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Flugplatz Zerbst Flugplatz Zerbst: Hühnerfarm kontra Frachtflughafen

Von Claus Blumstengel 04.02.2002, 14:45

Zerbst/MZ. - Auf dem seit acht Jahren ungenutzten ehemaligen Militärflugplatz in Zerbst will eine Gesellschaft ein Frachtflugzentrum errichten. Landkreis und Stadt unterstützen das Projekt. Nach einer Ausschreibung hat sich ein zweiter Investor gemeldet, der auf dem Gelände Hühnerzucht und -forschung betreiben will und offensichtlich von der Oberfinanzdirektion favorisiert wird. Landrat Holger Hövelmann (SPD) und Bürgermeister Helmut Behrendt (FDP) haben jetzt bei Ministerpräsident Reinhard Höppner (SPD) um einen Anhörungstermin in dieser Angelegenheit gebeten.

Der 178 Hektar große ehemalige Militärflugplatz in Zerbst ist von der Oberfinanzdirektion Magdeburg zum Verkauf ausgeschrieben worden, heißt es in einer schriftlichen Information an den Kreistag Anhalt-Zerbst. Landkreis und Kreisstadt sind sich darin einig, dass die Flächen wieder als Flugplatz genutzt werden sollen. Schon 1998 hatte der Kreistag beschlossen, die Wiederinbetriebnahme des Flugplatzes zu unterstützen. Der Zerbster Stadtrat beschloss im Dezember vorigen Jahres, dass die Stadt den im November gestellten Antrag einer Logistik GmbH innerhalb der Landesinitiative Regio unterstützt. Geplant ist ein "Cargo Port", also ein Frachtflughafen. Daneben sollen auf dem Gelände an der Straße in Richtung Dobritz Flugzeugwerft, Büro- und Gewerbepark sowie Start- und Landeflächen für Privat- und Sportflieger entstehen. Das Konzept der Tri-Mod-Logistik Zerbst GmbH sieht Investitionen von 513 Millionen Euro und in der Endphase 2 700 Arbeitsplätze vor.

Eine Entscheidung sei in den zuständigen Ressorts der Landesregierung noch nicht gefallen. Auch das auf Antrag der Logistik GmbH und der Oberfinanzdirektion beim Regierungspräsidium Magdeburg laufende luftverkehrsrechtliche Genehmigungsverfahren sei noch nicht abgeschlossen, heißt es in der Information an den Kreistag. Weil das Vorhaben auf dem ehemaligen Militärflugplatz durch Verzögerungen nicht gefährdet werden soll, haben Landrat Holger Hövelmann (SPD) und der Zerbster Bürgermeister Helmut Behrendt (FDP) bei Ministerpräsident Reinhard Höppner (SPD) um einen Anhörungstermin gebeten.

Die Wirtschaftsförderer in der Kreisverwaltung sehen durchaus Gefahr im Verzug; denn um das Flugplatzgelände haben sich weitere Investoren beworben. Ein Hühnerzucht- und Forschungsunternehmen will rund zehn Millionen Euro investieren und 50 Arbeitskräfte schaffen, ein Vorhaben, das laut Kreisverwaltung zur Zeit von der Oberfinanzdirektion favorisiert wird, das aber die künftige Nutzung des Geländes als Frachtflughafen ausschließen würde. In einem Cargo Port sehen Landkreis und Stadt die größeren wirtschaftlichen Chancen für die Region und eine Garantie für eine dauerhafte Nutzung des Geländes. Erfahrungsgemäß werden für die Massen-Geflügelhaltung derart riesige Flächen benötigt, weil man die Ställe aus hygienischen Gründen von Jahr zu Jahr umsetzt. Ist die gesamte Fläche verbraucht, so ziehen diese Unternehmen üblicherweise an einen anderen Standort und lassen ein nur noch eingeschränkt nutzbares Grundstück zurück.

Auch andere Pläne würden die Nutzung als Flughafen ausschließen, wie etwa die beantragte Errichtung von Windkrafträdern. "Diese Flächen hätten angesichts des Flughafen-Projektes nie ausgeschrieben werden dürfen", kritisierte der Vorsitzende des Zerbster Stadtrates Detlef Schrickel (SPD).

Das Gelände mit seinen 1 280 Meter langen Rollbahnen wird seit dem Abzug der Sowjets 1992 nur vom Zerbster Luftsportverein regelmäßig genutzt. Jährlich im Mai veranstaltet die Kfz-Innung dort einen Automarkt. Eine gerade in zweiter Auflage erschienene Broschüre mit dem Titel "Der Militärflugplatz Zerbst" dokumentiert dessen Geschichte vom Bau 1936 bis zum Abzug der sowjetischen Truppen. Autor Toni Haderer spricht sich in dem Buch dafür aus, eine Ausstellung über den ehemaligen Militärflugplatz an einem geeigneten Ort zu präsentieren.