Es geht um die Wurst Es geht um die Wurst: Sechs Marktschreier buhlen auf Dessauer Marktplatz um Kundschaft

Dessau - Da steht er: Oben auf der Ladefläche seines Lastkraftwagens zwischen all der Wurst und spricht so laut ins Mikrofon, dass es auch die, die weiter weg über den Dessauer Marktplatz schlendern mitkriegen. „Wurst-Achim“ ist da und gekommen, um zu bleiben.
Zumindest bis zum Samstag, genauso wie „Aal Ole“, „Käsemaxx“, „Naschkram Ben“ und „Zwiebel Dirk“ sowie der „holländische Blumenkönig“. Als Marktschreier-Gilde sind sie landauf, landab, zwischen Ostsee und Alpen unterwegs. Diese Woche ist seit Mittwoch und noch bis Samstag Dessau-Roßlau ihre Station. „Vor acht oder neun Jahren waren wir schon einmal hier“, erinnert sich Wurst-Achim.
„So rund 200 Tage im Jahr sind wir bestimmt unterwegs“
Also höchste Zeit, mal wieder hier Station zu machen. Und die Stadt im Bauhausjahr zu erkunden? „Für so etwas haben wir keine Zeit“, sagt Wurst-Achim, der im bürgerlichen Leben Joachim Pfaff heißt. Früh den Tag vorbereiten und dann von 10 bis 19 Uhr auf der Ladefläche stehen, um die Waren anzupreisen und unter die Leute zu bringen, das ist ihr Alltag. Da ist dann abends viel (Bett)Ruhe angesagt. Zwischen den einzelnen Stationen in ganz Deutschland, sind ein paar Tage Privatleben in den eigenen vier Wänden eingeplant, ehe es wieder in eine neue Stadt, auf einen neuen Marktplatz geht.
„So rund 200 Tage im Jahr sind wir bestimmt unterwegs“, schätzt Wurst-Achim. Die restlichen Tagen gehören seiner Frau, den sechs Kindern und den Enkeln. Sein „Wurst-Mobil“ ist sein Zuhause, seine Wahlheimat ist Duisburg. Im Pott, da fühlt er sich pudelwohl, weil die meisten da so geradeaus sind wie er und das Herz auf der Zunge tragen. Um den Kundenstrom von einem Konkurrenten in seine Richtung zu lenken, wird auch schon mal deftig gereimt: „Seit ich Fische von Aal Ole esse, kriege ich Pickel in der Fresse.“
Wurst-Achim steht mit 110,2 Dezibel als lautestes Lebewesen im Guinness-Buch der Rekorde
Der Angesprochene bleibt ruhig. „Was Du erzählst, das kannst Du in der Regel nicht planen. Als Marktschreier muss man sich auf die jeweilige Situation spontan einstellen“, erzählt Wurst-Achim. So macht er Komplimente, drückt einen dummen Spruch und macht es wieder gut mit einer Extrawurst. Zwischenmenschliche Kommunikation kann im Kosmos der Marktschreier so einfach sein.
Er liebt es, sich in seinem Beruf immer etwas mehr als andere erlauben zu können. Vor 31 Jahren hat ihm, dem damaligen Mitarbeiter eines Lebensmittel-Großmarkts in Hannover, einer ein Mikrofon in die Hand gedrückt. Ein Marktschreiertalent wurde entdeckt. Heute steht Wurst-Achim mit 110,2 Dezibel als lautestes Lebewesen im Guinness-Buch der Rekorde. Ob er das auch in Dessau schafft? (mz)
Marktschreiertage in Dessau, Marktplatz, bis Samstag, 15. Juni, täglich von 10 bis 19 Uhr. Marktschreier-Duell Wurst-Achim vs. Holländischer Blumenkönig am Freitag, 10 bis 17 Uhr.