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Hochwasser-Katastrophe Hochwasser-Katastrophe: Wildschweinsuhle am Deichfuß

Von Heidi Thiemann 27.08.2002, 17:48

Coswig/MZ. - "Ich bin froh, dass der Deich zum Luch gehalten hat. Der ist der Wichtigste für die Sicherheit der Stadt." Bürgermeisterin Doris Berlin sind die Anstrengungen der letzten Tage anzusehen, aber auch die Erleichterung, dass Coswig das Jahrhunderthochwasser recht glimpflich überstanden hat.

Schadlos ist die Stadt nicht geblieben, mussten doch Familien evakuiert werden, standen Häuser unter Wasser. "Das Ausmaß aller Schäden werden wir erst nach dem Rückzug des Wassers erfassen können", sagt Berlin. Dennoch: Insgesamt hatte die Stadt sehr viel Glück. Und: Sie hatte Bürger, die mit halfen, die Deiche zu sichern. "Der Einsatz war enorm", sagt die Bürgermeisterin.

Die Koordinierung der freiwilligen Helfer war nicht immer einfach, gibt Jeanette Engel, Büroleiterin im Coswiger Rathaus, zu. Nicht alle, die sich meldeten, wurden sofort benötigt. Also wurden Telefonnummern notiert, um die Freiwilligen erreichen zu können. "Und als am vergangenen Montag in Klieken Leute gebraucht wurden, waren innerhalb kürzester Zeit 60 Leute auf dem Klosterhof", lobt sie.

Klieken - eigentlich waren am Montag ab Mittag Deichverstärkungsarbeiten geplant. 150 Leute wurden gebraucht. Doch dann stellte sich heraus, dass auch andere Deichabschnitte in Klieken gesichert werden müssen. Taucher der DLRG hatten enorme Schäden festgestellt. Die Polizei informierte in der Stadt per Lautsprecher, dass Klieken Hilfe benötigt.

"In den Abend- und Nachtstunden waren tausend Menschen im Einsatz", zieht Coswigs Bürgermeisterin vor allen den Hut, die dort neben der DLRG und den freiwilligen Feuerwehren "am Deich gekämpft haben. Und es hat geklappt." Besonders die jungen Leute waren in ihrem Eifer kaum zu bremsen gewesen, "die waren immer mit am Brennpunkt", so Berlin.

Genauso enorm war aber auch die Unterstützung von Freiwilligen bei den Deichwachen gewesen. Sechs Gruppen mit zwei Leuten haben in drei Schichten (je acht Stunden) die 16 Kilometer langen Deichabschnitte kontrolliert. "Waren anfangs Mitarbeiter der Stadtverwaltung mit dabei, haben zum Schluss nur noch Freiwillige den Dienst übernommen", weist Jeanette Engel auf dieses Engagement hin.

Genauso toll habe aber auch die Unterstützung bei der Verpflegung funktioniert, selbst wenn es mal zu kurzfristigen Engpässen gekommen war. "Wir sind in alle Supermärkte, zu allen Bäckern, zu allen Fleischern gefahren", sagt Engel, "Und es ist Wahnsinn, was gespendet wurde." Nicht nur die Leute vor Ort konnten verpflegt werden, darüber hinaus auch 100 Bundeswehrsoldaten.

"Der Einsatz aller hat sich gelohnt", fasst die Coswiger Bürgermeisterin zusammen. "Man kann nicht oft genug Dank sagen." Doch die maroden Deichabschnitte hätten im Coswiger Raum durchaus verhängnisvoll werden können: Kleingetier hat Deiche beschädigt, bei Klieken befindet sich gar eine Wildschweinsuhle am Deichfuß.

Bei den obligatorischen Deichschauen sei das zwar erfasst und ins Protokoll aufgenommen worden, weiß Berlin, doch unternommen wurde scheinbar nichts. "Ich hoffe, dass jene, die für die Deiche Verantwortung tragen, sich dieser endlich bewusst werden. Das sind nicht die Städte und Gemeinden", geht ihr Fingerzeig in Richtung Staatliches Umweltamt.