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Hausruine Hausruine: Fürs «Capitol» läuft längst der Abspann

Von Matthias Bartl 07.12.2003, 16:49

Köthen/MZ. - Die Geschichte des Hauses liegt weitgehend im Dunkel. Auch das Köthener Stadtarchiv kann nicht allzuviel zur Erhellung beitragen. Immerhin so viel: Lange Jahre war die Neustadt 8, so die frühere Bezeichnung des Grundstücks, eine Gaststätte. 1927 gehörte sie einem Willy Straube und nannte sich standesgemäß "Neustädter Hof". Straube war es auch, der 1927 beantragte, im Saal des Gasthauses ein Kino errichten zu dürfen. Was schließlich auch genehmigt wurde, wofür eine Akte aus dem Jahr 1930 spricht, in der es um die "Überprüfung der Kino-Anlagen im Capitol" geht. Wie es danach weitergeht, steht in den Sternen. Im Köthener Adressbuch von 1947 ist unter der Anschrift nicht mal mehr eine Kneipe verzeichnet, auch kein Hinweis auf ein Kino. Immerhin kann man erfahren, dass in dem Haus eine "Maria Straube, Witwe" wohnte.

1948, das ist nun wieder belegt, wurden die Kinos "Capitol", "Kammerlichtspiele" und "CT-Lichtspiele" zu einem kommunalen Wirtschaftsbetrieb mit dem einprägsamen Namen Vereinigte Lichtspieltheater der Stadt Köthen zusammengefasst. Wann im Capitol die letzte Vorstellung lief, ist nicht ermittelt.

Es muss aber vor 1962 gewesen sein. Aus dieser Zeit finden sich konkrete Pläne (bis zu Bauzeichnungen und Finanzierungsvorschlägen), aus dem Haus ein zentrales Neuererzentrum des Kreises zu machen. Die für den Umbau notwendigen 15 000 Mark sollten aus nicht realisierbaren Vorhaben der Deutschen Solvay-Werke Osternienburg genommen werden.

Wann schließlich die Sportler im "Capitol" Einzug hielten, ist nicht belegt. Fakt ist aber, dass hier unter anderem die Gewichtheber um Paule Lehmann und Wolfgang Richter trainierten und auch Wettkämpfe, etwa zur Spartakiade, durchführten. Wer das Haus noch aus dieser Zeit kennt, der kann heute eine gewisse Wehmut nicht verhehlen. Normalerweise kommt man in den Kino-Anbau des Neustädter Platzes 3, so die heutige Adresse, überhaupt nicht mehr hinein. Katharina Ahne von der Saleg, Projektverantwortliche für Köthen, und Andrea Gast aus dem Baudezernat der Stadtverwaltung ließen die MZ noch einmal hinter die Kulissen blicken - auf eigene Gefahr, denn hier bewegt man sich auf ruinösem Terrain. "Es gab nach der Wende zwar Sicherungsmaßnahmen, die noch von der Nileg beauftragt waren, aber das ist schon lange her", so Katharina Ahne. Seitdem habe man sich immer wieder bemüht, einen Nutzer für den Saal zu finden, aber erfolglos, "und bei dem jetzigen Zustand wird keiner mehr anbeißen", ist sich die Bauexpertin sicher.

Noch im vorigen Sanierungsrahmenplan der Stadt war das Gebäude mit dem Vermerk "Nutzungssuche" gekennzeichnet, im aktuellen Plan nicht mehr. Es geht nur noch um den Abriss.

Wenngleich der Termin dafür in den Sternen steht, da es auch für die Zeit danach noch keine konkreten Pläne gibt, was passieren soll. Immerhin: Wenn schon Abriss, dann "nur" der hintere Teil. Der Zugang vom Neustädter Platz aus bleibt auf alle Fälle erhalten, schon weil darüber noch - wenn auch leerstehender - Wohnraum vorhanden ist. Und weil in dem Zugang noch heute die gut erhaltenen Schaukästen aus alten Lichtspieltagen zu sehen sind, wird wenigstens dieser Teil Köthener Kino-Geschichte erhalten bleiben.