Gesundheitsrisiko in Dessau-Rosslau Eichenprozessionsspinner breitet sich weiter aus - Wie wirkungsvoll sind die teuren Bekämpfungsmaßnahmen?
Aus einigen Verbreitungsgebieten in Dessau-Roßlau ist der Eichenprozessionsspinner vertrieben. Dafür taucht er anderswo wieder auf. Sind die Bekämpfungsmaßnahmen nur ein teures Katz-und-Maus-Spiel?

Dessau-Rosslau/MZ. - Im Kampf gegen den Eichenprozessionsspinner (EPS) in Dessau-Roßlau zeichnet sich ab, dass sich die Raupen nicht so einfach unterkriegen lassen – und auf andere Flächen ausweichen.
Unter anderem in Mildensee hat es verstärkt Kontakte mit dem mit hautreizenden Brennhaaren besetzten Insekt gegeben. Die CDU-Fraktion hatte die Verwaltung daraufhin nach dem aktuellen Stand der Bekämpfungsmaßnahen angefragt. Erzielen die kostenintensiven Maßnahmen überhaupt Wirkung?
Nach Bekämpfung mit dem Biozid Foray ES: In welche Gebiete Dessau-Roßlaus der Eichenprozessions nun ausgewichen ist
Frank Unger, Leiter der Wasser- und Naturschutzbehörde, erklärt, bereits bei Zählung zu Beginn des Jahres hatte sich herausgestellt: „Der EPS – das haben wir nicht anders erwartet – ist nach wie vor in der Landschaft.“ Zwar sei der Eichenprozessionsspinner weniger häufig in den 2022 und 2023 aus der Luft bekämpften Gebieten. Dazu zählen vor allem Flächen im Tiergarten oder in Waldersee. Beobachtungen zeigten jedoch: „Es hat sich eine Verlagerung von Hotspots ergeben.“ Der Schwerpunkt der Population liege jetzt im Süden von Dessau-Roßlau, insbesondere in der Mosigkauer Heide, aber auch rings um Kleutsch, Kochstedt und Törten.
Der Kampf gegen die Raupe, die ab Mitte Juli zum Schmetterling wird, laufe bereits seit April, so Unger. Auch in diesem Jahr habe sich die Stadt dazu entschieden, unter anderem aviochemisch – also aus der Luft – gegen das Insekt vorzugehen. Diese Lufteinsätze haben am 7. und 8. Juni auf einer Fläche von etwa 400 Hektar stattgefunden. Etwa über dem Luisium, dem Sportplatz Waldersee, der Mosigkauer Heide sowie über dem Eichendom, Schillerpark, Friedrichsgarten, Schenkenbusch, im Bereich Speckinge und dem Sportplatz Mildensee, wie aus der Antwort der Verwaltung auf die Anfrage von Stadtrat Uwe Groneberg (CDU) hervorgeht.
Dabei kam das Biozid Foray ES zum Einsatz. Laut Hersteller ist dieses besonders nützlingsschonend, da es nur auf bestimmten Insekten wirkt. Das bakteriengestützte Mittel, das die Raupen aktiv mit der Nahrung aufnehmen müssen, zerstört das Verdauungssystem der Tiere, wodurch diese verenden. Bereits im Jahr 2015 kritisierte der Bund für Umwelt und Naturschutz die Anwendung des Biozids. Es drohten Gefahren für Anwohner, Passanten und Natur. Das Mittel könne Allergien auslösen und sich – in Gewässernähe verteilt – toxisch auf Wasserorganismen auswirken. Laut Unger ist der Stoff aus Gesundheitsschutzgründen daher nur abseits von Gewässern und Bebauungsgebieten per Luft ausgetragen worden.
Antwort auf CDU-Anfrage: Dessau-Roßlau hat 2025 bis zu 300.000 Euro für die Bekämfung des Eichenprozessionsspinners eingeplant
Parallel dazu seien knapp 5.000 Bäume im gesamten Stadtgebiet vom Boden aus mit dem Biozid behandelt worden. „Insbesondere an solchen Stellen, an denen der Gesundheitsschutz eine Rolle spielt“, so Unger. Das seien zum Beispiel Schulhöfe, Spielplätze und Alleen, unter denen Radwege verlaufen. In Gewässernähe seien stattdessen Fadenwürmer zur biologischen Bekämpfung der Raupen eingesetzt worden. „Diese Bekämpfungsmaßnahmen vom Boden aus sind de facto abgeschlossen“, erklärte Unger.

Der nächste Schritt sei nun die mechanische Bekämpfung, sprich das Absaugen, der Nester. Die Stadt rechnet mit etwa 1.000 Eichen, von denen in diesem Jahr Nester abzusaugen sind. Einen Schwerpunkt legt sie auch hier wieder auf zentrale Plätze, die eine hohe Betroffenheit haben und wo Menschen zusammenkommen.
Im städtischen Haushalt sind für die Bekämpfung des Eichenprozessionsspinners im Jahr 2025 insgesamt 300.000 Euro vorgehalten. Bisher eingeplant sind Kosten in Höhe von 278.000 Euro – etwa 29 Prozent davon (79.300 Euro) übernimmt das Land. Die Beträge gehen aus der Antwort der Stadt auf Gronebergs Anfrage hervor.
Bekämpfung vom Eichenprozessionsspinner in Dessau-Roßlau: Jährlicher Einsatz von Biozid Foray ES könnte zu Resitenzen führen - was dauerhaft hilft
Unter den Stadträten werden die hohen Kosten für den Kampf gegen den EPS unterdessen diskutiert. Im Ausschuss sprach Stadtrat Florian Kellner (CDU) von „Unmengen an Geld“. Er wolle wissen, ob die Stadt diese Summen nun jährlich ausgeben müsse. Unger zufolge habe der Gesundheitsschutz einen hohen Stellenwert. Ein jährlicher Biozideinsatz sei allerdings nicht ratsam, da sich sonst etwaige Resistenzen entwickeln könnten. Genaueres könne er allerdings erst im Herbst sagen, wenn die Kontrollsichtungen abgeschlossen seien. Dann werde auch entschieden, welche Maßnahmen 2026 durchgeführt werden sollen.
Einen Tipp hatte der Leiter der Naturschutzbehörde allerdings noch für alle Dessau-Roßlauer: Wer einen Nistkasten aufstelle „tut etwas Gutes“. Gerade Meisen- und Spechtarten versorgten ihren Nachwuchs mit einem Raupenanteil von bis zu 60 Prozent.
Bei Problemen mit dem Eichenprozessionsspinner können sich die Bewohner von Dessau-Roßlau an die Verwaltung wenden. Per Mail an [email protected] oder telefonisch über 0340-2041999. Für Bäume auf Privatgrund seien allerdings die Besitzer selbst zuständig. Die Stadt bietet in dem Fall jedoch Beratung an.