Gymnasium in Dessau Gymnasium in Dessau: Der Name Gropius geht um die Welt

dessau-rosslau/MZ - Es wäre auf lange Sicht in der Dessauer Bildungslandschaft kaum ein Prädikat gewesen, sich als Schule nur nach seinem Standort zu benennen. Gymnasium „Dessau-Süd“ hätte zu amtlich und langweilig geklungen. Also musste zwei Jahre nach der Gründung ein neuer Name her. Damalige Abiturienten schlugen vor, dem Gymnasium in der Peterholzstraße mit dem Namen des Bauhaus-Gründers Walter Gropius eine neue Identität zu geben. „Da war man sich relativ schnell einig“, blickt der heutige Schulleiter Michael Teichert zurück. Es war im Juli 1993 als das Walter-Gropius-Gymnasium seinen Namen verliehen bekam.
20 Jahre danach wurde in der Turnhalle der Schule das Jubiläum mit einem bunten Programm gefeiert. Denn schließlich bekannte schon der Namensgeber „Meine Lieblingsfarbe ist bunt“. Sie wollen es leben dieses Motto und dadurch das Erbe pflegen. „Wir schauen schon seit Jahren über Ländergrenzen hinaus“, so der Schulleiter. Austausch und Kooperationen u.a. mit Schulen in Polen, Spanien, der Türkei, China und Namibia sind Alltag. „Dadurch wird unser kultureller Horizont und der unserer Partner geweitet“, konstatiert Teichert. Die Idee von Weltoffenheit und Toleranz wird hier ganz im Sinne des Bauhauses und seines Gründers hinaus in die Welt getragen. Teichert ist sich sicher, dass dies Gropius gefallen würde.
Über den Tellerrand
Genauso wie das Streben, ganzheitlich den Menschen hin zum Besseren zu formen. Dazu gehört eben nicht nur die Vermittlung von Unterrichtsstoff nach Lehrplan, sondern auch ein Angebot, welches weit darüber hinaus geht. Die Musikschule „Kurt Weill“ und das Anhaltische Theater sind langjährige Kooperationspartner. Musik und Kultur sind das Salz in der Suppe und der Anker bei der Festveranstaltung am Donnerstag. Es trommeln die Percussions und zeigen die Instrumentalsolisten gekonnt ihr Talent. Der Schulchor singt von einer „Fata Morgana“ und haucht ein „Care sure l´ocean“ in die voll besetzte Turnhalle. Gymnasiasten des Liborius-Gymnasiums und das Blechbläserquintett des Anhaltischen Theaters übermitteln musikalische Grüße. „Gropianer“ bringen dem Auditorium ihre Gedanken zu Schule als Lernort, als formgebende Institution und das Puzzle, aus dem das große Ganze entsteht, näher.
Wo bleibt da die Architektur? Die komme nicht zu kurz, versichert Teichert. Ein „Gropianer“ soll im besten Fall ein Botschafter des Bauhausgedankens werden. Doch sind es gerade Musik, Kunst, Kultur und Philosophie, die aus Stahl, Glas und Beton nicht nur ein Gebäude, sondern einen sozialen Ort machen. Und erst durch das Experiment entsteht etwas Innovatives. Das Bauhaus wollte mit seiner Siedlung in Törten in unmittelbarer Nachbarschaft des Gymnasiums Wohneigentum einst ganz avantgardistisch erschwinglich für Arbeiterfamilien machen.
Ambivalentes Verhältnis
Viele Spuren hat das Bauhaus in der Stadt hinterlassen. Von der fünften Klasse an bis zur Reifeprüfung erkunden die Schüler dieses Erbe und reflektieren in Projekten das Bauhaus in seinen Dimensionen. „So ein Name kann den Schülern bei der Identifikation mit ihrer Schule ungemein helfen“, ist Oberbürgermeister Klemens Koschig überzeugt. Denn Gropius und seine Institution strahlen aus in die ganze Welt. Mit einigen Unwägbarkeiten auch in die eigene Stadt. Das Verhältnis vom Bauhaus zu den Dessauern ist sehr ambivalent“, weiß Koschig um diese schwierige Beziehung. Als Brückenbauer nach innen und außen will der OB deshalb die über 750 Schüler und 59 Lehrer verstanden wissen.