Die Stadt des Lächelns Die Stadt des Lächelns: Dessauer Bauhaus-Museum mit viel Prominenz eröffnet

Dessau-Rosslau - Philipp Oswalt war auch da. Der vormalige Direktor der Stiftung Bauhaus Dessau, dessen Einladung zur Eröffnung des Bauhaus Museum eigens von der Staatskanzlei durchgesetzt werden musste, hatte sich auf den Weg nach Dessau-Roßlau gemacht. Es habe doch keinen Sinn, „die beleidigte Leberwurst“ zu spielen, sagte der Architekt, der 2009 das Projekt eines Bauhaus Museums für Dessau auf den Weg gebracht hatte. Am Sonntagmittag saß er neben seinen Amtsvorgängern Rolf Kuhn und Omar Akbar im dicht gefüllten Erdgeschoss des neuen Museums in Erwartung der Kanzlerin.
Angela Merkels Limousine rollte kurz vor Elf auf dem abgesperrten Museums-Vorplatz ein, dem neu benannten Mies-van-der-Rohe-Platz. Am Tag zuvor noch in China, jetzt in Dessau-Roßlau - vom Land des Lächelns in die Stadt des Lächelns. Kaum dem Wagen entstiegen, ging die Frau im blauem Blazer auf die sehr zahlreich versammelten Menschen hinter der Absperrung zu. Keine lauten Rufe, keine Pöbeleien, statt dessen herzliches Händeschütteln.
Bauhaus-Museum in Dessau: Festakt mit viel Prominenz
„Wir haben es geschafft“, eröffnete Stiftungsdirektorin Claudia Perren den Festakt. Etwa 40 Mitglieder von Bauhäuslerfamilien saßen unter den Gästen, darunter Nachfahren der Bauhaus-Absolventen Heinrich Brocksieper, Kurt Kranz und Ernst Gülzow. Zudem der Kulturmanager Christoph Stölzl als Neffe der Weberin Gunta Stölzl, der einzigen Frau unter den Bauhausmeistern.
Der Dessau-Roßlauer Oberbürgermeister Peter Kuras (FDP) erinnerte an den Januar 1925. Der Dessauer Orchesterchef Franz von Hoesslin hatte von der Vertreibung des Bauhauses aus Weimar gelesen und sofort den liberalen Oberbürgermeister Fritz Hesse angerufen mit der Frage, ob man die Schule nicht nach Dessau holen sollte? Hesse erklärte, dasselbe gedacht zu haben und machte gemeinsam mit dem Direktor der Anhaltischen Gemäldegalerie, Ludwig Grote, die Ansiedlung zur Chefsache.
Bauhaus-Museum: Standort Dessau "genau richtig"
Ein wichtiger Hinweis, denn die Erörterung der Frage, wer die Schule eigentlich warum und wie nach Dessau geholte hatte, fehlt in der neuen Dauerausstellung leider völlig. Kuras lobte den Museumsstandort als „absolut richtig“ und erntete Applaus mit dem Hinweis, dass der Bau im Zeit- und Kostenrahmen realisiert wurde: „Das gibt es auch noch.“
Ein Ball, den Ministerpräsident Reiner Haseloff (CDU) aufnahm. Bei den Römern seien bei Baukosten Erhöhungen von 25 Prozent hinnehmbar gewesen, überraschte er. Lagen die Kosten darüber, sei das Vermögen des Architekten gepfändet worden. Haseloff bedankte sich bei dem spanischen Museums-Architekten Roberto Gonzáles, dass das nicht notwendig gewesen sei. Das Bauhaus, sagte Haseloff, stehe für ihn persönlich für die „Utopie einer besseren Welt“ und den „Optimismus der Aufklärung“.
Baushaus-Museum in Dessau: Betonung der Bauhaus-Verdienste
Zu Recht? Der in Kalifornien lebende deutsche Literaturwissenschaftler Hans Ulrich Gumbrecht lotete in seinem Festvortrag die Faszination des Bauhauses aus. Er stellte vier „Modalitäten des Überlebens“ der Schule fest. Erstens, deren „Diversität“, also die Vielfalt der versammelten Nationen, Geschlechter und Generationen. Zweitens, die Tatsache, dass in der Lehre kein Konsensdruck ausgeübt worden sei. Drittens, der Praxisbezug, der zum Ideal des Ingenieurs geführt habe, das er in Menschen wie dem Apple-Mitgründer Steve Jobs verkörpert sehe. Viertens, der Traum, einen neuen Menschen erschaffen zu können.
Dass das auch die Nazis träumten, unterschlug der 71-Jährige nicht. Unter den Bauhäuslern fanden sich nicht nur NS-Opfer, sondern auch -Mitläufer. Einer von ihnen entwarf die Baracken für das Vernichtungslager Auschwitz, erwähnte Gumbrecht. Heute sei die Diversität ein „globaler Fall“, meinte er. Das Bauhaus habe das Verdienst, das früh erkannt und realisiert zu haben.
Merkel: Bauhaus ist gutes Stück deutscher Geschichte
Steve Jobs ein klassischer Ingenieur? Angela Merkel widersprach gut gelaunt in ihrer Rede. Sie verwies darauf, dass Jobs aus der Kreativszene gekommen sei. Das Bauhaus nannte sie „ein gutes Stück deutscher Geschichte“ und erinnerte daran, dass die 1976er Rekonstruktion des Bauhauses eine Wohltat gewesen sei: „ein Leuchtturm“ unter den „Geschmacklosigkeiten, von denen man in der DDR umgeben war“. Den Museumsbau lobte sie. Und bekannte, dass sie besorgt gewesen war, als sie gehört hatte, dass es Probleme mit dem Vogelschutz gab. Da habe sie nur gedacht: „Oh Gott, oh Gott, der Vogelschutz!“
Angela Merkel betonte die Präsenz der Frauen am Bauhaus. Auch wenn es diese kaum auf leitende Posten geschafft hatten, aber das sei heute noch ein Problem. Der Stiftungs-Chefin rief sie zu: „Frau Perren, es ist sehr schön, dass sie heute hier sind!“
Das sehen nicht alle so nach dem Skandal um die Ausladung der Punkband Feine Sahne Fischfilet, die zum Rückzug einer ZDF-Konzertreihe aus dem Bauhaus führte. Ein auf dem Museumsvorplatz hochgehaltenes Transparent erklärte: „zdf@bauhaus weg - perren hinterher“.
Merkel-Besuch in Dessau: Kanzlerin vom Volk bewunken
Gemeinsam mit der Kanzlerin und den Herren Haseloff und Kuras setzte die Direktorin auf dem Podest zum inszenierten Eröffnungs-Bänderschnitt an. Eine verwickelte Geschichte. Palucca-Schüler umtanzten das Quartett, ein Club der roten Bänder. Nach einem zügigen Gang durch die Ausstellung verließ Angela Merkel um 12.45 Uhr - vom Volk bewunken - die Bauhausstadt.
In ihrer Rede hatte die Kanzlerin immer von Dessau gesprochen. Der seit 2007 gültige Name Dessau-Roßlau hat sich bis Berlin noch nicht herumgesprochen. (mz)