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Karnevalsgesellschaft Gelb-Rot Karnevalsgesellschaft Gelb-Rot: Humor vor 50 Jahren geweckt

Von Oliver Schröter 18.01.2004, 16:56

Dessau/MZ. - Währenddessen steht Norbert Baum, Ehrenpräsident der ersten großen Dessauer Karnevalsgesellschaft Gelb-Rot, unter einem blauen Scheinwerfer. Der Mann, der siebzehn Jahre die Geschicke des Vereins als Präsident gesteuert hat, arbeitet Geschichte auf.

Fünfzig Jahre, da gibt es viele Ereignisse und Mitstreiter, an die es zu erinnern gilt. Den Ratskeller haben sie ganz bewusst für die Jubiläumsfeier gewählt. Auch trotz der Enge, angesichts der beinahe einhundert Gäste und Aktiven. Denn nur einige Stockwerke höher, im Ratssaal steht die Wiege des Dessauer Karnevals. "Wäre die Gesellschaft in den fünfziger Jahren nicht zu einer engen verschworenen Gruppe geworden, wäre sie heute nicht mehr eine kulturelle Bereicherung für die Stadt", sagt Baum.

Die Stimmung ist ernst, nur der ein oder andere Spruch in Richtung Ehrenpräsident erinnert daran, dass es hier um Karneval geht. Und so wird auch das Verleihen von beinahe siebzig Orden an Narren der ersten Stunde - wie die über achtzigjährige Hilde Stiehler - und viele langjährige Unterstützer, immer wieder vom Tusch der Kapelle und lauten Helau-Rufen begleitet.

Unter den Gästen und Gratulanten ist auch Oberbürgermeister Hans-Georg Otto. Baum dankt ihm viele Male für seine Unterstützung, spielt aber auch auf die ein oder andere närrische Entscheidung der Stadtverwaltung an. Otto steckt das weg, erhält einen Orden von Jaqueline I., der Prinzessin der 50. Session, und erinnert an die Hindernisse, welche Karnevalisten zu Zeiten der DDR in den Weg gelegt wurden.

Abgelegt hatte das Dessauer Karnevalsschiff am 16. November 1954, motiviert durch einen Artikel in der damaligen "Freiheit". Die Leipziger Karnevalisten verhöhnten Dessau in einem Brief mit der Aussage: "Die Leipziger haben die Dessauer zu humorvoll eingeschätzt - denn hier schläft der Humor. Wann wird er geweckt?" Fünf Tage später begannen an der Mulde die Vorbereitungen zur Gründung eines Vereins. "Silvester des gleichen Jahres", erinnert sich Norbert Baum, "hob sich dann im Kristallpalast zum ersten mal der rote Samtvorhang."

Dann soll es weitergehen im Programm, denn beim Karneval wird Spaß fast militärisch durchorganisiert. Die Tanzgruppe wird angekündigt, kurze Unstimmigkeiten zwischen Präsident Werner Halbig und seinem Ehrenpräsidenten, schließlich geht es doch erst ans Buffet. Bei Schnittchen und Bier flammen Unterhaltungen auf, trifft man sich wieder, erinnern sich die Gelb-Roten auch an Geschichten, welche die Vereins-Chronik vergessen hat.

Halbig, erst seit vergangenem Mai an der Spitze des Vereins, schwärmt von der neuen Herausforderung. "Meine ganze Familie engagiert sich in der Gesellschaft, da ist die Arbeit doppelt so schön." Frohsinn wolle man verbreiten, Karneval soll gerade in schweren Zeiten den Alltag für einen Moment vergessen machen. "Wenn es wirtschaftlich in Deutschland wieder bergauf geht, dann steht einer Hundertjahrfeier nichts im Weg." Denn das Schiff ist auf Kurs. Und noch lange ist kein Land in Sicht.