Fortsetzung Fortsetzung: Blick in Psychopathen-Hirn
Sechs Jahre, in denen er zahlreiche Anerkennung erhielt, aber auch Drohungen von Gegnern seiner Lesereise, von Personen mit rechter Gesinnung. Dabei sind sogar die in seiner Veranstaltung willkommen, Somuncu findet es "in Ordnung", wenn sie da sind - und selbst deren Reaktionen seien positiv. Hitler seines Mythos entheben, hatte sich der Schauspieler vor sechs Jahren vorgenommen - und das durch den Inhalt eines Buches, das zwar mehr als 10 Millionen verkaufte Exemplare zu verzeichnen hat, jedoch nur von rund 0,02 Prozent der Deutschen je gelesen wurde. Ein Buch, dass eine "grammatikalische Offenbarung" sei, in dem ein "nicht besonders intelligenter, aber auch nicht besonders dummer" Adolf Hitler sich Kommaschlachten liefert, Seiten lang ohne einen Punkt durchredet und Sätze mit "und so weiter Punkt Bindestrich" beendet.
Der Schwachsinn des Autors wird offensichtlich, die Zuschauer können gar nicht anders als Lachen. "Mein Kampf ist eine Einbahnstraße in das Gehirn eines Psychopaten", sagt Somuncu und wird von einer Minute auf die andere todernst, als er dann jedoch von Hitlers Absichten berichtet, "Giftgas gegen Giftgas" zu verwenden. Betroffenheit im Saal ist deutlich zu spüren. Doch schon kurz darauf verändern sich Gestik und Mimik bei Somuncu wieder, trommelnd und mit verzerrtem Gesicht kommentiert er eine Parteisitzung der DAP, an der Hitler, laut seinem Buch einst teilnahm. Es beginnen sich die Worte zu überschlagen und münden in ein großes, unverständliches Gebrabbel und Gegrunze, in einen "nationalen Orgasmus", dem selbst Rudolf Hess, der Hitlers Buch diktiert bekam, nicht mehr folgen konnte und eben am Ende immer nur "und so weiter" auf dem Manuskript notierte.
Zum Schluss der Veranstaltung dröhnender Applaus von den Zuhörern, die nicht mit so einer "lustigen", sondern eher "gediegeneren" Veranstaltung gerechnet hatten und deren entgegengesetzte Erwartungshaltung am Ende noch einmal durch Somuncu bekräftigt wird, als dieser sagt: "Lesen sie das Buch - merken sie sich bloß die wichtigsten Sätze. Und dann ab auf die nächste Demo... Und nur ein einziges Mal laut und deutlich Hitler zitieren: ,Meise zu Meise, Fink zu Fink''."