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Die leise Töne schwingen unerhört in zarten Versen

Von Bernd Ulbrich 13.03.2006, 17:08

Dessau/MZ. - Nach Veröffentlichungen in verschiedenen Anthologien legt er nun den Gedichtband "... und willst nicht fliehen!" vor, hundert Seiten schmal, knapp und präzise in der Wortwahl, reich an Gedanken, Bildern, Stimmungen.

Als durchkomponierte Abfolge von Einsichten und Erfahrungen, als geistiger Reifevorgang stellen sich die Verse dem Leser dar. Als Einladung zur Teilhabe an der Katharsis eines Enddreißigers, die mehrfach - schon im Buchtitel - das Bild der grübelnd erwogenen, doch nicht vollzogenen Flucht benutzt. (Flucht wohin und in welchem Sinne? Wohin auch immer man gelangt sein mag, man hat ja stets zumindest sich selbst dabei im Gepäck.) Man folgt den suchenden Wegen des lyrischen Ich nachdenklich, inne haltend, neugierig. Aus Fochmanns Gedichten spricht genaues Beobachten, Nachdenklichkeit, Aufbegehren, Widerstreben, Unruhe, Ängste, Verdruss, Spott, Naturliebe, Romantik, Sehnsucht, Durchatmen, Suchen, Hoffen. Er schreibt an gegen eine bedrückende, oberflächlich lärmende, bieder lebende, der Vernunft scheinbar entbehrende, an Abgründe gelangte Welt. "Die Ämter quellen über / Blicke, des Hoffens entleert. / Die kleinen Wölfe lächeln bieder. / Schon regt sich in dir wieder kribbelnd der Käfer. / Die Gesetze des freien Falls nehmen kichernd ihren Lauf." Das ist keine Weltsicht, die sich in den uns so stetig umspülenden Trivialisierungen eingerichtet hat. Ganz im Gegenteil. Gut so.

Was letztlich als Zuflucht gefunden, als Essenz und Zukunft formuliert wird, sind die Natur - als Warner, als Mutmacher, als Quell für Inspiration und Kraft - und der Glaube an die hartnäckige Fähigkeit Einzelner, die Sinne einfühlend schärfen, das Kostbare trotzig bewahren, die schlummernde Vernunft doch wecken zu können. Die Abfolge der Jahreszeiten, der Tau eines Märzmorgens (der "glitzernd leis" ins Gesicht tropft), die "Blume in dir", die "Rose Wahrheit", das "Wispern in den Zweigen". Inne halten, genau hinsehen, lauschen, in höchster Aufmerksamkeit leben, sich gerade jenen Dingen öffnen, die "im Schweigen tiefer Stille" in "leisen Tönen unerhört" schwingen. Und sich mitteilen. Und nicht müde werden... Fochmanns Gedichtband ist eine eindringliche Wortmeldung, eine zeitgemäße Einmischung. Auf die nächsten Verse darf man gespannt sein.

Peter Fochmann, "... und willst nicht fliehen! oder Das Wispern in den Zweigen gegen die wandernden Splitter der Verzweiflung", Literareon im Herbert Utz Verlag, ISBN 3-8316-1226-9, 9,95 Euro.