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Krankenhaus in Finanzierungsnot Millionenverluste im Dessauer Klinikum: Welche Hintergründe und Strategien es bis 2028 gibt

Das Städtische Klinikum hat nicht erst 2024 Millionenverluste eingefahren. Nun belasten sie den städtischen Haushalt von Dessau-Roßlau. Die Klinikleitung erklärt, woher die Verluste kommen und was getan wird.

Von Heidi Thiemann 22.01.2025, 11:38
Der Ärztliche Direktor Joachim Zagrodnick (l.) und Verwaltungsdirektor André Dyrna positionieren sich zu den Schulden des Klinikums.
Der Ärztliche Direktor Joachim Zagrodnick (l.) und Verwaltungsdirektor André Dyrna positionieren sich zu den Schulden des Klinikums. (Foto: Thomas Ruttke)

Dessau-Rosslau/MZ. - 2028 will das Städtische Klinikum Dessau wieder eine „Schwarze Null“ schreiben. Das haben Verwaltungsdirektor André Dyrna und der Ärztliche Direktor Joachim Zagdrodnick als Ziel ausgegeben, nachdem das Krankenhaus 2024 einen Verlust von etwa 30 Millionen Euro verbuchen muss und weitere Verluste in Folgejahren.

Die Rücklagen sind aufgebraucht

Wie 80 Prozent der Krankenhäuser bundesweit steckt das Klinikum, ein Eigenbetrieb der Stadt, in tief roten Zahlen – und wird damit zur Belastung für den Haushalt von Dessau-Roßlau. Die Stadtverwaltung hat mittlerweile die Haushaltsberatungen für 2025 gestoppt. Der Finanzbeigeordnete André Ulbrich hatte vergangene Woche erklärt, dass man gehofft habe, „das Minus beim Klinikum belassen zu können und nicht in unserem Haushalt abbilden zu müssen“.

Das Dessauer Klinikum  fährt Millionenverluste  ein  – wie 80 Prozent der Krankenhäuser in Deutschland.
Das Dessauer Klinikum fährt Millionenverluste ein – wie 80 Prozent der Krankenhäuser in Deutschland.
(Foto: Thomas Ruttke)

„Bisher konnten wir die Verluste immer aus eigener Kraft ausgleichen. Die Rücklagen sind aufgebraucht“, sagt Dyrna, nachdem zuletzt 17 Millionen Euro für 2023 ausgeglichen wurden. Bei dem für 2024 prognostizierten Verlust von 30 Millionen schaffe es das Klinikum nicht mehr selbst, das Minus auszugleichen. Das Defizit summiere sich bis 2027 auf 65 Millionen, so Dyrna. Die Krux: Die Stadt als Träger müsse diese ausgleichen, obwohl sie für die Finanzierung des Klinikums nicht zuständig ist.

Vier Jahre schon gibt es keine Anpassung bei der Vergütung von Leistungen und Betriebskosten für die Kliniken

Kliniken in Deutschland werden durch zwei Säulen finanziert. Zum einen reichen die Länder Mittel für Investitionen aus, zum anderen gibt es festgelegte Vorgaben für die Vergütungen durch die Krankenkassen. „Das vierte Jahr in Folge gibt es aber keine Anpassung für die Preise, die Krankenhäuser für ihre Leistungen erheben können“, kritisiert der Verwaltungsdirektor.

„Das System passt nicht zur Inflationsentwicklung in den letzten Jahren, zu den Tariferhöhungen im Öffentlichen Dienst, zu höheren Vergütungen für Ärzte, zu gestiegenen Sachkosten für Arznei und medizinische Geräte oder höheren Energiekosten.“ Zwangsläufig kämen Krankenhäuser so ins Straucheln.

Erst am Montag hatten die Pfeifferschen Stiftungen in Magdeburg Insolvenz angemeldet. Sie müssen im Schutzschirmverfahren saniert werden. Die Krankenhausgesellschaft Sachsen-Anhalt hatte schon Monate zuvor vor Insolvenzen von Kliniken im Land gewarnt.

Bundesweit stehen die meisten kommunalen Kliniken vor Herausforderungen

Bundesweit stehen die meisten kommunalen Kliniken vor großen Herausforderungen. In Leipzig hat das Klinikum St. Georg für 2023 38 Millionen Defizitausgleich erhalten, die Kreditlinie soll auf 200 Millionen wachsen. Die Stadt Köln wiederum will ihren Kliniken eine halbe Milliarde Schulden erlassen.

Allein für 2023, so hat der Bundesverband Deutscher Privatkliniken aus Presseberichten zusammengetragen, lag der Defizitausgleich für kommunale Krankenhäuser bei 900 Millionen – die Dunkelziffer dürfte größer sein.

Fördermittel, „die uns zustehen“ hat das Dessauer Klinikum bisher nicht erhalten

Doch wie will das Dessauer Klinikum wieder in ruhigeres Fahrwasser kommen? „Das Ziel ist die Konsolidierung“, sagt Joachim Zagrodnick. „Und noch immer warten wir auf Mittel, die uns zustehen.“ So seien vor drei Jahren 17 Millionen Euro Fördermittel beim Bund beantragt worden für die Fusion von Klinikum und Diakonissenkrankenhaus, das zu einem ambulanten Zentrum umgewandelt wurde. Einen kleinen Teil habe das Land übernommen. „Wir hatten nicht mit dieser langen Bearbeitungszeit gerechnet“, gibt Dyrna zu.

Sanierungsplan soll helfen, das Minus abzubauen. Wieder mehr Patienten sind das Ziel

Mehr Geld in die Kassen spülen soll der Sanierungsplan, der für das Klinikum in Auftrag gegeben wurde. Der sieht unter anderem eine Steigerung der Patientenzahlen vor. Seit Corona gab es einen Einbruch. „Bis 2021 hatten wir mehr Patienten, als wir bewältigen konnten“, gibt Zagrodnick zu.

Mehr Patienten verheißen mehr Einnahmen für das Klinikum, das neben den Universitätskliniken Halle und Magdeburg der drittgrößte Versorger im Land und ein Krankenhaus der Maximalversorgung ist. „Patienten müssen nicht nach Halle, Magdeburg oder Leipzig fahren“, sagt Zagrodnick.

Warten auf das von Gesundheitsminister Karl Lauterbach angeschobene Gesetz

Patienten würden in Dessau ebenfalls in hoher Qualität behandelt, beispielsweise im Onkologischen Zentrum. Das hat sich neben Magdeburg, Halle und Stendal für die flächendeckende und heimatnahe Krebstherapie etabliert. Offenbar würden Patienten und niedergelassene Ärzte nicht wissen, „welche Fächer und welches Spektrum wir haben“, so Zagrodnick.

Alleine aber wird eine höhere Auslastung die Gesamtsituation des 770-Betten-Hauses nicht retten, weil es eine auskömmliche Finanzierung braucht, sagt Dyrna. Zwar sei das von Gesundheitsminister Karl Lauterbach angeschobene Krankenhausversorgungsverbesserungsgesetz verabschiedet worden; wie es umgesetzt wird bis Ende 2026 sei unklar. Ebenso, welche Auswirkungen die Bundestagswahl im Februar haben werde.