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Nur eine öffentliche Toilette Nur eine öffentliche Toilette in Dessau: Sollen Gaststätten jetzt ihre Türen für jeden öffnen?

Von Heidi Thiemann 01.11.2017, 09:31
Die einzige öffentliche Toilette befindet sich in der Muld-/Ecke Schlossstraße. Eine Firma kümmert sich täglich um die Reinigung.
Die einzige öffentliche Toilette befindet sich in der Muld-/Ecke Schlossstraße. Eine Firma kümmert sich täglich um die Reinigung. Lutz Sebastian

Dessau - Was machen, wenn die Blase drückt? Wohin sich wenden in seiner Not? Bauch einziehen und Luft anhalten? Gerlinde Lechler findet das gar nicht lustig. Es gibt, kritisiert die Berlinerin, „nur eine einzige öffentliche Toilette in Dessau. Das ist viel zu wenig“.

Mehr stille Örtchen müssen her, sagt die Frau, die in Dessau eine Angehörige pflegt. Denn Müssen müssen, aber nicht können, sei etwas, was die Stadt nun gar nicht liebenswert mache und bei Touristen unattraktiv, appellierte sie in einem Brief an den Oberbürgermeister.

„Es nutzt nichts, sich Bauhausstadt Dessau zu nennen, wenn in der Umgebung der Bauhausbauten keine öffentlich zugänglichen Toiletten sind, wenn die Bürger und Gäste nach Schließung der Bauhausbauten noch unterwegs sind, lange auf Nachtbahnen oder Züge warten müssen“, schrieb sie.

Gaststätten sollen ihre Toiletten für die Öffentlichkeit zugänglich machen

Die einzige öffentliche Toilette befindet sich in der Muldstraße/Ecke Schlossstraße. „Wir werden zunächst die Wegweisung bzw. die Beschilderung veranlassen“, heißt es im Antwortschreiben von Kerstin Trute im Auftrag des Oberbürgermeisters an Lechler.

Und weil man im Referat des Oberbürgermeisters - auch in Rücksprache mit dem Seniorenbeauftragten Bernd Wolfram - weiß, dass gerade bei älteren Menschen das Fehlen öffentlicher Toiletten als Mangel empfunden wird, sei die Idee einer Kampagne entstanden. Gaststätten sollten überzeugt werden, ihre Toiletten gegen einen Obolus für die Öffentlichkeit zugänglich zu machen.

„Diese Variante scheint eher umsetzbar und wesentlich kostengünstiger zu sein, als weitere öffentliche Anlagen zu errichten. Damit wird außerdem eine höhere Dichte an verfügbaren Toiletten erreicht werden können, als mit Toilettenhäuschen“, schreibt Trute.

Vor allem ältere Menschen bemängeln das Fehlen öffentlicher Toiletten

„Das ist ein ernstes Problem, nicht nur in unserer Stadt“, weiß Bernd Wolfram um die Schwierigkeit gerade für Ältere im Falle eines Falles schnell ein stilles Örtchen zu finden. Weshalb das Thema nicht unter den Teppich gekehrt werden soll, sondern am Donnerstag besprochen, wenn sich der Seniorenbeirat mit Sozialdezernent Jens Krause trifft.

„Natürlich wäre es schön, wenn es mehr öffentliche Toiletten gebe würde“, sagt Guido Fackiner, Chef der Stadtmarketinggesellschaft. Dass das aber ein brennendes Thema sei, das Touristen bewegt, glaubt er eher nicht. „Uns liegen keine Beschwerden vor“, sagte er der MZ.

Der Marketingexperte weiß: „Überall an den touristischen Zielen gibt es Möglichkeiten.“ Ob im Bauhaus, an den Meisterhäusern oder im Technikmuseum. Abends seien Touristen in Hotels und Gaststätten, auch dort gibt es kein Problem. „Und schon heute“, verweist Fackiner, „gibt es sehr viele Gaststätten, die gegen einen Obolus auch Nichtgaststättenkunden ihre Toilette zur Verfügung stellen.“

Die öffentliche Toilette der Muld-/Ecke Schlossstraße soll sichtbarer gemacht werden

Generell aber würde die Stadtmarketinggesellschaft „eine Qualitätssteigerung begrüßen“. Will heißen: Nicht jedem Toilettengast sollte wegen 50 Cent hinterhergerannt werden. „Wir sollten uns vielmehr über Gäste in der Stadt freuen.“

Doch auch das Stadtmarketing reagiert auf Lechlers Einwurf. Im nächsten Stadtplan für Touristen werde die öffentliche Toilette in der Muld-/Ecke Schlossstraße sichtbarer gemacht. Ansonsten, sagt Fackiner, wird sich die Situation in der Innenstadt mit dem Bauhausmuseum verbessern. „Der untere Bereich wird öffentlich zugänglich sein.“ Auch hier werde es Toiletten geben.

Toilette am Hauptbahnhof nach 20 Uhr nicht mehr erreichbar

Und wie sieht es mit dem Dessauer Hauptbahnhof aus? Nach 20 Uhr, so bemängelt die Berlinerin Lechler, ist die Toilette nicht mehr erreichbar. Eine rechtliche Verpflichtung zum Betreiben einer Toilette gibt es bei diesem Bahnhof nicht, weiß Kerstin Trute.

„Hierfür ist die Frequentierung nicht hoch genug.“ Trotzdem: Ein Pächter kümmert sich als Ein-Mann-Unternehmen um dieses stille Örtchen. Weil nach 20 Uhr kaum Besucher kamen, ist dort um diese Uhrzeit Schluss.

„Wir können nur hoffen“, sagt Trute, „dass der Pächter noch lange bleibt. Auf vielen Bahnhöfen gibt es nämlich gar keine Toilette mehr.“ (mz)