Keime in Dessau-Roßlau Keime in Dessau-Roßlau: Hat Krankenhaus Hygienevorschriften nicht eingehalten?

Dessau-Roßlau - Der Schreck sitzt Georg Kreisler und seiner Frau noch immer in den Gliedern. „Das hätte man uns doch sagen müssen, damit wir uns schützen können“, schütteln sie ungläubig den Kopf.
Der so genannte Krankenhauskeim 3MRGN (multiresistente gramnegative Bakterien) hat das Ehepaar erschreckt. Ihre Mutter hatte sich damit infiziert. Und war mit diesem Keim nach einem dreiwöchigen Aufenthalt im Diakonissenkrankenhaus Dessau in die Kurzzeitpflege des Diakonischen Werks in der Georgenstraße verlegt worden. „Dass sie diesen Keim hat, wussten wir vor der Verlegung gar nicht, waren aber jeden Tag bei ihr im Krankenhaus zu Besuch“, berichtet Kreisler. Weder seien sie aufgefordert worden, Schutzkleidung zu tragen, noch sollten sie die Hände desinfizieren oder seien im Krankenzimmer der Mutter besondere Maßnahmen zu erkennen gewesen. Erst die Mitarbeiter der Kurzzeitpflege hätten sie von der Infektion in Kenntnis gesetzt. „Das ist uns alles sehr negativ aufgestoßen, deshalb haben wir einen Tag später, am 12. April, das Gesundheitsamt über die unserer Meinung nach hygienischen Missstände in der Geriatrie des Diakonissenkrankenhauses informiert.“ Auch um ihren eigenen Gesundheitszustand sorgen sich Kreislers. Ob sie sich angesteckt haben, wissen sie noch nicht. Die Ergebnisse des Tests, dem sie sich unterzogen haben, stehen noch aus.
"Wir nehmen solche Meldungen sehr ernst"
Die Stadtverwaltung bestätigt den Eingang der Beschwerde vom 12. April. „Wir nehmen solche Meldungen sehr ernst“, erklärt der Beigeordnete für Gesundheit und Soziales, Jens Krause. „Denn wir haben eine Fürsorgepflicht für die Bürger.“ Auch in diesem Fall sei das Amt sofort tätig geworden. Nach Recherchen im Krankenhaus und in der Kurzzeitpflege wurde am 18. April eine „anlassbezogene unangemeldete“ Hygienekontrolle im Krankenhaus durchgeführt. Dabei seien stichpunktartig verschiedene Patientenzimmer und insbesondere deren zugehörige Sanitäranlagen, die zentralen Patientenduschen, der Entsorgungsraum für Schmutzwäsche sowie die Lagerung von sauberer Wäsche und Bettzubehör überprüft werden, erörtert Krause. „Die geschilderten hygienischen Missstände konnten zum Zeitpunkt der Kontrolle aber nicht vorgefunden und bestätigt werden.“ Gleichzeitig sei die Klinikleitung um eine zeitnahe Stellungnahme zu dem Vorgang gebeten worden.
„Wir sind froh, dass sich der Verdacht nicht bestätigt hat“, sagte Torsten Ernst, Theologischer Geschäftsführer des Diakonissenkrankenhauses auf MZ-Nachfrage. Der Vorwurf einer Ansteckung sei „von besonderer Qualität“, denn in der Regel sei es nicht nachvollziehbar, wo sich der Patient angesteckt habe. Prinzipiell findet es Ernst aber „absolut in Ordnung, wenn Patienten oder Angehörige im Zweifelsfall das Gesundheitsamt informieren und dem nachgegangen wird.“
Patientin wurde isoliert
Die Übergabe von Patienten an andere Einrichtungen liefen nach festen Standards ab, nimmt Ernst Bezug auf den Vorwurf, die Kurzzeitpflege nicht ordnungsgemäß über den Zustand der Patientin informiert zu haben. „Es gibt immer eine umfassende schriftliche Information und möglichst auch eine telefonische Vorabsprache“, erklärt Ernst, gibt aber zu, dass es immer mal Ruckeleien geben könne.
In der Kurzzeitpflege des Diakonischen Werks sieht man die nicht erfolgte Vorabinformation als nicht problematisch an. Sie hätten dem beiliegenden Arztbericht des Krankenhauses die Infektion der Patientin entnommen. „Damit konnten wir bei der Aufnahme sofort reagieren“, erklärt Evelin Heinrich, Geschäftsführerin der Diakonie im Kirchenkreis Dessau. Die Patientin sei isoliert und entsprechende hygienische Maßnahmen eingeleitet worden. „Damit gab es bei uns keine Stelle, wo Mitarbeiter oder andere Bewohner einer Gefahr ausgesetzt waren.“ Die Einrichtung hat ebenfalls sofort nach Kenntnisnahme das Gesundheitsamt informiert. „Diese Keime nehmen leider zu, so dass wir des öfteren infizierte Patienten aufnehmen“, so Heinrich. Die Meldung an das Gesundheitsamt erfolge ihrerseits in jedem Fall. „Da es häufiger vorkommt, sind wir immer darauf vorbereitet, haben das Hygienematerial vor Ort und können sofort reagieren.“ Von Amts wegen meldepflichtig ist der Erreger 3MRGN nur dann, wenn er gehäuft auftritt, macht das Gesundheitsamt aufmerksam. Eine Meldepflicht besteht bei dem gefährlicherem Erreger 4MRGN. (mz)