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Eliten-Diskussion  Eliten-Diskussion : Forderung nach Ostdeutschen auf Chefposten in Umweltbundesamt

Von Jan Schumann und Steffen Brachert 11.07.2019, 08:00
Blick auf den Eingang zum Umweltbundesamt (UBA) in Dessau-Roßlau.
Blick auf den Eingang zum Umweltbundesamt (UBA) in Dessau-Roßlau. dpa-Zentralbild

Dessau/Magdeburg - Sachsen-Anhalts einzige Bundesbehörde, das Umweltbundesamt in Dessau-Roßlau (Uba), hat einen Chefposten zu vergeben - und aufs Neue entbrennt damit die Debatte um fehlende ostdeutsche Führungskräfte in der Bundesrepublik.

Uba-Präsidentin Maria Krautzberger geht Ende 2019 mit 65 Jahren in den Ruhestand, ihr Posten wird vakant. Ministerpräsident Reiner Haseloff (CDU) forderte am Mittwoch „ein Zeichen“ des Bundes: „Wo, wenn nicht in Dessau, sollte man nun auf die Forderung aller reagieren und Ostdeutsche auf Führungsposten setzen?“, sagte er der MZ. Krautzberger ist in Bayern geboren.

Hintergrund der Haseloff-Forderung: Ostdeutsche sind bundesweit stark unterrepräsentiert auf Führungsposten aller Art. Angefangen in der Bundesregierung über Dax-Vorstände bis hin zu Chefposten an Hochschulen und hochrangigen Richterstellen.

Der Regierungschef hatte schon vor Monaten gewarnt, dass es „für das Zusammenwachsen“ der Republik von großer Bedeutung sei, „dass Menschen im Osten eine faire Chance erhalten“. Mit Blick auf Dessau-Roßlau sagte er der MZ nun: „Geeignete Bewerber gibt es sicher genug. Darauf werde ich in Berlin hinweisen.“

Der Ruf nach mehr Führungspersonal aus dem Osten war zuletzt parteiübergreifend laut geworden - bis hin zu vereinzelten Rufen nach einer Quote, die Haseloff aber für juristisch problematisch hält. Der Linken-Fraktionschef im Bundestag, Dietmar Bartsch, hatte beklagt: „Wenn in Bayern alle Universitäts- und Gerichtspräsidenten-Posten von Ossis besetzt würden, dann würde es dort Volksaufstände geben.“

Die erneute Ost-Debatte um das Umweltbundesamt hat indes eine spezielle Vorgeschichte: Der Dessauer Bundestagsabgeordnete Sepp Müller (CDU) hatte 2018 die mangelnde Präsenz Krautzbergers in Dessau-Roßlau beklagt.

Zudem fanden aus seiner Sicht zu wenig Veranstaltungen statt. Kritischer Tenor: Die Stadt profitiere zu wenig von der zentralen Bundesbehörde. Auch Haseloff hatte sich enttäuscht gezeigt:

Erwartungen für den Standort hätten sich nicht erfüllt. Auch Müller fordert nun einen Uba-Präsidenten aus dem Osten. Es sei 30 Jahre nach der Wende in der einzigen Bundesbehörde in Sachsen-Anhalt an der Zeit. Müller kritisiert zudem, dass es in der ersten und zweiten Führungsebene des Uba bislang nur einen Mann aus dem Osten gebe.

Auch Christian Hirte, Ostbeauftragter der Bundesregierung, sagte der MZ: „Wenn es einen geeigneten Bewerber aus den neuen Ländern gibt, sollte dieser nach meinem Dafürhalten bevorzugt behandelt werden.“ Der Osten müsse besondere Berücksichtigung finden.

„Wenn wir es damit ernst meinen, geht es vor allem nicht um die Besetzung von einer Handvoll Spitzenjobs, sondern um die flächige Präsenz von Behörden im Osten“, betonte Hirte. „Hier kann, will und muss die Bundesregierung künftig mehr Flagge zeigen.“

Der Druck ist parteiübergreifend. Sachsen-Anhalts Linken-Vorsitzender Stefan Gebhardt sagte am Mittwoch: „Es wäre extrem wichtig, dass der Posten mit einem Ost-Kandidaten besetzt wird. Sie sind unterrepräsentiert, und die Tendenz ist nicht gut.“

Er verwies auf den jüngst vereidigten Landesfinanzminister Michael Richter, der auf den Sangerhäuser André Schröder (beide CDU) folgte. „Da wurde ein Ostdeutscher gegen einen Westdeutschen ausgetauscht.“ Es sei zudem eine „Unding“, wenn Behördenchefs nicht im Bundesland lebten.

„Man kann das als Kriterium in die Ausschreibung schreiben“, sagte er. Die Entscheidung über den neuen Uba-Chef fällt das Umweltbundesministerium unter Svenja Schulze (SPD). (mz)