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Herderkirche Weimar Herderkirche Weimar: Eine Kur für den Altar des Jubilars Cranach

Von Christian Meyer 28.07.2003, 15:30

Dessau/Weimar/MZ. - Nach Angaben der Evangelisch-Lutherischen Kirchgemeinde Weimar sei es nunmehr gelungen, eines der Hauptwerke der deutschen Renaissance im Gedenkjahr zum 450. Todestag von Lucas Cranach d. Ä. (1472-1553) zu retten. In seinen beiden letzten Lebensjahren von Cranach begonnen, wurde der Reformationsaltar 1555 von seinem Sohn Lucas Cranach d. J. (1515-1586) vollendet. Er gilt als Höhepunkt im Schaffen der Malerfamilie und wird jährlich von etwa einer halben Million Menschen besucht. Thema des mächtigen Kunstwerkes ist die Erlösung des Menschen von Sünde und Tod.

Der Weimarer Altar ist akut gefährdet, da die Malflächen Risse und Blasenbildungen aufweisen. Ursache dieser Schäden sind eine intensive UV-Strahlung, starke Temperaturwechsel sowie Zugkräfte durch die 200 Kilogramm schweren Seitenflügel.

Darüber hinaus konnte Angela Günther, die sich auf Tafelbilder und Skulpturen spezialisiert hat, Verschmutzungen der Oberfläche feststellen. Diese führt sie auf bisherige Renovierungsarbeiten sowie Staub in der Weimarer Kirche zurück. Zudem müssen gealterte Retuschen durch neue ersetzt sowie die Überbronzierungen an den Schmuckrahmenprofilen neu vergoldet werden.

Vor der starken Sonneneinstrahlung schützte Günther den um seine Flügel zeitweise "beraubten" Altar durch eine so genannte Verosol-Gardine, deren Kunststoffbeschichtung die UV-Strahlen aus den Südost-Fenstern abhält. Nach der bereits 2001 durch die mit Cranach-Werken erfahrene Diplomrestauratorin vorgenommenen Notkonservierung ist seit Oktober vergangenen Jahres des Weiteren ein "Daten-Logger" im Einsatz, der Klimawerte digital aufnimmt. Eine Maßnahme, die Temperaturunterschiede von bis zu 20 Grad in dem von der einheimischen Bevölkerung "Herderkirche" genannten Gotteshaus zu Tage brachte.

Die Gesamtkosten der Restaurierung beziffert die Kirchgemeinde Weimar derzeit mit über 73 000 Euro. Ermöglicht wurde sie durch eine Erbschaft einer Berlinerin, die ihr gesamtes Vermögen in Höhe von 56 000 Euro dem Denkmalschutz in den neuen Ländern hinterlassen hatte. Dem Thüringer Landesamt für Denkmalpflege gelang es, die dem Freistaat zugedachte Summe ganz für den Cranach-Altar zu binden, der so in nur zwei Stufen gerettet werden kann.

Sachleistungen, Finanzzuschüsse der Denkmalbehörde sowie 15 000 Euro der Kirchgemeinde vervollständigen den Gesamt-Etat, bei dem die Honorierung der Restauratorenleistung jedoch nur einen geringen Anteil ausmacht. Während die Instandsetzungsarbeiten für den Cranach-Altar im thüringischen Meusebach mit einer weiteren Restauratorin durchgeführt wurden, hatte Angela Günther zu Hause in Dessau einen weiteren Altar in Arbeit: Zumindest der Mittelschrein des durch das August-Hochwasser vom vergangenen Jahr beschädigten Altars aus Priesitz bei Pretzsch erstrahlt bereits seit Mai wieder in der Stadtkirche der Lutherstadt Wittenberg.