Mordprozess Yangjie Li Mordprozess Yangjie Li: Untersucht jetzt ein Amtsarzt die Mutter des Angeklagten?
Dessau - Im Mordprozess Yangjie Li könnte sie einer der wichtigsten Zeugen sein.Doch bislang ist die Mutter des Hauptangeklagten nicht vor dem Landgericht in Dessau erschienen. Ein Arzt hatte ihr attestiert, vernehmungsunfähig zu sein.Ob die seit Monaten krank geschriebene Polizistin aussagen würde, ist ohnehin fraglich. Dabei hätte sie Antworten auf wichtige Fragen: Zu welchem Zeitpunkt wusste sie was zum Fall? Was sagt sie zu den Vorwürfen der Einflussnahme auf Ermittlungen?
Der 21-jährige Sebastian F. und seine gleichaltrige Ex-Freundin Xenia I. sind angeklagt, im Mai vergangenen Jahres die chinesische Studentin Yangjie Li gemeinsam ermordet und vergewaltigt zu haben. In einem MZ-Interview nach der Festnahme des damaligen Paares im Mai 2016 berichtete die Mutter von einem Telefonanruf von Xenia I., in dem Xenia I. die Version vom angeblich freiwilligen Sex zu dritt mit dem späteren Mordopfer erzählt hatte. Der Stiefvater, er war Leiter des Dessau-Roßlauer Polizeireviers, hatte zuvor beim Umzug des Paares geholfen.
Wie krank ist Sebastian F.s Mutter wirklich?
Doch vor Gericht sind bisher beide nicht erschienen. Die Mutter legte vor ihrem Termin am 31. Januar ein Attest über eine akute Belastungsstörung mit depressiven Symptomen sowie ein Schreiben vor. Darin erklärte sie, sich für die Teilnahme am Prozess nicht in der Lage zu sehen.
Daran meldete die Nebenklage diesen Montag vor dem Landgericht Zweifel an und beantragte, einen Amtsarzt einzuschalten. „Das Gericht wird nach eigenem Ermessen zu gegebener Zeit darüber befinden“, sagte Sprecher Frank Straube der MZ, „ob es sich mit einem fachärztlichen Attest begnügt oder bei etwaigen Zweifeln eine amtsärztliche Untersuchung anordnet.“ Sollte ein Amtsarzt hinzugezogen werden, so wäre vorrangig die Stadt Dessau-Roßlau zuständig.
Unabhängig von einer Entscheidung eines Amtsarztes steht der Mutter ein Zeugnisverweigerungsrecht zu. Sie müsste also keine Aussagen machen, dies aber im Prozess vor dem Landgericht angeben. Solange sie nicht erscheint, kommt sie auch nicht in die Situation, sich auf dieses Zeugnisverweigerungsrecht berufen zu müssen, um ihren Sohn möglicherweise nicht zu belasten.
Stiefvater des Angeklagten kann Aussage verweigern
Ebenfalls nicht aussagen muss der Stiefvater des Angeklagten, der für kommenden Dienstag geladen ist. „Die Kammer geht davon aus, dass er zum Hauptverhandlungstermin erscheint“, so Straube. Bisher habe er kein Attest vorgelegt, das ihm Verhandlungsunfähigkeit bescheinigt.
Ein Zeugnisverweigerungsrecht steht ihm „aufgrund seines Näheverhältnisses zum Angeklagten“ zu. Dies haben laut Strafprozessordnung beispielsweise der Verlobte, Ehegatte und der Lebenspartner des Beschuldigten. Aber auch Personen, die in gerader Linie verwandt oder verschwägert, in der Seitenlinie bis zum dritten Grad verwandt oder bis zum zweiten Grad verschwägert sind oder waren.
Aus dem Bürgerlichen Gesetzbuch, in dem Verwandtschaft und Schwägerschaft definiert sind, lässt sich ableiten, dass auch ein Stiefvater nicht als Zeuge aussagen muss: „Die Verwandten eines Ehegatten sind mit dem anderen Ehegatten verschwägert.“ Damit ist Sebastian F. als Sohn mit dem Stiefvater verschwägert.
Verhandlungstermine noch bis Ende Mai
Das Zeugnisverweigerungsrecht ist umfassend. Ein Zeuge muss keinerlei Angaben machen, auch nicht in Teilen.
Wann in dem Prozess ein Urteil gesprochen werden kann, ist nicht absehbar. Er hatte Ende November begonnen. Weitere Verhandlungstermine sind laut Landgericht derzeit bis zum 30. Mai angesetzt. Am kommenden Montag wird der Prozess fortgesetzt. Geladen sind ein Polizeibeamter und eine Sachverständige. (mz)