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Viel Neugier im Gepäck Dessaus Landeshauptarchiv hat einen neuen Chef - Was Hermann Kinne alles vorhat

Von Danny Gitter 27.06.2021, 09:15
Hermann Kinne leitet seit Mai die Abteilung Dessau des Landeshauptarchivs im Alten Wasserturm.
Hermann Kinne leitet seit Mai die Abteilung Dessau des Landeshauptarchivs im Alten Wasserturm. (Foto: Ruttke)

Dessau - Es fühlt sich gut für ihn an, an diesem doch architektonisch ungewöhnlichen Arbeitsplatz seinen Dienst zu verrichten. Hermann Kinne ist der neue Leiter der Dessauer Abteilung des Landeshauptarchivs. Seit Mai leitet der 44-Jährige das Archiv im Alten Wasserturm. Im Februar verabschiedete sich der langjährige Leiter Andreas Erb Richtung Bayern, um in Amberg das Stadtarchiv zu führen. Kinne hat schon fast jeden Winkel des Gemäuers erkundet. Besonders fasziniert ihn der Kontrast zwischen dem gerade an sommerlichen Tagen aufgeheizten verglasten Treppenhaus und dem angenehm temperierten Vortragssaal unter dem Dach des Wasserturms. Die dicken Wände machen es möglich.

Kinne will in Dessau mehr Möglichkeiten für Nutzer schaffen - Digitalisierung bleibt ein großes Thema

Kinne will in der Dessauer Abteilung des Landeshauptarchivs auch für die Nutzer viel möglich machen. So sollen so schnell wie möglich die 2020 ausgefallenen Vorträge, unter anderem zum Schloss Ballenstedt und zu anhaltischen Karrieren im preußischen Militär, nachgeholt werden. „Auch die Weiterentwicklung der Digitalisierung wird ein wichtiges Thema bleiben“, sagt er. Die Nutzer des Archivs sollen in Zukunft noch mehr Möglichkeiten haben, von jedem Ort der Erde aus in den Beständen des Archivs zu recherchieren. Menschen aus ganz Deutschland, Europa und Übersee suchen zum Beispiel in den Datenbanken nach ihren Wurzeln. Oft sind die Bestände für Historiker, Kunsthistoriker, Heimatforscher und Musikwissenschaftler für Forschungsarbeiten, Dissertationen und andere Publikationen von großem Interesse.

Das Aktenstudium vor Ort wird die fortschreitende Digitalisierung auch in Zukunft nicht komplett ersetzen. „Genauso werden wir auch in den nächsten Jahrzehnten noch Menschen haben, die komplett analog recherchieren“, ist sich der Archivleiter sicher. Wer Materialien für die Heimrecherche braucht, dem ist aus seiner Sicht mit abgespeicherten Informationen auf CD-ROM heute wenig geholfen. „Immer weniger Endgeräte haben noch ein CD-Laufwerk. Darauf müssen wir reagieren und zeitgemäße digitale Speicherangebote anbieten“, sieht Kinne eine der großen zukünftigen Herausforderungen.

Archivare sind auch heute noch von Natur aus „Aktenfresser“. „Im Prinzip sortieren wir das aus, was in der Vergangenheit Leute für wichtig gehalten und abgeheftet haben“, erklärt der Archivleiter. Er und sein achtköpfiges Team müsse entscheiden, was weiter archiviert, klassifiziert und dokumentiert wird und was endgültig weg kann.

Gebürtiger Leipiger hat Geschichte, Historische Hilfswissenschaften und Namenkunde studiert

Kann so etwas ein Traumberuf sein? Für Kinne ist es das definitiv. Der gebürtige Leipziger hat nach dem Abitur und Wehrdienst in seiner Geburtsstadt Geschichte, Historische Hilfswissenschaften und Namenkunde studiert und anschließend promoviert. „Für etwas anderes war ich wenig geeignet“, stellt er augenzwinkernd fest. Außerdem hat ihn auch sein Vater als Hobbyhistoriker von früher Kindheit an in seinen Interessen geprägt.

Der Einstieg in den Archivberuf war dann für ihn eine weitere Richtungsentscheidung. „Mit meinem Studium hat man klassischerweise die Wahl zwischen Lehrberuf, Taxischein und Archiv. Letzteres war für mich dann die beste Option“, erzählt er mit einem Grinsen. Einem Archivreferendariat in Detmold in Nordrhein-Westfalen folgte eine Projektstelle bei der Stasiunterlagenbehörde in Berlin, wo er für die Mikroverfilmung von Unterlagen zuständig war. Vor seinem Wechsel nach Dessau arbeitete der Historiker über drei Jahre in der Merseburger Abteilung des Landeshauptarchivs. Der Wechsel nach Dessau war für ihn dann nur folgerichtig, weil er schon in Merseburg viele Aufgaben übernahm, die ihn für den hiesigen freigewordenen Chefposten qualifizierten.

Kinne wohnt in Leipzig, will sich Dessau aber auch über den Beruf hinaus erschließen

Der Lebensmittelpunkt wird für den vierfachen Familienvater aber seine Heimat am Südostrand von Leipzig bleiben. Dessau will er sich über den Beruf hinaus aber auch mit seiner Frau und Kindern erschließen. „Ich habe viel Gutes über den Tierpark gehört. Im Leipziger Zoo sind meine Kinder meistens enttäuscht, weil sie meist nicht alles, was sie erkunden wollen, an einem Tag schaffen“, erzählt Kinne. Die anderen Sehenswürdigkeiten stehen natürlich auch auf der Agenda. Der neue Archivleiter ist davon überzeugt, dass Dessau nicht nur eine berufliche Reise wert ist. (mz)