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In der Region verwurzelt In der Region verwurzelt: Götterbaum aus China gefährdet Gesundheit und Artenvielfalt

Von Robert Martin 18.10.2019, 11:49
Der Götterbaum ist auch im Hinterhof der MZ-Redaktion anzutreffen.
Der Götterbaum ist auch im Hinterhof der MZ-Redaktion anzutreffen. Thomas Ruttke

Dessau - Mit dem giftigen Götterbaum macht sich auch in Dessau eine invasive Pflanzenart aus China breit - und das wird auch so bleiben. An 130 Standorten in der Stadt ist der Baum gemeldet, wahrscheinlich ist er aber viel häufiger anzutreffen. Besteht da Anlass zur Sorge?

„In jedem Fall muss mehr über den am schnellsten wachsenden Baum Europas gesprochen werden“, ist Christoph Otto überzeugt. Der Experte für Artenschutz beim Amt für Umwelt- und Naturschutz der Stadt Dessau-Roßlau beschäftigt sich seit vielen Jahren mit sogenannten Neophyten - das sind gebietsfremde, invasive Arten, die gewollt oder ungewollt als Nutz- oder Zierpflanzen in Gebiete eingeführt wurden, in denen sie natürlicherweise nicht vorkommen.

In vielen Fällen verändern die Neophyten die heimischen Lebensräume

In vielen Fällen verändern die Neophyten die heimischen Lebensräume, indem sie konkurrenzschwache heimische Arten verdrängen und die natürliche Fortpflanzung der Bäume verhindern. Doch der Götterbaum ist nicht nur für den Umweltschutz, sondern auch für die Gesundheit gefährlich: Er ist für Menschen wie Tiere bei Verzehr giftig, die Pollen gelten als schnelle Allergieauslöser und sind mitverantwortlich für viele Pollenallergien.

Das Problem ist: Das Fällen der Bäume macht keinen Sinn, weil der Götterbaum sehr weitläufig wurzelt, wird der Stamm entfernt, sprießen gleich danach neue Stämme empor. „Das ist“, schätzt Otto ein, „wie bei einer Hydra.“

Im Stadtgebiet Dessau-Roßlau finden sich viele ausgewachsene Exemplare des Götterbaums. Da Städte durchschnittlich wärmer sind als ländliche Gebiete, findet er hier bessere Bedingungen. Grundsätzlich ist er vor allem an Plätzen zu finden, an denen die heimische Vegetation nicht etabliert oder gestört ist - dazu zählen vor allem die Ränder von Straßen und Gleisbetten.

Welche konkreten Schritte unternimmt die Stadt gegen die Götterbäume?

Welche konkreten Schritte unternimmt die Stadt gegen die Götterbäume? Am Anfang steht die Standortbestimmung: Wo befinden sich Götterbäume? Es folgt die Gefahrenbewertung: Was kann konkret lokal am Standort getan werden? „Bei Ausbreitungstendenzen haben wir die Pflicht, diese Standorte kleinzuhalten“, sagt Christoph Otto etwas bürokratisch.

Ist das Exemplar ausgewachsen und in der Lage, Samen zu produzieren, werden Maßnahmen ergriffen: Bei der „Ringelung“ wird beispielsweise der Baum im Stammbereich im gesamten Radius beschädigt und sein Wachstum dadurch deutlich verlangsamt.

Noch immer ist der Götterbaum auch in Baumschulen und Gartenmärkten im Handel erhältlich

Aus dem Stadtgebiet ist der Götterbaum aufgrund seiner guten Anpassung auf lange Sicht nicht zu entfernen, so Otto: „Bei vielen Arten muss man mit der Situation leben, das ist auch beim Götterbaum so.“ Wichtig sei es nun, die Ausbreitung des Neophyts in die freie Landschaft zu bremsen, denn dort ist er bisher nur selten zu finden. In Sachsen-Anhalt finden sich weitläufige Trockenrasengebiete, wo er sich schnell ausbreiten würde.

Anzusetzen ist auch auf einem anderen Gebiet: Noch immer ist der Götterbaum auch in Baumschulen und Gartenmärkten im Handel erhältlich und wird aufgrund von Unwissenheit als Zierbaum angepflanzt.

Was kann der Gartenbesitzer also tun, wenn ein ungewollter Götterbaum im Kleingarten gefunden wird? Der Experte empfiehlt die schwarze Tonne - und Fundorte an das Amt für Umwelt- und Naturschutz zu melden. (mz)

Der Götterbaum ist der schnellstwüchsigste Baum in Europa und stammt ursprünglich aus China. Mitte des 18. Jahrhunderts wurde die Art nach Europa, Australien und Amerika gebracht, wo sie als invasive Art gilt, die mit heimische Pflanzen konkurriert. Charakteristisch sind die großen Blätter, die bis zu 90 Zentimeterlang werden können.

Die Blüten sondern einen strengen Geruch ab, zudem behält er bis zum Spätherbst sein Laub. Er ist besonders resistent gegen Verschmutzungen, reagiert aber empfindlich auf Frost. In Deutschland hat sich der Götterbaum vor allem nach 1945 auf Trümmerflächen der Städte ausgebreitet.