkstatt fing Wolfgang Lehmann am 1. April 1990 auf seinem Wohngrundstück in der Langen Straße in Köthen an. Den Grund und Boden hat er nach der Wende gekauft. Das angrenzende Grundstück der ehemaligen Lederwarenfabrik zu erwerben, habe allerdings "einen langen Kampf erfordert", beschreibt er. Erst 1997 konnte er dafür endlich den Kaufvertrag unterschreiben, hatte allerdings noch drei Jahre lang Auflagen der Treuhand zu erfüllen.
Für einen Werksvertrag mit dem ADAC sei er damals bis Hannover gefahren. "Da gab es hier noch nichts", erzählt er. Neben der Pannenhilfe hatte der umsichtige Kfz-Meister aber auch schon die Autoverwertung im Auge. "Damals wollten doch alle ihre alten Trabis, Wartburgs und Wolgas loswerden", sagt er. Doch dafür eine Genehmigung zu bekommen, sei nicht einfach gewesen. Immer wieder wurde sein Antrag abgelehnt, wogegen Lehmann ebenso oft in Widerspruch ging. 1998 erhielt er die erforderliche Zertifizierung für die Autoverwertung vom TüV.
Mittlerweile bietet Wolfgang Lehmann die Unfallbetreuung sozusagen von A bis Z an. Vom Abschleppen des Fahrzeuges über die Bereitstellung eines Mietwagens, die Beauftragung des Gutachters, die Verhandlung mit der Versicherung, die Autoreparatur oder im Falle eines Totalschadens eben auch die Autoverwertung. Sechs Mitarbeiter vom Kfz-Schlosser bis zur Sekretärin beschäftigt Wolfgang Lehmann derzeit in seinem Betrieb.
Womit der Köthener sein Brot verdient, das geht für die Betroffenen oft mit viel persönlichem Leid einher. Wenn der Abschleppdienst zu Unfällen gerufen wird, um schrottreife Autos abzutransportieren, werden Lehmann und seine Leute nicht selten mit den Unfallopfern konfrontiert. Auch die jüngeren Unfallorte bei Wülknitz, Mennewitz und Porst hat er vom Blech beräumt, in dem allesamt junge Leute ums Leben kamen.
Bilder, die ihn manchmal nachts noch verfolgen. Doch würde Lehmann sich da hineinsteigern, könnte er den Job nicht mehr machen. Dennoch ist er oft entsetzt über die Selbstüberschätzung, die so manchem schweren Verkehrsunfall zugrunde liegt. Oft beherrschen die Unfallverursacher die Fahrzeuge nicht, die sich dann als tödliche Geschosse erweisen. Doch es gibt auch erfreuliche Begebenheiten im Berufsalltag des Kötheners. Immer dann, wenn er als Pannenhelfer unterwegs ist und Leuten in Notsituationen aus der Patsche hilft.
Wie zum Beispiel jenem Pechvogel, der wegen eines Rohrbruchs in seinem Wohnhaus in Hannover aus dem Urlaub in Tschechien zurückgerufen wurde und dann auf der A 14 kurz vor Bernburg liegen blieb, weil er sich an seinem Mercedes die Motorwanne an einem auf der Fahrbahn herumliegenden Gegenstand aufgerissen hatte. Zuvor war der ältere Herr schon in eine Radarfalle geraten. Da lagen natürlich die Nerven blank. "Eigentlich hätte ich den Mann nicht bis Hannover fahren dürfen", erzählt Lehmann. Da gibt es genaue Absprachen mit dem ADAC über Zuständigkeiten. Aber das sei dann doch ein Extremfall gewesen, der sich am Ende klären ließ.
Zuständig ist Wolfgang Lehmann normalerweise für einen Umkreis von 25 Kilometern von seiner Werkstatt und für die Autobahnkilometer 110 bis 160 auf der A 14. Gerufen wird er bei Pannen sowohl vom ADAC als auch von dem ihm angeschlossenen Clubs. Bei Verkehrsunfällen oder auch bei Fahrerflucht sind es meist Polizei oder Staatsanwaltschaft, die ihn hinzuziehen.
"Wir sind für solche Einsätze ausgebildet", sagt Lehmann. Und dass es zum Beispiel äußerst gefährlich sei, auf der Autobahn aus seinem Fahrzeug auszusteigen, wie das kürzlich bei dem Unfall auf der A 14 bei Bernburg passiert ist. Ohne Schutzkleidung kann so ein Einsatz lebensgefährlich sein, weiß der Meister. Und es gebe auch kein Pardon, wenn ein Mitarbeiter die vorgeschriebene Jacke mit dem gelben Leuchtstreifen nicht anziehen würde.
Dennoch sind es nicht immer die schwersten Unfälle, die auf der Autobahn passieren, weiß Lehmann. Die Landstraße hat kräftig aufgeholt. Wind und Wetter, Hektik bei den Fahrern, die Ursachen sind vielfältig. An den Feiertagen aber, sei es in den letzten Jahren eher ruhig gewesen. Mal abgesehen vom Wintereinbruch zu Weihnachten 2003. Da waren selbst den Profis vom Abschleppdienst Lehmann zeitweise die Hände gebunden.