Luna-Park am Wochenende Luna-Park am Wochenende: Wiese vorm Kraftwerk in Dessau wird zum Rummelplatz

Dessau - Unterhalb der Brauereibrücke auf der Wiese vorm Dessauer Kraftwerk wächst der Luna-Park. „Butterfly, Autoscooter, Piratenschiff, Losbude, Pfeilwerfen, Entenangeln...“, zählt Bettina Jacobi auf, wird es hier geben. Insgesamt 20 Geschäfte. Ab Sonnabend, 27. Juni, jeweils am Wochenende von 14 bis 21 Uhr.
Fünf Wochen lang. „Das wird ein kleiner gemütlicher Familienpark für Groß und Klein“, sagt die Schaustellerin und ist froh, dass es endlich wieder losgehen kann. Fahrgeschäfte locken, ein großer Freisitz zum Verweilen, auch fürs leibliche Wohl wird gesorgt. „Die Leute sollen hier abschalten, Spaß haben“, sagt sie.
Jacobi ist 43. „Acht Monate Zuhause waren wir noch nie“, stellt sie fest und schüttelt den Kopf. Als Schaustellerkind „war ich schon von Geburt an unterwegs“, erzählt sie, die selbst zwei Kinder hat.
Von März bis Oktober sind die Schausteller normalerweise unterwegs
Von März bis Oktober sind die Schausteller unterwegs, dann noch mal zum Weihnachtsmarkt. Jacobi ist es nicht anders gewohnt. Wie auch ihr Mann Nico. Beide sind Schausteller in vierter beziehungsweise fünfter Generation. Vor 21 Jahren haben sie sich kennen gelernt - natürlich auf dem Rummelplatz - und sind seit 20 Jahren selbstständig als Team unterwegs.
Doch das 20. Jahr zerrt an den Nerven. Als Corona nicht nur in Asien, sondern auch langsam in Europa zum Thema wurde, war das Ehepaar gerade im Urlaub. Anfang / Mitte März wollten beide nach der Winterpause wieder loslegen. Gerade hatten sie mehrere tausend Euro in ihr Fahrgeschäft investiert, um es auf Vordermann zu bringen.
„Das war eingeplant und im Herbst in Auftrag gegeben.“ Doch der Twister hob seitdem noch nicht ab. Nicht zum Frühjahrsvolksfest in Wurzen, nicht zur Kleinmesse in Leipzig, nicht in Arnstadt, Stadtilm, Leinefelde oder Duderstadt. 25 Plätze, quer durch Deutschland, hätten Jacobis angesteuert. Aber die Wagen blieben bislang auf dem Hof im Hinsdorf stehen.
Etwa 5.000 Schaustellerbetriebe gibt es in Deutschland
„Das zerrt an den Nerven“, gibt sie zu. „Manche Kollegen sind total verzweifelt.“ Etwa 5.000 Schaustellerbetriebe gibt es in Deutschland. Sie alle trifft es hart. Hieß es zuerst, bis 31. August dürften keine Volksfeste stattfinden, wurde dies nun bis Oktober verlängert. „Das ist für uns der Super-Gau.“ Die Frage ist: Wie können die Betriebe überhaupt überleben?
„Schausteller bringen Licht ins Dunkel der Welt“, habe der Papst 2016 bei einer Audienz mit Schaustellern gesagt. Jacobis Augen leuchten. Der Heilige Vater habe das verstanden. Doch die Politik, kritisiert sie, habe sich bisher schwer getan. Besonders empört sie, dass Gesundheitsminister Jens Spahn meinte, Volksfeste seien am ehesten verzichtbar in Corona-Zeiten. Doch hier hängen die Existenzen der Schausteller dran. Zwar haben auch Jacobis von 9.000 Euro Soforthilfe profitiert, „die sind nur für Betriebskosten“. Der Kühlschrank wird nicht voll davon.
Dessauer Firmen halfen, das Gelände einzuzäunen
Den Kopf in den Sand stecken? „Wir sind Berufsoptimisten“, lächelt Jacobi tapfer und ist froh, dass ihr Mann Nico die Idee mit dem temporären Freizeitpark hatte. Mit Hilfe ihres ältesten Sohnes, der Lehramt studiert, hatten sie das Konzept geschrieben, im Mai beim Dessauer Oberbürgermeister, beim Ordnungsamt und im Kulturamt eingereicht. „Am 15. Juni kam die Erlaubnis“, sagt die Schaustellerin erleichtert.
Vier Tage später wurde mit dem Aufbau begonnen. Dessauer Firmen halfen, das Gelände einzuzäunen und Tore für den Ein- und Ausgang zu gestalten. Jacobis haben ihr Fahrgeschäft aufgebaut, auch ihre Onkel, Tanten, Cousins, Schwager, Vater... sind dabei mit ihren Geschäften. Doch nicht nur Familienmitglieder, auch befreundete Schausteller laden ein. „Das soll attraktiv werden, für jeden etwas dabei sein“, sagt Jacobi. „Die Leute sollen sich hier wohlfühlen.“
Am besten sei es, den Besuch vorab zu reservieren
Wohlfühlen unter Corona-Regeln. Am besten sei es, den Besuch, der auf maximal zwei Stunden begrenzt ist, vorab zu reservieren. „Wir dürfen nur maximal 100 Personen zeitgleich einlassen“, begründet Jacobi die Vorgaben. Dazu gehört auch, dass für alle Besucher ab sechs Jahre Maskenpflicht besteht. Außerdem ist es erforderlich, um Infektionsketten zurückverfolgen zu können, dass die Besucher - wie in Gaststätten auch - eine Registrierung ausfüllen.
Trotz der Vorgaben: „Wir müssen es versuchen“, sagt Bettina Jacobi. „Vielleicht freuen sich die Dessau-Roßlauer ja. Es ist doch unser Beruf, Menschen Freude zu machen.“ Wenn alles gut angenommen werde, ist auch eine Verlängerung möglich. Dann öffnet der Luna-Park bis Ende August jeden Sonnabend und Sonntag. (mz)
Anmeldung empfohlen unter Telefon 0176/88029163.
