Dreharbeiten Dreharbeiten: Auf den Spuren der Gebrüder Grimm

DESSAU/MZ - Was hat ihn damals im wahrsten Sinne des Wortes nur geritten, mit seinem Pferd das Geschirr der Marktfrauen in der Dessauer Spittelgasse in einen großen Scherbenhaufen zu verwandeln? Der Legende nach hatte der „Alte Dessauer“ sich auf dem Markt nach den Geschäften erkundigt - und ein großes Lamentieren vernommen. Verärgert darüber, ritt der „Alter Dessauer“ alles kurz und klein, entschädigte anschließend aber die Marktfrauen auf seinem Schloss für den Schaden auf Heller und Pfennig.
„Rätsel, Mythen und Legenden“
Wie viel Wahrheit in der Geschichte vom „Alten Dessauer“ steckt, das will der MDR in seiner beliebten Sendereihe „Rätsel, Mythen und Legenden“ herausfinden - und dreht deshalb seit Sonnabend in Dessau und Roßlau. „Wir wollen Geschichte und Wissenschaft unterhaltsam, aber dennoch mit hohem Anspruch erzählen, um die Hintergründe von realen Ereignissen und fiktionalen Stoffen näher zu beleuchten“, erklärt Andreas Helgenberger, der Produktionsleiter der Sendereihe, das Konzept. Denn die Geschichte vom „Alten Dessauer“ ist eine besondere: Die Gebrüder Grimm haben die Anekdote als zentrale Handlung in ihr Märchen „König Drosselbart“ eingebaut: Da ist die hochmütige Königstochter, die jeden Heiratskandidaten verschmäht. Darunter König Drosselbart. Die Königstochter jedenfalls wird zur Strafe von ihrem Vater mit einem bettelnden Spielmann verheiratet, der sie zum Arbeiten auf den Markt schickt, wo im Grimm'schen Märchen, ein betrunkener Husar das Geschirr mit seinem Pferd zertrümmert. Die Parallelen sind eindeutig.
Mindestens ein halbes Jahr Recherche sind dem MDR-Drehbuch vorausgegangen, das seit Sonnabend und noch bis zum Mittwoch in der Doppelstadt mit Laiendarstellern, Moderationen und Expertengesprächen verfilmt wird. „Dessau-Roßlau hatten wir bisher noch gar nicht auf dem Plan. Es ist für unsere Dreharbeiten wirklich eine interessante Stadt“, sagt Heidi Mühlenbach, die verantwortliche Redakteurin.
Mit der Roßlauer Wasserburg hat sich das Produktionsteam für den Dreh der Schlüsselszene, dem „Scherbenritt“, einen besonders interessanten Drehort ausgesucht. „Hier kann man das Ambiente, das damals vorgeherrscht haben muss, am Besten einfangen“, sagt Mühlenbach, während sich das Gelände der Wasserburg am Sonntag in einen zentralen 300 Jahre alten Dessauer Marktplatz verwandelt.
Historisch interessierte Laiendarsteller, teilweise vom Dessauer Leopoldsverein, schlüpften für den MDR-Dreh in historische Kostüme und in die Rollen von Marktweibern und Marktpublikum. Im Hintergrund vermittelten Mitglieder der historischen Tanzgruppe „Saltatio Burgus“ Marktflair, während Klaus Brucker als „Alter Dessauer“ mit dem Wallach Anton ins Bild geritten kam und sich nach den Geschäften erkundigte. „Alles schlecht, nüscht verkooft“, hallte es ihm entgegen. „Zeterweiber“ schimpfte Brucker für den Film zurück.
Zwei Stunden waren schnell um bei den Dreharbeiten, bis Juliane Noß, die vertraute Reiterin des Wallachs Anton, als Fürstendouble zum tatsächlichen Scherbenritt ansetzte. Minutenlang schepperte es, ging zu Bruch, was zu Bruch gehen konnte.
Gespannt auf das Ergebnis
„Der Dreh war ganz niedlich und hat richtig Spaß gemacht“, resümierte Angelika Pannier. „Es ist einfach nur erstaunlich, wie viel Zeit es braucht, um ein paar Minuten Filmmaterial im Kasten zu haben“, ergänzte Elke Joost. Beide sind als zeternde Marktfrauen schon auf das endgültige Resultat gespannt, das am Karfreitag über den Bildschirm flimmert.
Und warum hat der „Alte Dessauer“ nun alles kaputt geritten? Klaus Brucker, der in der Darstellung des Fürsten seine Paraderolle gefunden hat, hat eine Erklärung. „Die Anekdote ist eine Parabel darauf, sich auch mal mit dem zufrieden zugeben, was man hat. Man kann nicht immer nur vom Erfolg verwöhnt werden. Dieses Zetern hat den Fürsten wahrscheinlich zu dieser Handlung veranlasst.“
