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Historisches Dessau-Roßlau Historisches Dessau-Roßlau: Vor 25 Jahren kommen Helmut Kohl und ein Hollywood-Paar

Von Danny Gitter 06.07.2019, 12:00
Vor 25 Jahren kam Bundeskanzler Helmut Kohl zu Besuch nach Dessau und die Menschen standen Spalier. Begleitet wurde Kohl unter anderem vom damaligen Ministerpräsidenten des Landes Sachsen-Anhalt Christoph Bergner (r.).
Vor 25 Jahren kam Bundeskanzler Helmut Kohl zu Besuch nach Dessau und die Menschen standen Spalier. Begleitet wurde Kohl unter anderem vom damaligen Ministerpräsidenten des Landes Sachsen-Anhalt Christoph Bergner (r.). Stadtarchiv Dessau-Roßlau 2018

Dessau-Roßlau - Dessau-Roßlau im Wandel der Zeit. Danny Gitter blättert in alten Zeitungen und schaut auf Ereignisse vor 100, 70, 50 und 25 Jahren.

Vor 100 Jahren

Das Gas war knapp, also wurde es streng rationiert. Sobald das Dessauer Gaswerk großzügiger mit der Abgabe an die Haushalte war, nutzten es die Dessauer gleich reichlich aus. „Nur zwei Tage hat die Vergünstigung der Freigabe des Gases in den Stunden von 4 Uhr morgens bis halb 11 Uhr abends gedauert, da sich schon am ersten Tage herausgestellt hat, daß infolgedessen der Mehrverbrauch auf das Doppelte des bisherigen Verbrauchs gestiegen und das Gaswerk einer so bedeutenden Mehrinanspruchnahme nicht gewachsen ist, wird möglicherweise die Gasabgabe heute schon von halb 11 Uhr abends abgebrochen werden müssen“, vermeldete der „Anhalter Anzeiger“ in seiner Ausgabe vom 18. Juni 1919.

Wer dem materiellen Mangel dieser Zeit mit Diebstahl begegnen wollte, der konnte schnell vor Gericht landen. So berichtete der „Anhalter Anzeiger“ am 27. Juni 1919 von einem Prozess am Dessauer Schöffengericht gegen einen Landwirt und einen Arbeiter aus Kleutsch, die im Sollnitzer Forst zwei Raummeter Kiefernholz entwenden wollten. Dafür gab es für den Arbeiter eine einwöchige und für den Landwirt eine dreitägige Gefängnisstrafe.

Vor 70 Jahren

Ein Schloss wird umfunktioniert. „Mit uns zieht die neue Zeit“, heißt es in einer Überschrift zur Eröffnung der FDGB-Gewerkschaftsschule „Solidarität“ in Dessau-Großkühnau am 16. Juni 1949 in der „Freiheit“. Im dortigen Schloss wurden ab 1949 Schulungskurse für Gewerkschaftsfunktionäre aus ganz Mitteldeutschland durchgeführt. Erinnerungen an den Anhaltinischen Adel wurden getilgt. Stattdessen sollten heroisierende Arbeiter-Gemälde das Klassenbewusstsein der Gewerkschaftsschüler schärfen und stärken.

Wer gegen die Ideale der Arbeiterklasse verstieß, der wurde auch in der Zeitung an den Pranger gestellt. „Sie lebten recht angenehm in Saus und Braus“ - Und das Volk arbeitet schwer an der Verbesserung der Lebenshaltung. Das titelte die „Freiheit“ am 30. Juni 1949 am Vorabend eines Gerichtsprozesses gegen zwei Schieber und Schwarzhändler aus Dessau. Die Witwe eines Schuhwarenhändlers liquidierte zwar offiziell das Geschäft ihres Mannes, hortete aber an der Staatsmacht vorbei weiter Schuhe und Lederwaren, die dann in den Westsektoren Berlins vertickt wurden. Auch Fleisch aus Schwarzschlachtungen wurde von der Händlerwitwe, mit ihrem Komplizen, einem Kraftfahrzeughandwerksmeister, nach West-Berlin geschafft, um es dort auf dem Schwarzmarkt zu verkaufen.

Vor 50 Jahren

Vor den Erfolg haben die Götter bekanntlich den Fleiß und den Schweiß gesetzt. In einem Modellprojekt hat die Kreisvolkshochschule Roßlau zusammen mit der Betriebsschule des VEB Chemiewerk Coswig einer Klasse von zukünftigen Chemiefacharbeitern, neben dem Berufsabschluss gleichzeitig einen höheren Schulabschluss ermöglicht. 17 Lehrlinge, die vor dem Beginn ihrer Ausbildung nur einen Abschluss der 8. Klasse besaßen, konnten im Juni 1969 neben Zeugnissen für ihren Beruf auch ein Zeugnis der 10. Klasse entgegen nehmen.

Dafür wurde parallel zur Berufsausbildung im Abendstudium unter anderem Erdkunde, Biologie und Russisch gebüffelt. Neben Lob gibt es in der Roßlauer „Freiheit“ vom 5. Juni 1969 auch gleichzeitig eine Mahnung: „Die sich ständig verbessernden Arbeitsmethoden unserer gesamten Wirtschaft bedingen in immer größerem Umfange ein gut fundiertes Wissen unserer Werktätigen, so daß das Bildungsniveau der 10. Klasse unabdingbare Voraussetzung für die Meisterung der vor uns allen stehenden Aufgaben ist.“

Vor 25 Jahren

Selten hatten Dessau und Roßlau so viel prominenten Besuch in nur einem Monat, wie im Juni 1994. Am 5. Juni radelte der damalige Bundesumweltminister Klaus Töpfer (CDU) medienwirksam vom Dessauer Hauptbahnhof zum Rathaus, um die Geschäftsstelle zum Umzug des Umweltbundesamtes einzuweihen. Am 7. Juni genoss der damalige Bundeskanzler Helmut Kohl das Bad in der Menge vor seiner Rede auf dem Friedensplatz. Am selben Tag besuchte Wolfgang Thierse von der SPD verschiedene Dessauer Betriebe und Einrichtungen.

Am 16. Juni lockte der frühere Bundesaußenminister Hans-Dietrich Genscher Hunderte Dessauer in den Stadtpark. Im Roßlauer Ratssaal zog am 21. Juni die brandenburgische SPD-Sozialministerin Regine Hildebrandt mit „Berliner Schnauze“ vom Leder. Der Grund für die Politikerdichte lag auf der Hand. Sachsen-Anhalt stand mit Kommunal-, Landtags- und Bundestags- sowie Europawahlen ein Superwahljahr bevor. Unter all die Politprominenz mischte sich am 15. Juni auch noch das Hollywood-Paar Zsa Zsa Gabor und Prinz Frederick von Anhalt. Auf Werbetour für eine Stiftung für bedürftige Kinder waren die Diva und der adoptierte Prinz. Im Teehäuschen wurde gespeist, Autogramm- und Fotowünsche inklusive. (mz)

Das Kühnauer Schloss um 1950. Ab 1949 wurde es als Gewerkschaftsschule für Funktionäre aus ganz Mitteldeutschland genutzt.
Das Kühnauer Schloss um 1950. Ab 1949 wurde es als Gewerkschaftsschule für Funktionäre aus ganz Mitteldeutschland genutzt.
Stadtarchiv Dessau-Roßlau