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Schlag auf Schlag Dessauer Taekwondo-Verein benennt sich nach Großmeister und lädt ihn zum Training ein

Der Weltmeister-Trainer aus Honduras zeigt sein Können in Dessau. Der Verein hatte sich mitten in der Corona-Pandemie gegründet.

Von Danny Gitter Aktualisiert: 01.03.2022, 11:46
Taekwando-Weltmeister Guillermo Erazo und seine Tochter Andrea aus Honduras bei einer Trainingseinheit mit Kindern.
Taekwando-Weltmeister Guillermo Erazo und seine Tochter Andrea aus Honduras bei einer Trainingseinheit mit Kindern. (Foto: Thomas Ruttke)

Dessau/MZ - Die Luft reicht noch für eine weitere Runde Sprint in der Turnhalle in der Hinsdorfer Straße. Der Kampfschrei darf noch etwas entschlossener als sonst sein. Die Beine und Füße schaffen es immer noch ein paar Zentimeter höher in die Luft. Rund 20 Kinder, Jugendliche und Erwachsene holten am späten Montagnachmittag beim Taekwondo-Training alles aus sich raus. Der Mann, der sie trainierte, sieht auf den ersten Blick freundlich aus. Doch er kann auch anders. Die Anweisungen kommen mit militärischer Präzision. Die Tonlage unterscheidet sich zuweilen kaum, von der bei der Truppe.

Guillermo Erazo weiß den Kampfgeist zu wecken, auch bei den Freizeitsportlern des Dessau-Roßlauer Vereins „Erazo Taekwondo Germany“. Erazo ist in diesen Tagen zu Besuch bei seiner Tochter Andrea, die vor vier Jahren der Liebe wegen aus ihrer Heimat Honduras in die Doppelstadt zog und mit ihrem Mann Eike Altenkrüger im Herbst 2020 den Taekwondo-Verein gründete.

Guillermo Erazo ist ein Großmeister in dem Kampfsport

Guillermo Erazo ist ein Großmeister in dem Kampfsport, der seinen Ursprung in Südkorea hat. Der 65-Jährige hat durch seine Erfolge Taekwondo in Honduras und darüber hinaus auch in anderen Ländern Mittelamerikas populär gemacht. Vor allem seinen sechs Kindern verhalf er als Trainer zu mehreren Medaillen.

Der Weltmeister hat gespannte Zuhörer.
Der Weltmeister hat gespannte Zuhörer.
(Foto: Thomas Ruttke)

Der harte Kerl, der auch in über 20 verschiedenen Ländern weltweit UN-Truppen in Kampftechniken ausgebildet hat und heute mit seiner Frau in Honduras ein Taekwondo-Center betreibt, kann butterweich werden, wenn er über seine Familie erzählt. Besonders stolz macht ihn sein Sohn Guillermo Erazo Junior. Mit dem Down-Syndrom wurde er 1977 geboren. „Viele Menschen gaben ihm kaum eine Chance. Durch den Sport hat er gezeigt, wozu Menschen mit Behinderung in der Lage sind.“

Jedem seiner Kinder half der Sport, im Leben erfolgreich zu sein

In verschiedenen amerikanischen Wettbewerben hat der Junior Goldmedaillen geholt und sich gegen starke Konkurrenz ohne Behinderung durchgesetzt. „Von dem Kampfgeist dieses Jungen konnte selbst ich als Vater noch etwas lernen.“ Jedem seiner Kinder half der Sport, im Leben erfolgreich zu sein. Seine Tochter Andrea war sogar auf dem Weg zu Olympia. 2009 wurde die heute 30-Jährige Taekwondo-Weltmeisterin in Mexiko Weltmeisterin.

„Meine Chancen für Olympia 2012 in London standen gut. Doch kurz vor den Qualifikationen zog ich mir eine Verletzung zu“, erzählt Andrea Erazo Altenkrüger. Sich später noch einmal für Olympia zu qualifizieren, fehlte ihr die Zeit. „Ich studierte damals Medizin. Da konnte ich nicht oft genug trainieren, um das Niveau für Olympia zu erreichen.“ Dem Sport ist sie aber treu geblieben.

Ihren Mann lernte sie allerdings über die Musik, genauer gesagt über eine Karaoke-App kennen. Virtuell verstand sich das Gesangsduo gut. 2017 folgte ein Treffen in London. Da war klar, dass es auch analog passt. Wenig später zog sie nach Dessau-Roßlau. Heirat, Geburt des Sohnes und eine Stelle als Allgemeinmedizinerin im MVZ Waldersee und Alten machten das Glück perfekt.

Wenn es die Corona-Beschränkungen hergeben, wird dreimal pro Woche trainiert

Doch da war auch noch der Sport. Ihr Mann hatte auch schon als Jugendlicher Taekwondo trainiert, dann aber jahrelang pausiert. Sie wollte die Glücksmomente durch ihren Sport auch anderen vermitteln. Im Herbst 2020, mitten in der Pandemie, gründeten sie den Verein „Erazo Taekwondo Germany“.

Wenn es die Corona-Beschränkungen hergeben, wird dreimal pro Woche trainiert. Rund 50 Mitstreiter, im Alter von vier Jahren bis Ü-60, haben sie schon für ihren Sport begeistern können. „Taekwondo kann so vieles zum Guten verändern“, ist Erazo Altenkrüger überzeugt. „Kinder mit schlechten Noten, familiären Problemen und Mobbingerfahrungen sind hier auf dem Weg zu starken Persönlichkeiten“, stellt Eike Altenkrüger fest. „Vielleicht schafft es sogar jemand zu Olympia“, so Erazo Altenkrüger. Dafür wollen sie ihre Mitstreiter fit für Wettbewerbe machen und selbst einen internationalen Wettkampf in Dessau-Roßlau etablieren.

Dieser Ehrgeiz wird von den Dessauer Stadtwerken mit 1.500 Euro unterstützt. Zur Trainingsstunde mit Guillermo Erazo übergab Stadtwerke-Geschäftsführer Dino Höll den Scheck und lud den flugbegeisterten Weltmeister-Trainer anschließend zu einer Führung ins Technikmuseum ein.