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Immer mehr Kiefern sterben Kiefernsterben in Dessau: Pilzschädling Diplodia breitet sich rasant aus

Von Heidi Thiemann 17.06.2017, 07:00
Nicht nur Förster Jürgen Kristin ist alarmiert: Immer mehr Kiefern sind von Diplodia befallen und sterben ab.
Nicht nur Förster Jürgen Kristin ist alarmiert: Immer mehr Kiefern sind von Diplodia befallen und sterben ab. Lutz Sebastian

Dessau - „Hier ist mehr Tod als Leben. Und ein Ende ist nicht abzusehen.“ Wilhelm Uschmann, Leiter des Forstbetriebs Anhalt, schüttelt angesichts des Kiefernsterbens im Landeswald den Kopf.

Im Revier Mosigkauer Heide hat sich der Schädling Diplodia auf 80 Prozent der mit Kiefern bestandenen Fläche ausgebreitet. Der Pilz sorgt für rotbraune Kronen. Die Triebe sterben ab - im ungünstigsten Fall der ganze Baum.

Nicht besser sieht es im Revier Mittlere Elbe aus. Auch hier sind 80 Prozent der Kiefernflächen betroffen, im Revier Oranienbaumer Heide etwa ein Drittel. „Der Schwerpunkt liegt bei Dessau“, erklärt Uschmann.

Befallene Bäume müssen gefällt werden

Seit dem vergangenen Sommer sind seine Waldarbeiter und Revierförster dabei, die schadhaften Bäume zu markieren und sie mit Holzerntemaschinen zu fällen.

So waren und sind die Harvester entlang der B184 von Dessau in Richtung Bitterfeld im Einsatz oder auch in Nähe der Autobahn 9 zwischen den Abfahrten Dessau-Süd und -Ost.

Insgesamt haben die Mitarbeiter seit dem vergangenen Jahr 1.000 Hektar Fläche bearbeitet - was der Größe von 1.400 Fußballfeldern entspricht. Und darauf wurden mehr als 36.000 Festmeter im vergangenen Jahr gefällt, in diesem Jahr schon fast 18.000.

Ein Festmeter entspricht einem Kubikmeter fester Holzmasse - also einem ein Meter großen Würfel. Eine enorme Menge, wie Uschmann sagt, und in diesem Umfang nicht geplant. „Dafür müssen wir andere Maßnahmen zurückstellen.“

Schädling breitet sich rasant aus

Im vergangenen Jahr noch hegten die Forstleute die Hoffnung, dass sich Kiefern, deren Krone nicht bis zur Hälfte durch den Diplodia-Pilz geschädigt ist, erholen.

„Das hat sich leider nicht bestätigt“, sagt Michael Weninger, Leiter des Betreuungsforstamtes Dessau im Landeszentrum Wald. „Der Schaden ist im Gegenteil rasant fortgeschritten. Ruhe ist noch nicht in Sicht.“

Klimawandel soll schuld sein

Den Grund für die enorme Ausbreitung des Pilzes sehen die Forstleute im Klimawandel. In den letzten Jahren gab es heißere Sommer, weniger Niederschlag, längere Trockenperioden, auch im Winter.

Das wirke sich negativ aus. Bei vorgeschädigten und gestressten Bäumen habe der Pilz, der eigentlich im Mittelmeerraum beheimatet ist, voll zugeschlagen. „Dagegen machen kann man nichts“, sagt Weninger.

Am meisten betroffen ist in der Region der Landeswald, doch auch private Waldbesitzer bleiben nicht verschont. In Dessau betrifft es vor allem Privatwald in Groß- und Kleinkühnau sowie Kleutsch.

Auch Dessauer Stadtwald ist betroffen

Auch der Dessauer Stadtwald im Schenkenbusch ist massiv betroffen. Im Landkreis Anhalt-Bitterfeld betrifft es Waldgebiete in Reppichau, Libbesdorf und Krina sowie im Landkreis Wittenberg Kemberg, Rotta, Uthausen, Jüdenberg und Breitewitz.

Die Waldbesitzer seien alle angeschrieben worden, erklärt Forstoberinspektor Jürgen Kristin, doch bisher hätten sich von 30 nur fünf zurückgemeldet. „Wir bieten den Eigentümern unsere Hilfe an“, sagt er. Die betreffe sowohl die Beratung als auch die Herausnahme der Bäume.

Bäume können zur Gefahr für Autofahrer werden

„Die Waldbesitzer müssen ihrer Verkehrssicherungspflicht nachkommen“, warnt Kristin, weil besonders viele Kiefern an Waldrändern von Diplodia befallen sind. „Es muss gehandelt werden, bevor ein Baum auf die Straße fällt.“

Nicht nur die Frage der Sicherheit spielt eine Rolle. Wenn die geschädigten Kiefern im Wald bleiben, ziehen sie den Kiefernprachtkäfer an. Bei dessen massenhafter Vermehrung ist weiterer Schaden an bislang gesunden Bäumen vorprogrammiert.

Und: Zu spät gefällte Bäume bringen den Eigentümern auch Wertverlust, denn das Holz verbläut und ist nur schwer absetzbar.

Mittel gegen das Kiefernsterben?

Trotz des Kieferntriebsterbens setzen die Forstleute weiter auf den Baum. Mit der Nordwestdeutschen Forstlichen Versuchsanstalt soll herausgefunden werden, wie es in Zukunft mit dem Nadelbaum weitergehen kann. (mz)