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Inklusionsschule in Roßlau Inklusionsschule in Roßlau: Blauäugiger Start "An der Biethe"

Von sylke kaufhold 21.10.2014, 20:11
Sie haben sich zusammengefunden: Lehrer und Schüler der Bietheschule und der Förderschule im Fliederweg versuchen, Inklusion zu leben. Die richtige Methode suchen sie noch.
Sie haben sich zusammengefunden: Lehrer und Schüler der Bietheschule und der Förderschule im Fliederweg versuchen, Inklusion zu leben. Die richtige Methode suchen sie noch. sebastian Lizenz

rosslau - Es war für alle ein Sprung ins kalte Wasser - den Lehrer und Schüler der Sekundarschule „An der Biethe“ mit Bravour gemeistert haben. Seit Schuljahresbeginn praktizieren sie dort die sogenannte Inklusion, den gemeinsamen Unterricht von Kindern mit und ohne Beeinträchtigungen. Nicht mit vereinzelten Schülern, sondern mit 48. Davon kommen 43 Schüler aus der Förderschule im Fliederweg, die im Juli als eigenständige Schule geschlossen wurde, weil die Schülerzahl von 50 unter der vom Land geforderten Mindestschülerzahl von 90 liegt und eine nochmalige Ausnahmegenehmigung vom Landesverwaltungsamt nicht gewährt wurde. „Wir sind angekommen hier und wurden lieb aufgenommen“, bilanziert Karin Triepel, ehemalige Leiterin der Förderschule, die ersten Wochen im neuen Umfeld.

Das Miteinander im Kollegium sei „sehr fruchtbringend“. „Wir helfen uns gegenseitig und lernen voneinander“, freut sich Triepel. Dass es eine riesige Aufgabe ist, die sie mit der Integration von 48 Schülern mit sonderpädagogischem Förderbedarf in den normalen Unterricht zu bewältigen haben, daran lässt auch die Leiterin der Biethe-Schule, Regina Schellhase, keinen Zweifel. „Die Lehrer unserer Schule waren da ein bisschen blauäugig und dachten, dass es mit einer Doppelbesetzung im Unterricht getan ist.“ Sei es aber nicht. Bei der Vielzahl an Förderschülern reiche dies nicht aus, müsse teilweise getrennt unterrichtet werden.

Defizite in Deutsch und Mathe

Besonders in Mathe und Deutsch seien die Defizite der Förderschüler groß, berichtet Erika Tischer, eine von drei Lehrkräften, die vom Fliederweg an die Biethe-Schule kamen und jetzt als Begleitlehrer eingesetzt sind. Diese Aufgabe erfüllen stundenweise auch vier Stamm-Lehrer der Biethe-Schule. „In Mathe und Deutsch haben wir uns jetzt für getrennten Unterricht mit den Förderschülern entschieden, so lange, bis die Defizite ausgeglichen sind“, erläutert Tischer. „Gemeinsam hat das überhaupt nicht funktioniert.“ Auch Englischlehrerin Reatha Schlüter beklagt die großen Niveauunterschiede, selbst bei den Förderschülern untereinander.

„Drei kommen gut mit, die anderen drei ein bisschen bis überhaupt nicht, und dann habe ich ja auch noch die anderen in der Klasse, die ja auch nicht alle gleich sind“, beschreibt sie die Situation, vor der sie steht. „Ich suche noch die richtige Methode, denn eines steht fest, die Begleitstunden reichen nicht aus.“

Ein Rezept, wie Inklusion funktionieren kann, gibt es nicht. Und schon gar nicht für so viele Schüler. „Wir haben ja mit einzelnen Schülern den gemeinsamen Unterricht schon praktiziert, aber eben nicht mit so vielen. Und das ist etwas ganz Anderes“, sagt Schulleiterin Regina Schellhase. „Wir sind noch in der Erprobungsphase und suchen die beste Methode für alle Schüler“, bestätigt Erika Tischer.

"Inzwischen eine Klasse"

Die Neuen fühlen sich bereits recht wohl in ihrer neuen Schule. „Hier sind mehr Kinder als an unserer alten Schule und ich habe schon viele neue Freunde gefundnen“, erzählt beispielsweise Fünftklässlerin Saskia. Auch Anni aus der 7. Klasse findet es „ganz gut in der neuen großen Schule“. Justin, angestammter Biethe-Schüler, hingegen hat ein paar Probleme mit den Neuen. Acht Förderschüler lernen in seiner Klasse. „Einer stört immer“, beklagt er. Auch sein Klassenkamerad Gordon ist „nicht glücklich“ mit der neuen Situation. „Man konnte vorher besser lernen“, findet der. Dennoch seien inzwischen „alle eine Klasse geworden“, schätzt Gerit Schirotzki, Klassenlehrerin der 8c, ein.

Alles in allem fällt die Bilanz kurz vor den ersten Ferien des neuen Schuljahres positiv aus. „Alle Kollegen haben sich mit einem riesigen Engagement in diese schwierige Aufgabe gestürzt“, anerkennt Regina Schellhase. „Und ich glaube, diese neue Kooperation hat bei jedem von uns etwas Positives bewirkt.“

Und so ist man in der Sekundarschule „An der Biethe“ zuversichtlich, Schritt für Schritt die richtige Methodik für den gemeinsamen Unterricht herauszufinden. Vorausgesetzt, das Kollegium wird im nächsten Schuljahr nicht wieder auseinandergerissen. Denn die Förderlehrer aus dem Fliederweg gehören zur Lernbehindertenschule Dessau und sind an die Biethe nur abgeordnet. (mz)