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Anhaltische Hospizgesellschaft in Dessau Lebensabend im eigenen Zuhause: Palliativ-Care-Team aus Dessau steht vor vielen Herausforderungen

400 Patienten im Jahr werden in Dessau-Roßlau von den zehn Schwestern vom Team der Spezialisierten Ambulanten Palliativversorgung betreut. Der Dienst feiert 15-jähriges Bestehen. Was seine Aufgaben sind.

Von Sylke Kaufhold 16.06.2024, 09:00
Anni Martinke in der „Schaltzentrale“ des ambulanten Palliativdienstes in der Kühnauer Straße 40. Der große Präsentkorb auf dem Tisch ist  das Dankeschön von Angehörigen für die Begleitung.
Anni Martinke in der „Schaltzentrale“ des ambulanten Palliativdienstes in der Kühnauer Straße 40. Der große Präsentkorb auf dem Tisch ist das Dankeschön von Angehörigen für die Begleitung. fotos: Thomas Ruttke

Dessau/MZ. - Der Dienst fängt für Anni Martinke an diesem Montag um 14 Uhr an. Bis zum nächsten Morgen, 8 Uhr, ist die Schwester des Palliative-Care-Teams der Anhaltischen Hospizgesellschaft im Dienst.

Sie versorgt, betreut und begleitet Menschen in der letzten Lebensphase in ihrer vertrauten Umgebung – zu Hause oder im Alten- und Pflegeheim. Dort, wo sich die Menschen mit einer Erkrankung im Endstadium zu Hause fühlen. Anni Martinke hat eine 24-Stunden-Bereitschaft an diesem Tag, das heißt, sie ist auch nachts für die Patienten erreichbar.

Die 34-Jährige gehört seit November zum Team der Spezialisierten Ambulanten Palliativversorgung (SAPV). „Ich bin das Küken hier“, erzählt sie fröhlich.

Was sie an diesem Arbeitstag erwartet, das wusste Anni Martinke zum Schichtbeginn noch nicht. „Wir besprechen jetzt alles, was bisher aufgelaufen ist.“

Zehn Schwestern und Pfleger, eine Koordinatorin und eine Ärztin, Dr. Katrin-Barbara Simon gehören zum Team. Anni Martinke arbeitete vorher als Krankenschwester auf einer Intensiv- und einer Beatmungsstation. „Die Erfahrungen kommen mir hier sehr zugute“, sagt sie. Von ihrer neuen Tätigkeit ist die junge Mutter begeistert. „Es ist eine sehr schöne Aufgabe, die sehr erfüllend ist. Man bekommt viel zurück.“ Auch die Arbeit mit den Kollegen sei toll. „Wir ergänzen und unterstützen uns.“

Damit Arbeit nicht zur Belastung wird, steht das Team eng zusammen

Koordinatorin Marion Michalke, seit nunmehr 13 Jahren im Palliativ-Care-Team, und Teamleiterin Sandra Gelbhaar freuen sich über das Feedback ihrer jungen Kollegin. Denn die Arbeit, die sie alle täglich leisten, verlange ihnen viel ab. Nicht nur fachlich müssen alle fit sein. „Täglich mit sterbenden Menschen zu tun zu haben, kann auch eine psychische Belastung sein“, weiß Sandra Gelbhaar. „Aber wir steuern dagegen, sprechen im Team über die Fälle, leisten untereinander Unterstützung und bieten auch Supervison“, erklärt die Teamleiterin. „Unsere Arbeit ist eine Teamarbeit.“

Großen Anteil daran hat Marion Michalke, die als Koordinatorin die Fäden der Organisation und Verwaltung in der Hand hat. „Bei mir landen alle Anrufer“, so die 63-Jährige. „Ich fange sie auf und berate.“ Damit hat sie gut zu tun. Denn die spezialisierte ambulante Palliativversorgung ist gefragt. Knapp 400 Patienten begleitete das Palliative-Care-Team im vorigen Jahr, wovon circa 300 Menschen verstorbenen sind.

Teamleiterin Sandra Gelbhaar (li) und Koordinatorin Marion Michalke stehen in der  „Hospiz-Mobil“-Flotte, ohne die Hausbesuche nicht möglich wären.
Teamleiterin Sandra Gelbhaar (li) und Koordinatorin Marion Michalke stehen in der „Hospiz-Mobil“-Flotte, ohne die Hausbesuche nicht möglich wären.
Thomas Ruttke

In diesen Tagen feiert die SAPV ihr 15-jähriges Bestehen. Im Juni 2009 hatte die Anhaltische Hospizgesellschaft die Verträge mit den Krankenkassen abgeschlossen. Zuvor, 2007, war die SAPV als individueller Leistungsanspruch in das Sozialgesetzbuch 5 aufgenommen worden. Damit hat jeder ein Recht auf Palliativversorgung.

Das sei ein guter und längst überfälliger Schritt gewesen, findet Marion Michalke. Denn die Plätze im stationären Hospiz reichen nicht aus, um alle Menschen, die eine Palliativversorgung brauchen, zu versorgen. Der schnelle Anstieg der Betreuungsfälle bestätigt die Notwendigkeit. Waren es anfangs rund 50 Betreuungsfälle im Jahr, stieg die Zahl schnell auf 100 und mehr. Innerhalb der letzten 15 Jahre hat das Palliative-Care-Team über 2.500 Menschen auf ihrem letzten Weg begleitet.

Bewährt habe sich dabei die unmittelbare räumliche sowie auch organisatorische Nähe der weiteren Dienste auf dem Campus an der Kühnauer Straße. Mit dem stationären Anhalt-Hospiz Dessau, dem Bereich der stationären Außerklinischen Beatmung sowie dem ambulanten Kinder- und Jugendhospizdienst „Lila Wolke“ und dem ehrenamtlichen ambulanten Hospizdienst „stehen uns starke Partner zur Seite“, hebt Sandra Gelbhaar hervor.

Symptome lindern und Lebensqualität geben - das ist der Auftrag der SAPV

Was kann der SAPV-Dienst leisten? „Wir lindern die Krankheitssymptome und geben Lebensqualität“, beschreibt Marion Michalke den Auftrag. Dazu gehöre auch, Patienten und ihre Angehörigen zu entlasten, sich um Anträge und Hilfsmittel zum Beispiel zu kümmern. „Aber wir sind kein Pflegedienst“, betont die Koordinatorin, „wir machen die medizinische Versorgung und psychosoziale Betreuung.“ Wie die aussieht, dafür gebe es keine Vorgaben. „Wir passen uns den Bedürfnissen des Patienten an und nehmen uns auch Zeit.“ Einer der wichtigsten Punkte, für Patienten und Angehörige gleichermaßen, ist das Gefühl der Sicherheit, das ihnen gegeben wird. „Wir sind 24 Stunden erreichbar und kommen. Sie müssen keinen Notarzt rufen und auch nicht ins Krankenhaus, das ist ein ganz wesentlicher Punkt“, weiß die Koordinatorin.

Kontakt zum SAPV-Team telefonisch, 0340/6501960 oder über Kontaktformular auf der Website.