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Hammer-Prozess in Dessau Hammer-Prozess in Dessau: "Ping ping ping" - Anwalt belastet als Zeuge Mitangeklagten

Von Thomas Steinberg 25.03.2020, 08:21
Die Angeklagten im Hammer-Prozess im Dessauer Landgericht.
Die Angeklagten im Hammer-Prozess im Dessauer Landgericht. Thomas Ruttke

Dessau - Die wenigsten Strafverteidiger kennen den Gerichtssaal aus der Perspektive, die seit Dienstag Frank Knuth vertraut ist: Vor dem Landgericht Dessau wurde er, der im Vorschlaghammer-Prozess den Hauptangeklagten Enrico S. vertritt, als Zeuge vernommen. Er wollte das, auch der Staatsanwalt und das Gericht. Auch wenn alle wussten, das ist eine schwierige Konstellation.

Denn während es Knuth wie jedem Anwalt bei Strafe verboten ist, ohne Einwilligung auch nur Andeutungen über Gespräche mit Mandanten zu äußern, durfte er erzählen, was in den Minuten passiert ist, bevor er für S. das Mandat übernahm. Da habe sich der Mitangeklagte Daniel B. - so Knuth wörtlich - „gebrüstet“, Steffen N. (Namen geändert) mit einem Baseballschläger am 12. Januar vorigen Jahres erst zu Boden gebracht und dann dreimal auf den Kopf geschlagen zu haben. B. habe die Schläge demonstriert, dazu „ping, ping, ping“ gemacht, berichtet Knuth. „Das hat mich irritiert und angewidert. Ich habe ihn gefragt, ob er noch ganz fit im Kopf sei.“

B. hat sich selbst gestellt und bei der Polizei seinen Ablauf der Tat geschildert

B. hatte sich selbst gestellt und im Gericht und bei der Polizei einen anderen Ablauf geschildert: Er habe mit dem Baseballschläger zugehauen, allerdings N. nicht auf den Kopf geschlagen. Er sei mit Richard K. geflüchtet, und habe nur noch hören können, wie S. mit dem Vorschlaghammer zugeschlagen habe. Nach der Tat habe er das Gefühl gehabt, man wolle ihm alles in die Schuhe schieben. Richard K. hatte seinerseits B. zu Beginn des Prozesses schwer belastet und S. lediglich eine Nebenrolle zugeordnet.

Dass Knuth, seit Jahren der Anwalt von S., überhaupt mit B. Kontakt hatte, ist ungewöhnlich. Aber S. sei in Begleitung von drei ihm Unbekannten nach der Tat bei ihm erschienen. Er, Knuth, habe darauf hingewiesen, dass S. sein Mandant sei und alles, was die anderen äußerten, gegen sie verwendet werden könne. Es sei besser, habe er S. geraten, wenn die beide allein miteinander sprächen, aber S. habe abgelehnt, schließlich gehöre man zu einer „Familie“.

Die Aussagen des Anwalts werden sich nicht überprüfen lassen

Knuths Aussagen werden sich nicht überprüfen lassen, weil keiner der anderen Gesprächsteilnehmer irgendeinen Grund hat, sich zu äußern. Im bisherigen Prozessverlauf schien B. oft sehr mitgenommen, etwa während der Vernehmung von Steffen N. Bei ihm hatte B. um Entschuldigung gebeten, was N. irritierte, weil er keine Ahnung hatte, wer B. überhaupt sein könnte. Die psychiatrische Gutachterin sprach vom Verdacht auf eine posttraumatische Belastungsstörung bei B. Die zu simulieren wäre eine sehr „gravierende schauspielerische Leistung, die ich nicht annehme“.

Der Prozess wird am Freitag fortgesetzt. (mz)